Bilder der Woche ausblenden
Bilder der Woche einblenden

WAS MACHT EIGENTLICH...

Großplakat der SPD für die Bundestagswahl 2002. Von links: Walter Riester, Herta Däubler-Gmelin, Ute Vogt und Hans Martin Bury
Foto: picture-alliance/ dpa

Walter Riester?

Als Bundesarbeitsminister erfand er die Riester-Rente. Der frühere Gewerkschafter und einst bestverdienende Bundestagsabgeordnete ist heute 81, hält Vorträge und sitzt im Aufsichtsrat von ArcelorMittal Bremen.

Walter Riester wird heute gelegentlich immer noch durch ein „paar nette Momente“ von seiner Vergangenheit eingeholt: So sei ihm kürzlich bei einem Berlin-Besuch ein Junge begegnet, der seine Begleiterin ganz aufgeregt am Ärmel zupfte: „Ah, da ist der Riester, der mit seiner Rente!“ Mit der auf seine Initiative gestarteten zusätzlichen, staatlich bezuschussten Altersvorsorge hat der frühere SPD-Minister und Gewerkschafter sich ein Denkmal gesetzt, das wegen zu viel Bürokratie und fehlender Rendite nie ganz unumstritten war. „15,5 Millionen Menschen in Deutschland haben eine Riester-Rente, ein Walter Riester hat keine“, betonte der ehemalige Arbeitsminister 2024 bei einem schwäbischen SPD-Ortsverein. Wie ein Selbständiger habe er nämlich als Abgeordneter nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und daher auch keine Zulassungsvoraussetzungen für die Riester-Rente.

Riester selbst war nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt 2002 in die Kritik geraten wegen verschiedener privatwirtschaftlicher Tätigkeiten, zum Beispiel auch bei Finanzunternehmen, die selbst Riester-Produkte im Angebot hatten. Er selbst sieht dieses Engagement heute als „unabhängige Beratertätigkeit“, da er seine Posten erst nach Ende seines Ministeramtes angetreten habe.

Soziale Probleme angehen 

Walter Riester hält heute Vorträge und sitzt im Aufsichtsrat von ArcelorMittal Bremen
Walter Riester hält heute Vorträge und sitzt im Aufsichtsrat von ArcelorMittal Bremen - Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

An der Notwendigkeit privater Zusatz-Altersvorsorge hält Riester weiterhin fest. Die Rente sei zwar weiterhin sicher, aber eben nicht ausreichend, um den Lebensstandard zu halten. Der „Erfinder“ der Zusatzrente wollte ursprünglich dafür gar nicht seinen Namen hergeben, zumal einige seiner ursprünglichen Ideen am politischen Widerstand gescheitert seien. Heute kann er sich durchaus eine Reform der Zuschuss-Rente vorstellen, wie es zuletzt auch eine Expertenkommission der Ampel-Regierung vorgeschlagen hat. Riester deutete sogar seine Bereitschaft an, eventuell über eine höhere Renditechance bei allerdings dann erhöhtem Sicherheitsrisiko nachzudenken und damit von der bisherigen Garantie für eingezahlte Beiträge abzurücken. „Dass die Riester-Rente neu diskutiert werden soll, das schwingt schon durch mehrere Regierungen, aber niemand konnte bislang deutlich machen, wie“, betonte Riester 2023 in der „Schwäbischen Zeitung“. 

Für überlegenswert hält er eine verpflichtende Privatvorsorge, die über die Deutsche Rentenversicherung abgewickelt werden könnte, um die zu hohen Vertriebskosten der Riester-Produkte zu sparen. Wegen der demografischen Entwicklung und der Vielzahl an Teilzeitbeschäftigten brauche man aber „dringend weiterhin eine staatlich geförderte private Altersvorsorge“, betont Riester bei „Procontra“. Diese Zusatzrente muss nach seiner Auffassung aber obligatorisch sein: „Würden wir nur auf die Weitsicht der Menschen vertrauen, hätten wir massenhaft Altersarmut!“

Als sozialpolitischer Mensch interessiert Riester sich weiterhin für die sozialen Probleme. Es sei eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, „wie sich der Sozialstaat unter den Bedingungen der zunehmenden und weiter beschleunigenden Globalisierung entwickelt“, schreibt er auf seiner Website. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir europäische und internationale Lösungen finden müssen, um die Nachhaltigkeit des Sozialstaats zu gewährleisten.“ Zunehmend gewinne auch die Entwicklung sozialer Sicherungssysteme in Entwicklungs- und Schwellenländern an Bedeutung, um dort wichtige Strukturveränderungen zu erreichen.

Gerne inmitten vieler Bäume

Im Rückblick bezeichnet es Riester als schwierigsten Moment seiner politischen Karriere, als Kanzler Schröder 2002 das Arbeitsministerium und das Wirtschaftsministerium zusammengelegt und damit Riesters Amt abgeschafft hat. Der Kanzler habe ihm zwar als Ausgleich das Gesundheitsministerium angeboten, aber er habe es dann vorgezogen, sich privatwirtschaftlich zu orientieren. Durch Vorträge, Aufsichtsratsmandate und Beratertätigkeiten konnte sich Riester ein sehr gutes Einkommen sichern, ist aber eigentlich inzwischen im wohlverdienten Ruhestand, den er mit seiner Frau heute zurückgezogen in einem schönen Eigenheim in Isny genießt. Nach einigen Ortswechseln – Riester hatte zuvor Wohneigentum in Berlin und Kärnten – lebt er heute im Allgäu auf einem Doppelgrundstück direkt neben seinem Sohn. „Unsere Wohnsituation ist ein Spiegel unserer Lebensphasen und vor allem auch der beruflichen Veränderungen“, erzählt der ehemalige Sozialminister im Branchenmagazin „Bauwelt“. Viel Wert gelegt haben die Riesters in ihrem neuen Heim auf Nachhaltigkeit,  und sie nutzen die beste energetische Ausstattung mit Solarenergie und Wärmepumpe. Auch an eine Einliegerwohnung für eine Pflegekraft habe man vorausschauend gedacht. Riesters Lieblingsplatz befindet sich aber außerhalb seines Hauses, auf seinem schönen Grundstück, das in einem ehemaligen öffentlichen Park mit viel altem Baumbestand liegt. 

MEHR AUS DIESEM RESSORT

FORUM SERVICE