Schon in der Antike wusste die Menschheit die Windkraft zu nutzen. Aber es war ein langer Weg in der Geschichte, von Schiffssegeln über Windmühlen bis hin zu den heutigen leistungsstarken Windanlagen zur Energiegewinnung an Land und auf See.
Noch bevor mit den Mühlen so etwas wie die ersten großen Kraftwerke der Menschheitsgeschichte erfunden wurden, war der Wind schon in der antiken Seefahrt genutzt worden. Denn im alten Ägypten wurde die natürliche Energiequelle als Antrieb für Segelschiffe zweckdienlich gemacht. Dank aufgeblähter Segel konnten Fahrten vor allem auf dem Nil, auf dem Mittelmeer und dem Roten Meer unternommen werden. Die frühesten Darstellungen von Segelschiffen stammen aus der Zeit um 5000 v. Chr., festgehalten auf einer Felszeichnung in der nubischen Wüste und auf einer Totenurne aus Luxor. Die Schiffe waren zwar mit Rudern ausgestattet, verfügten aber zusätzlich noch über ein rechteckiges Segel. Noch bis ins 19. Jahrhundert blieb die weltweite Schifffahrt fast ausschließlich auf Segelschiffe beschränkt. Als Skurrilität könnte ein von Wind angetriebener Kriegswagen angesehen werden, den der italienische Erfinder Guido da Vigevano im 14. Jahrhundert entworfen hatte.
Wesentlich schwieriger ist die Klärung der Anfänge und der Ursprungsregionen der Windmühlen. Einige Forscher haben aus dem Codex Hammurapi – der berühmten babylonischen Gesetzessammlung des antiken Mesopotamiens aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. – abgeleitet, dass dort schon vor rund 4.000 Jahren erste Windmühlen in Betrieb gewesen sein könnten. Andere Wissenschaftler vermeinten, Indizien für ägyptische Windmühlen vor mehr als 3.000 Jahren gefunden zu haben. Auch wenn mangels aussagekräftiger Belege niemand gesichert behaupten kann, dass antike Völker schon so früh diese Innovation eingeführt hatten.
Der griechische Mathematiker Heron von Alexandria hatte im 1. Jahrhundert n. Chr. in seinem berühmtesten Werk „Pneumatika“ von einem eine Orgel antreibenden Windrad berichtet. Zuverlässigen historischen Boden bezüglich der Windmühlen betritt man erst im 7. Jahrhundert, als sowohl in Persien als auch in China Anlagen existiert hatten, die mit einer vertikalen Drehachse ausgestattet waren und nach dem Prinzip des sogenannten Widerstandsläufers funktioniert hatten. Während die Windmühlen in Persien vor allem zum Mahlen von Getreide verwendet wurden, kamen sie in China besonders beim Pumpen von Wasser zur Entwässerung von Reisfeldern zum Einsatz.
Im Zuge der maurischen Eroberung Spaniens und der Kreuzzüge gelangte das Wissen über Windmühlen allmählich auch ins europäische Mittelalter. Doch sollte es noch bis zum 12. Jahrhundert dauern, bis die ersten mit Segeln oder Flügeln ausstaffierten Anlagen auftauchten. Beginnend mit einer bezeugten Windmühle in der Normandie im Jahr 1105 und Anlagen auf den Pariser Stadtmauern um 1100, danach breitete sich die Entdeckung zunächst in Brabant und ab 1180 recht schnell auch in Flandern sowie Südostengland aus. Die erste Anlage auf deutschem Boden wurde 1222 auf der Kölner Stadtmauer installiert. Diese europäischen Windmühlen waren allerdings technisch schon deutlich fortschrittlicher als ihre Vorbilder, da sie bereits mit einer horizontalen Drehachse ausgestattet waren und dem Prinzip des sogenannten Auftriebsläufers folgten – und damit schon die wichtigsten Merkmale moderner Windkraftanlagen vorweggenommen hatten.
Erste große Blütezeit im 19. Jahrhundert
Im Laufe der Jahrhunderte bildeten sich verschiedene Typen von Windmühlen heraus. Die älteste Konstruktion war dabei die vornehmlich zum Getreide-Mahlen eingesetzte sogenannte Bockwindmühle, auch Kastenmühle genannt. Bei ihr wurde das kastenförmige Mühlenhaus drehbar auf einem pyramidenartigen Unterbau oder Stützgestell samt mittigem Ständer, dem Bock, errichtet und konnte daher mithilfe eines langen Balkens, dem sogenannten Steert oder Sterz, in die jeweils vorherrschende Windrichtung gedreht werden. Eine Weiterentwicklung der Bockwindmühle war dann die sogenannte Kokerwindmühle mit wesentlich kleinerem Mühlenhaus und größerem Unterbau. Aus der Kokerwindmühle entwickelte sich im 16. Jahrhundert die sogenannte Holländerwindmühle, auch Turm- oder Kappenwindmühle genannt, bei der einem massiv-immobilen steinernen Mühlenturm eine drehbare, mittels des Steerts drehbare Dachkappe mit dem Windrad aufgesetzt wurde.
Ähnliche zylinderförmige Turmmühlen entstanden schon im 14. Jahrhundert beim Ausbau von Stadttürmen, die eine drehbare hölzerne Haube mit integriertem Flügelkreuz erhielten, wobei dieser Typ besonders im Mittelmeerraum stark verbreitet war, aber auch bei den Mühlen von Kalkar um 1319 oder Uedem um 1320 ausgewählt wurde.
Zeitgleich mit der Holländerwindmühle wurde die sogenannte Paltrockwindmühle erfunden, deren Gebäude-Konstruktion auf einem drehbaren Rollenkranz ruhte. Anno 1854 kam noch die vom US-amerikanischen Erfinder Daniel Halladay entwickelte sogenannte Western-Windmühle hinzu, deren Windräder mit bis zu 30 blechernen Rotorblättern ausgestattet waren.
Lange wurden die Windmühlen, deren weltweit ältestes noch erhaltenes Exemplar die schottische „Ness Windmill“ aus dem Jahr 1575 ist, nur zum Getreide-Dreschen oder zum Wasserpumpen verwendet. Die frühesten durch Windkraft angetriebenen Sägemühlen nahmen Ende des 16. Jahrhunderts ihren Betrieb auf, die älteste Anlage wurde 1594 in den Niederlanden entwickelt. Noch vor Einsetzen der Industrialisierung kamen weitere Mühlen für gewerbliche Tätigkeiten wie Hämmern oder Walken hinzu.
Innovationen gab es über die Jahrhunderte vor allem beim Antrieb, der Flügelform und dem Flügelaufbau. Wobei vor allem die Erfindung der sogenannten Windrose durch den Engländer Edmund Lee im Jahr 1745 ein Meilenstein bei der automatischen Ausrichtung der Flügel in den Wind darstellte. Im 19. Jahrhundert erlebte die Windmühlenindustrie ihre Blütezeit, um 1850 gab es in Europa rund 200.000 Windmühlen, wobei Deutschland noch in den 1880er-Jahren mit 20.000 Anlagen eine besonders hohe Windmühlen-Dichte aufwies. Doch mit dem Vormarsch der Dampfmaschine sowie des Elektro- und Verbrennungsmotors als neuen Energielieferanten zur Stromerzeugung schien den Windmühlen das letzte Stündlein geschlagen zu haben.
Erster moderner Windpark in den USA
Die einzige minimale Rettungschance bestand nun darin, auch mit den Windmühlen Strom zu erzeugen, obwohl die Anlagen wetterabhängig waren und ihre Leistung beispielsweise mit denen großer Dampfmaschinen nicht konkurrieren konnte. Eine ganze Reihe pfiffiger Erfinder und Wissenschaftler nahm sich dennoch der anspruchsvollen Aufgabe an, auch wenn sie mit ihren Arbeiten das rasant einsetzende Mühlensterben nicht aufhalten konnten. Dem Österreicher Josef Friedländer kam das Verdienst zu, 1883 die erste Windturbine zur Stromerzeugung präsentiert zu haben, noch vor dem französischen Adligen Charles de Goyon und dem Schotten James Blyth. Daneben gab es weitere Protagonisten wie den US-Amerikaner Charles F. Brush, den Deutschen Albert Betz oder die beiden Dänen Poul la Cour und Johannes Juul, die die Grundlagen dafür legten, dass ihr Land zum Vorreiter der Energie aus Windkraft werden konnte. In Dänemark wurden ländliche Gebiete mit lokalen Windanlagen schon kurz nach 1900 elektrifiziert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg revolutionierte Juul die Windenergie mit ersten Anlagen zur Erzeugung von Wechselstrom und zeichnete für das für spätere Anlagen richtungsweisende sogenannte Dänische Design mit drei Flügeln, Getriebe und Generator, der direkt ins Netz einspeisen konnte, verantwortlich. Als in den USA, wo schon 1941 mit der „Smith-Putnam“ die erste Monsteranlage mit einer Turbine der Megawattklasse errichtet worden war, in den 1980er-Jahren dank Steuerabschreibungsregeln in Kalifornien dort ein kurzer Windenergie-Boom mit dem global ersten modernen Windpark „Altamond Pass Wind Farm“ entstanden war, wurden die Anlagen größtenteils aus dänischer Produktion bezogen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Ulrich W. Hütter der hiesige Windenergie-Pionier, vor allem mit der von ihm konstruierten und von der Firma Allgaier Werke auf der Schwäbischen Alb bei Geislingen an der Steige 1957 erbauten „StGW-34“. Doch erst die 1973 einsetzende Ölpreiskrise sorgte in vielen westlichen Ländern für ein allmähliches Überdenken des auf Kohle, Gas und Atomkraft basierenden Energiekonzepts. In Deutschland wurde 1978 der Startschuss für die damals weltgrößte Windanlage namens „Growian“ im schleswig-holsteinischen Marne gelegt, die aber schon nach vier wenig erfolgreichen Testjahren 1987 wieder stillgelegt wurde. Auf dem gleichen Gelände entstand sogleich der älteste und seinerzeit größte Windpark Europas: „Windenergiepark Westküste“.
Erster Offshore-Park in Dänemark
Die Dänen setzten 1991 mit dem ersten Offshore-Windpark der Welt vor der Küste der Insel Lolland beim Örtchen Vindeby ein Ausrufezeichen. Deutschland zog erst 2010 mit seinem ersten Offshore-Windpark „Alpha Ventus“ in der Deutschen Bucht nach. Dank des Stromeinspeisungsgesetzes 1991 und dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz im Jahr 2000 hatten sich damals schon die Rahmenbedingungen für die hiesige Windenergie deutlich verbessert. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 läutete in Deutschland endgültig die Energiewende ein – mit dem 2019 in Betrieb genommenen Offshore-Windpark „Hohe See“ als Aushängeschild. Im Bereich Offshore-Windenergie sind 2024 in der Bundesrepublik rund 1.600 Anlagen in Betrieb, auf dem Land sind es rund 29.000 Windkraftanlagen. In der Lausitz ist das mit 365 Metern höchste Windrad der Welt schon in konkreter Planung.