Wieder spielt der 1. FC Saarbrücken unentschieden. Er überwintert auf dem dritten Tabellenplatz. Doch in der Offensive müssen Lösungen gefunden werden.
Nein, so schlecht ist das sportliche Zwischenzeugnis des 1. FC Saarbrücken nicht. Mit 32 Punkten überwintert der Drittligist auf dem dritten Tabellenplatz. Das sind fünf Zähler mehr als im Vorjahr und beispielsweise auch drei mehr als in der im Nachhinein sehr verklärten ersten Drittliga-Saison unter Lukas Kwasniok. Mit 18 Gegentoren ist der FCS das Bollwerk der Liga, aber dann kommt das große Aber. Lediglich 24 Tore haben die Blau-Schwarzen erzielt, zwölf Teams waren besser. Einerseits ist der FCS seit elf Spielen ungeschlagen, andererseits hat er von diesen Spielen auch nur vier gewonnen. „Schlussendlich sind das zu viele Unentschieden, das ist Fakt. Es ist aber schwer gegen uns zu gewinnen“, sagte Ziehl nach dem 0:0 bei der U23 von Borussia Dortmund.
Gegen eine der Top-Offensiven der Liga spielte der FCS defensiv sehr stark, geriet fast nur bei Standardsituationen in Gefahr. Besonders herausragte Innenverteidiger Dominik Becker, der Julian Hettwer, der wohl besten Angreifer der Liga, weitestgehend neutralisierte. „Defensiv war das echt okay. Nach vorne müssen wir zulegen. Im Endeffekt müssen wir die Spiele in Dresden und gegen Aachen gewinnen. Dann hätten wir vier Punkte mehr und alles wäre gut“, sagte Becker.
Ein Sieg wäre auch in Dortmund möglich gewesen. Und die Spielanlage des FCS war zumindest im Aufbau in Ordnung. „Wir hatten viele Räume und haben bis in die gegnerische Hälfte gut kombiniert. Im letzten Drittel ist es dann sehr unkonkret gewesen“, sagte Becker, der einräumte: „Unter dem Strich hatte Dortmund die etwas besseren Chancen. Von daher ist der Punkt in Ordnung.“
In Abwesenheit des treffsichersten Stürmers Kai Brünker war die Offensivausbeute der Blau-Schwarzen vorsichtig formuliert dürftig. Tim Civeja prüfte Torwart Marcel Lotka mit einem Distanzschuss Mitte der zweiten Halbzeit. Das war es auch schon. „Wir haben oft die falschen Entscheidungen getroffen. Daran müssen wir arbeiten. Wir sind schlecht in die Saison gekommen, aber die Ausgangslage ist gut“, sagte Außenstürmer Maurice Multhaup, der sein Startelfdebüt gab. Er wartet ebenso wie Julian Günther-Schmidt seit Frühjahr 2023 auf einen Treffer, Simon Stehle traf zuletzt am letzten Spieltag der vergangenen Saison. „Wir haben Kai Brünker und hoffen auf Patrick Schmidt, der die Vorbereitung ganz normal mitmachen kann. Zusätzlich halten wir die Augen offen“, sagte Ziehl. Das Anforderungsprofil für einen neuen Angreifer umreißt er so: „Er soll flexibel einsetzbar sein und schon nachgewiesen haben, dass er in einer hohen Liga Tore schießen kann.“ Auf die Frage, ob ein solcher Spielertyp für einen Drittligisten realisierbar sei, sagte Ziehl knapp: „Ja“. Nach Informationen unseres Magazins sind die Gespräche mit einem Kandidaten bereits weit fortgeschritten. Durch den kurzfristigen Ausfall Brünkers waren Alternativen in der Offensive in Dortmund derart rar gesät, dass in den Schlussminuten Verteidiger Lasse Wilhelm zum Einsatz kam. Dass Chafik Gourichy nicht zum Einsatz kam, überraschte mehr als die Tatsache, dass der Italiener Jacopo Sardo gar nicht berücksichtigt wurde. Während das Portal Saarnews unter Berufung auf Vereinskreise schrieb, der Vertrag des 19-jährigen Mittelfeldspielers solle in Kürze aufgelöst werden, meldete sie Internetseite „Breaking News Saarland“, die zur Unternehmensgruppe von FCS-Aufsichtsrat Michael Haubrich gehört am Sonntag, der Italiener wolle sich durchbeißen. Und das trotz zahlreicher Angebote höherklassiger Clubs. Um den Mittelfeldspieler ranken sich teilweise absurde Gerüchte. Bereits am 30. Juli äußerte der italienische Blog „Milanlive“ die Vermutung, Sardo könne bei einem ausländischen Verein geparkt werden. „Durch diesen Wechsel kann er sich von den neuen Regeln, die ihn bis 2025 an Lazio Rom gebunden hätten, befreien“, heißt es dort. Der 19-Jährige galt lange als großes Basketball-Talent und entschied sich erst im Januar 2022 für den Fußball. In seinem letzten Junioren-Jahr kam es dann zu einer förmlichen Leistungsexplosion. In der italienischen „Primavera“ (vergleichbar mit der deutschen NLZ-Liga) erzielte er in 34 Spielen acht Tore. Über das, was dann passierte, gibt es unterschiedliche Angaben. Wie das Fachmagazin „Kicker“ berichtete, habe sich Sardos Berater nicht mit den Lazio-Verantwortlichen auf einen entsprechenden dotierten Profi-Vertrag einigen können. Der Spieler selbst wäre demnach gerne zur U23 des AC Mailand gewechselt. Diese steht derzeit auf dem 18. Platz der dritten italienischen Liga. Angeblich sei der Wechsel an einer zu hohen Ablöse-Forderung gescheitert. Die „Gazetta Regionale“ schrieb am 15. Juli von einer „unendlichen Seifenoper“. Kurioserweise wurde der 1. FCS in mehreren italienischen Medien im Zusammenhang mit dem Wechsel als „De-Facto-Satelliten-Team von Bayer Leverkusen“ bezeichnet. Milanlive schrieb zudem, Sardo sei bei Milans U23 „für Januar gebucht“. Beim FCS will sich derzeit niemand öffentlich zur Causa Sardo äußern. Auch nicht zu der Frage, warum ein Spieler für eine Position verpflichtet wurde, auf der auch Ende Juli nicht mal in Ansätzen Bedarf bestand. „Ich beurteile das Training und stelle danach den Kader zusammen. Seine Leistungen sind schwankend, die Konkurrenz ist groß“, sagte Ziehl schon vor dem Dortmund-Spiel.
FORUM-Einzelkritik
Philipp Menzel: Einmal sehr leichtsinnig. Ansonsten wenig gefordert. Note 3
Calogero Rizzuto: Offensiv kaum präsent, defensiv aber okay. Note 3
Joel Bichsel: Hatte alle Hände voll zu tun, nicht immer sicher. Note 3-
Dominik Becker: Bester Saarbrücker, gegen Hettwer richtig gut. Note 2
Philip Fahrner: Bemüht nach vorne, defensiv sehr fehlerhaft. Note 4
Elijah Krahn: Ordentlich als Sontheimer-Vertreter. Note 3
Richard Neudecker: Präsent, aber nach vorne glücklos. Note 3-
Tim Civeja: Wollte Fußball spielen, fand selten Abnehmer. Note 3-
Julian Günther-Schmidt: Laufstark, aber ohne Wirkung. Note 4
Simon Stehle: Überhaupt nicht im Spiel. Note 5
Maurice Multhaup: Zu Beginn sehr aktiv, danach untergetaucht. Note 4