Hinter Deutschland liegt einer der feuchtesten Winter der letzten 20 Jahre. Darin sind sich Meteorologen und Klimaforscher einig. Für das deutsche Grundwasser gibt es trotzdem keine Entwarnung.
Es sind mitten auf einer Lichtung im Wald drei Stahlrohre, die aus dem Boden ragen, oben abgedeckt mit einer schwarzen Kappe. Sie sind mit einem kleinen, dreieckigen gelb-schwarz gestrichenem Gerüst, circa 20 Zentimeter hoch, umzäunt. Eines der Rohre ragt gerade so über den Boden, das Zweite in der Mitte endet auf Höhe der Umzäunung und das Dritte ragt fast einen halben Meter in die Höhe. Das ist der Arbeitsplatz von Dörte Siebentaler von den Berliner Wasserbetrieben.
Nun sitzt die 34-Jährige nicht den ganzen Tag im Wald und bewacht die drei Rohr-Stumpen, sondern sie misst. Es geht um den Stand des Grundwassers und nur einmal im Jahr betreut sie diesen Ort persönlich. Mit einem ganz simplen, „analogen“ Maßband muss Siebenthaler den Stand des Grundwasserpegels im Tegeler-Forst händisch überprüfen. Das heißt, das Maßband mit Mess-Kopf das Rohr runtergleitenlassen, bis die Wasseroberfläche erreicht ist und dann den analog abgelesenen Stand digital eintragen. „Unsere Grundwassermesspunkte sind selbstverständlich alle voll digitalisiert und senden per Funk jeden Tag die aktuellen Daten an unsere Zentrale. Doch die Rohre stehen in der freien Natur, sind nicht weiter verankert, da kann es immer zu geologischen Verschiebungen kommen“, sagt die studierte Hydrogeologin. Das müsse überprüft werden.
Momentan ist Dörte Siebenthaler mit dem Berliner Grundwasserstand zumindest im Berliner Urstromtal zufrieden. Doch sie ist trotz des mehr als verregneten Winters und des feuchten, gesamten letzten Jahres nicht euphorisch. „Bis sich so ein Grundwasserspiegel wieder erholt, braucht es nicht ein Jahr, sondern mehrere solcher Regenjahre, auch wenn das die Menschen wenig erfreuen dürfte. Aber wir Wasserwerker freuen uns über jeden Tag Regen. Anders können wir die dürren letzten Jahre nicht wieder ausgleichen.“
Boden kann nicht alles Wasser aufnehmen
Die 34-Jährige mahnt, die Niederschläge seien in Deutschland ungerecht verteilt und die Region Berlin-Brandenburg bekäme immer die wenigsten Mengen ab. Selbst nach dem vergangenen verregneten Sommer und den furchtbaren Überschwemmungen über Silvester in Nordwest- und Mitteldeutschland. Denn auch in den Regionen, wo es in den letzten Monaten viel geregnet habe, „hat das auf den Grundwasserstand keine zeitlich direkte Auswirkung“. Die Faustformel lautet: Bis ein Regentropfen den Erdboden erreicht hat und einsickert, braucht es zum Beispiel in der Region Berlin-Brandenburg mindestens fünf Jahre, eher mehr. Bundesweit schwanken die Zeiträume je nach Bodenbeschaffenheit. Auch die Versiegelung der Böden ist ein Problem bei der Grundwasserneubildung.
Auch die Europäische Kommission hat laut dem Nachrichtenmedium Euractiv gerade erst vor künftigen Wasserkonflikten zwischen EU-Staaten gewarnt. Daher drängte sie erst kürzlich die EU-Mitgliedsstaaten dazu, die Anpassungsmaßnahmen an die Folgen der Klimakrise zu beschleunigen.
Gelangt das Wasser in die Kanalisation, wird es zum größten Teil in die Flüsse abgeleitet und von dort aus landet es am Ende immer in der Nord- oder Ostsee und ist dann für die Trinkwasserversorgung verloren. Darum appelliert Hydrogeologin Dörte Siebenthaler, mit Trinkwasser zurückhaltend umzugehen. „Auch, wenn es viel regnet, müssen wir mit unserem Trinkwasser immer umsichtig umgehen. Wasser ist ein hohes Gut. Es ist wertvoll und darf nicht verschwendet werden.“ Fazit: Es gibt in Deutschland genug Wasser vom Himmel, in Form von Regen und Schnee. Doch oftmals ist der Boden nicht mehr in der Lage, es überhaupt aufzunehmen und wenn, dann dauert es Jahre bis diese Feuchtigkeit bei uns wieder als Trinkwasser ankommt.