Sobald ein Neugeborenes das Licht der Welt erblickt, erhält es die volle Aufmerksamkeit. Was dabei oft zu kurz kommt, ist die Konzentration auf das Wochenbett. Denn der weibliche Körper muss jetzt einen echten Kraftakt vollbringen.
Unter dem Begriff Wochenbett fassen Mediziner die ersten sechs bis acht Wochen nach der Geburt zusammen. In dieser Zeit verbringen neue Familien nicht nur wertvolle Kuschelzeiten miteinander, der mütterliche Körper erholt sich auch von den Strapazen der Geburt. Was genau dabei alles passiert, wissen viele gar nicht. Nachdem Baby und Plazenta geboren sind, beginnt der weibliche Körper damit, die Veränderungen durch Schwangerschaft und Niederkunft zurückzubilden. Der wichtigste Part dabei ist die Gebärmutter, die auch Uterus genannt wird. Während einer Schwangerschaft vergrößert sich dieser 20-fach. Kurz vor der Geburt wiegt der Uterus dann rund ein Kilo. Danach beginnt er damit, sich zusammenzuziehen und die Größe zu reduzieren. Neu-Mamas merken das anhand von Nachwehen, die manchmal als sehr schmerzhaft, bisweilen nur als kleines Ziehen im Unterleib wahrgenommen werden. Nach sieben Tagen ist der Uterus um etwa die Hälfte geschrumpft und wiegt jetzt noch rund 500 Gramm. Nach sechs Wochen nimmt er allmählich sein Ursprungsgewicht von 80 Gramm ein.
Vagina und Muttermund beginnen ebenfalls kurz nach der Geburt, sich zu verkleinern und ihre ursprüngliche Form zu erreichen. Nach ungefähr einer Woche ist auch der innere Muttermund wieder geschlossen. Der äußere Muttermund benötigt für diesen Vorgang einige Wochen. Die Harnwege verengen sich wieder. Diese waren während der Schwangerschaft erweitert, damit der Absatz von Urin leichter fällt. Alle Organe haben nun wieder Platz im Bauchraum und erobern sich diesen zurück. Das Blutvolumen reduziert sich. Werdende Mamas haben einen erhöhten Blutfluss, rund vier Wochen nach der Geburt normalisiert sich dieser wieder.
Zwischen 50 und 80 Prozent aller Mütter leiden nach der Geburt unter dem sogenannten Baby Blues
Parallel zu allen diesen Ereignissen verändern sich die Hormone und damit auch das Stimmungsbild der Frauen. Während ihrer Schwangerschaft hat die Plazenta die beiden Hormone Progesteron und Östrogen gebildet. Nach vollendeter Geburt stößt der weibliche Körper sie aus. Diesen Vorgang nennen Mediziner Nachgeburt. Die Plazenta löst sich von der Gebärmutter, da sie nun nicht mehr als Schutzhülle für das Baby gebraucht wird. Durch ihren Wegfall fällt der Progesteron- und Östrogenspiegel im Blut der Mütter rapide ab. Gleiches gilt für das sogenannte humane Choriongonadotropin (HCG) und das humane Plazentalaktogen (HPL). Das hat Folgen. Viele Frauen sind nun starken Stimmungsschwankungen ausgesetzt, manche brechen in Tränen aus oder sind sehr reizbar. Im Volksmund heißt dieser Zustand Baby Blues. Er betrifft zwischen 50 und 80 Prozent aller Mütter. In der Regel verschwinden die Beschwerden nach wenigen Tagen wieder. In Ausnahmefällen kann es zu einer dauerhaften Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwäche und Niedergeschlagenheit kommen. Dann ist eine Wochenbettdepression eingetreten. Hier ist medizinische und psychologische Hilfe notwendig, um aus dem Tief wieder hinauszufinden und die erste Zeit mit dem Nachwuchs zu genießen. Um dem vorzubeugen, raten Hebammen und Ärzte dazu, sich wirklich Ruhe und Entspannung im Wochenbett zu gönnen und die alltäglichen Aufgaben des Haushalts dem Partner, einer Freundin oder einer Haushaltshilfe zu überlassen. Diese stellt bei Bedarf auch die Krankenkasse kostenfrei zur Verfügung, hier lohnt es schon vor der Geburt nachzufragen.
Während die Hormone im kurzzeitigen Ausnahmezustand sind, ist eines sehr aktiv: Prolaktin. Dieses wird bereits während der Schwangerschaft gebildet und es ist notwendig für die spätere Versorgung des Babys. Prolaktin bildet die Milch. Zunächst die Vormilch, das sogenannte Kolostrum. Dieses tritt oft schon während der letzten Schwangerschaftswochen aus den Brüsten der werdenden Mütter heraus. In der ersten Zeit nach der Geburt ist es dann dazu da, das Baby mit lebensnotwendigen Nährstoffen zu versorgen. Noch trinkt der Nachwuchs davon nur wenig, der Nahrungsbedarf steigert sich nach drei bis sieben Tagen. Jetzt erst beginnt der weibliche Körper, die Muttermilch zu produzieren. Vorher haben die Hormone der Plazenta diesen Vorgang gehemmt. Nun sind sie aus dem Körper verschwunden und das Prolaktin hat freie Fahrt. Der Milcheinschuss findet meist etwa drei Tage nach der Geburt statt. Er kann mit leichten Schmerzen verbunden sein, da die Brüste nun stark anschwellen und die Brustwarzen sehr gereizt sind. Regelmäßiges Anlegen hilft dabei, den Druck durch die Milch zu reduzieren und es reguliert gleichzeitig den Milchfluss. Das Baby bestimmt von nun an, wie viel es braucht. Die Brust passt sich diesem Bedarf an. Anfangs müssen sich die Brustwarzen erst einmal an die neue Belastung durch das regelmäßige Saugen des Babys gewöhnen. Damit Mütter dies trotzdem hinnehmen, erhalten sie als Dank das als Kuschelhormon bekannte Oxytocin. Es führt zu einer stärkeren Bindung zum Kind, erleichtert den Milchfluss und beschleunigt die Rückbildung des Uterus. Durch das Stillen kann es zu leichten Verletzungen an den Brustwarzen und dem gefürchteten Milchstau kommen. Eine Hebamme oder ausgebildete Stillberaterin steht Müttern in dieser wertvollen Lebensphase mit Rat und Tat zur Seite. Sie haben auch Tipps zum Umgang mit Schmerzen, können spezielle Beruhigungseinlagen empfehlen und Hausmittel wie Quarkwickel, um den Problemen entgegenzuwirken. Die schmerzstillenden Hilfsmittel haben normalerweise keinen Einfluss auf das Baby und die Qualität der Milch. Das Stillen kann also nahtlos weitergehen, wenngleich es sich stellenweise unangenehm anfühlen kann.
Eine Zone weit weg von den Brüsten kann ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden und benötigt einige Zeit der Regeneration. Dort, wo die Plazenta mit dem Uterus verbunden war, existiert jetzt eine Wunde. Während der Heilung kommt es zum Wochenfluss. Medizinisch wird dieser auch als Lochien bezeichnet. Er ist anfangs sehr stark, rot und blutig. Nach etwa einer Woche ändert sich Farbe und Zustand und der Wochenfluss wird bräunlich bis gelblich, zum Schluss eher weißlich. Die Intensität nimmt ab. Nach etwa vier Wochen ist er versiegt. Nach einer natürlichen Geburt ist die Blutmenge höher als bei einem Kaiserschnitt. Dafür ist der Wochenfluss insgesamt kürzer.
Im Schnitt nehmen die Frauen während ihrer Schwangerschaft 16 Kilogramm zu
Schon vor der Geburt sollten Frauen mit dem Training des Beckenbodens starten. Hier helfen leichte „Fahrstuhl-Übungen“, verbunden mit einer tiefen Bauchatmung. Das Ziel ist es, die Muskulatur zu trainieren, denn diese hat unter der Geburt eine Menge zu leisten. Beim Beckenboden handelt es sich um eine Muskelplatte, die den Bauchraum zur Vagina hin abschließt. Während der Schwangerschaft und Geburt lockert sich diese Platte und überdehnt sich. Je älter die Mütter sind und je mehr Schwangerschaften sie durchlebt haben, desto schwerer klappt die Rückbildung. Auch die braucht Zeit, beginnen können die Frauen damit direkt im Wochenbett, später durch aktiven Sport. Wer das Training vernachlässigt, der läuft Gefahr, seinen Urin nicht mehr richtig halten zu können. Blasenschwäche ist ein weitverbreitetes Symptom während und nach der Schwangerschaft, das einem zeigt, wie wichtig der Beckenboden eigentlich ist. Spezielle Rückbildungskurse übernehmen auch die Krankenkassen nach der Geburt. Es dauert bis zu einem Jahr, ehe der Beckenboden wieder so stabil ist wie vor der Schwangerschaft.
Eine zusätzliche Belastung für dieses Areal bildet das wachsende Gewicht der Mütter. Im Durchschnitt nimmt eine Frau 16 Kilogramm zu, bei manchen ist es deutlich mehr. Davon entfallen rund 3.300 Gramm auf das Baby, 1.000 Gramm sind Fruchtwasser, noch einmal die gleiche Menge sind andere Flüssigkeiten und Schweiß unter der Geburt, ein Kilo wiegt der Uterus und bis zu 600 Gramm die Plazenta. Insgesamt gehen in den ersten Tagen des Wochenbetts drei bis vier Kilo runter, das meiste davon durch das reduzierte Blutvolumen und das Ausscheiden von eingelagertem Wasser. Im Durchschnitt braucht der weibliche Körper dann bis zu 18 Monate, um das Ursprungsgewicht zurückzuerlangen. Das ist natürlich von Frau zu Frau sehr unterschiedlich und liegt auch daran, wie schwer sie in die Schwangerschaft gestartet ist. Von gezielten Diäten raten Mediziner während der Stillzeit in jedem Fall ab, denn der Körper braucht jetzt Energie zur Produktion der Milch. Eine Weisheit besagt, dass die Frau zehn Monate ein Kind getragen hat und es genauso lange dauert, ehe sie wieder zurück zum alten Ich gefunden hat.
Doch unabhängig von solcherlei Problemen kann es ernstere Komplikationen während des Wochenbetts geben. Diese sind selten, allerdings sollten sie trotzdem erwähnt werden. So kann der Wochenfluss komplett versiegen (Wochenflusstau) oder die Blutungen viel zu stark ausfallen. In beiden Fällen müssen Frauen sofort zum Arzt, denn beides deutet auf Wundheilungsstörungen der Gebärmutter hin. Eine andere Schwierigkeit ist das Kindbettfieber bei der Mutter. Dahinter können Infektionen der Brüste oder der Gebärmutter stecken. Eine Thrombose kann ebenfalls auftreten. Aufgrund der Hormonumstellung ist auch das Blut anders zusammengesetzt und kann deshalb einfacher gerinnen. Dazu kommt, dass Mütter sich im Wochenbett weniger bewegen. Wer bei sich selbst Symptome wie Kopfschmerzen, Unterleibsschmerzen, unregelmäßige Blutungen oder Fieber feststellt, der sollte das in jedem Fall professionell abklären lassen. Ratsam ist auch, die Nachbetreuung durch eine Hebamme ernst zu nehmen. Die wird von den Krankenkassen bezahlt und sie dient dazu, solche Komplikationen frühzeitig zu erkennen und dem entgegenzuwirken. Dies gilt insbesondere für solche Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten. Hier sollte die Narbe regelmäßig kontrolliert und versorgt werden.
Übrigens. Viele Mütter, insbesondere diejenigen, die nicht stillen, bekommen ihre Menstruation etwa fünf bis acht Wochen nach der Geburt zurück. Sie sind somit wieder fruchtbar und können schwanger werden. Bei stillenden Müttern kann es deutlich länger dauern, ehe sie menstruieren. Trotzdem können sie auch ohne Regelblutung einen Eisprung haben. Deshalb ist es immer ratsam, keinen ungeschützten Geschlechtsverkehr zu haben. Bei der Verhütung während der Stillzeit empfehlen Ärzte, auf ein nicht hormonelles Mittel zurückzugreifen.