Mit dem vierten Trainer binnen 13 Monaten hofft Regionalligist BFC Dynamo, wieder zur Kontinuität auf der Bank zu finden.

Dennis Kutrieb musste etwas lauter werden: Denn Ivan Knezevic trottete nach dem Pausenpfiff in Richtung Kabine, obwohl der Trainer des BFC Dynamo immer kräftiger nach ihm rief. Am Ende hörte der Mittelfeldspieler ihn dann doch und wurde noch einmal herbeizitiert – das Ganze hatte dabei keinen ernsten oder gar persönlichen Hintergrund.
Knezevic hatte einfach das Spieltagsritual des neuen Trainers noch nicht verinnerlicht, zu dem es offenbar gehört, dass er seine Schützlinge nach dem Pausenpfiff noch einmal kurz auf dem Platz um sich schart und ihnen eine kurze Ansprache hält.
Kutrieb führt neue Rituale ein
Zu dem Zeitpunkt vor 14 Tagen führte der BFC verdient mit 1:0 gegen Rot-Weiß Erfurt dank einer weitgehend dominanten Leistung und eines Treffers von Joey Breitfeld nach gelungener Kombination. Die Sterne standen also nicht schlecht für ein „perfektes Debüt“ des neuen Übungsleiters bei den Weinrot-Weißen. Erst zwei Tage zuvor offiziell vorgestellt, konnte der aber natürlich noch nicht alles verbessert haben. Dazu zählt, dass die Dynamo-Mannschaft bei eigenem Pressing und Ballverlust immer wieder mal die eine oder andere Torchance des Gegners zulässt – aber auch bezüglich der eigenen Chancenverwertung noch Luft nach oben hat. So fehlte auch gegen die Thüringer hier und da im Abschluss die nötige Konzentration beziehungsweise Konsequenz, bei Knezevic’ Schuss an den Innenpfosten aber auch das Quäntchen Glück. Dann leistete sich ausgerechnet der zwar noch junge, aber mit einem Einsatz für Darmstadt 98 sogar zweitligaerfahrene Henry-Jon Crosthwaite einen echten Aussetzer: Im Zweikampf bedrängt, trat der Deutsch-Engländer gegen seinen Kontrahenten nach. Der 21-Jährige sah daraufhin die Rote Karte und sein Team musste die letzten 20 Minuten in Unterzahl bestreiten. Der dezimierten Dynamo-Elf gelang es dann letztlich aber nicht, den späten Ausgleich der Erfurter zu verhindern. So war das Fazit durchaus ambivalent: Zwar konnte die Serie ungeschlagener Spiele auf sechs ausgedehnt werden, doch der Rückstand auf den einmal mehr siegreichen Spitzenreiter Lok Leipzig vergrößerte sich wieder auf zehn Punkte.

Und vorne mitzuspielen bleibt der „Auftrag“ des Teams auch nach dem Trainerwechsel, wenngleich dieser erneut zu einem „unglücklichen“ Zeitpunkt geschah. Wie vor einem Jahr – damals hatte Heiner Backhaus in der Startphase der Saison seinen Wechsel zu Alemannia Aachen forciert –, so ging dem BFC auch diesmal der Übungsleiter von der Fahne. Der Österreicher Andreas Heraf (57) war dabei selbst erst im Sommer nach Hohenschönhausen gekommen, doch nach anhaltenden Beschwerden wegen eines akuten Bandscheibenvorfalls bat der Österreicher um die Vertragsauflösung. „Leidtragender“ war dabei auch wieder Angelo Vier – der Sportliche Leiter musste sich erneut unfreiwillig auf die Suche nach einem passenden Trainer begeben: „Wir wollen ja Kontinuität auf der Position, aber bei persönlichen Angelegenheiten wie einem Wechselwunsch oder gesundheitlichen Problemen ist man natürlich auch irgendwie machtlos.“ Die beim Erfurt-Spiel von einem Teil der Fanszene gegen ihn formulierte Kritik hatte Vier dabei gar nicht wahrgenommen – auf einem Transparent wollten die Ultras ihn angesichts des dritten Trainerwechsels in zwei Jahren jedenfalls offenbar nicht von jeglicher Schuld freisprechen.
„Irgendwie ist man auch machtlos“
Angesichts der erwähnten Umstände der beiden Abgänge kann der 52-Jährige aber eigentlich ein reines Gewissen haben. Und die Trennung von Dirk Kunert, dem Backhaus nachfolgte und in der Folge den Aufstieg verpasste, kam auch nicht überraschend. „Das war letztlich auch ein normaler Vorgang – wir hatten uns ja auch nur auf einen Vertrag bis zum Saisonende verständigt und sind dann übereingekommen, die Zusammenarbeit nicht zu verlängern.“ Doch auch wenn die Trennungen unvermeidlich beziehungsweise erwartbar ausfielen, so ist der ständige Wechsel auf der Bank natürlich alles andere als wünschenswert.

Nils Weiler hat dadurch bereits zweimal als Interimstrainer Erfahrung sammeln dürfen. Der 25-Jährige, der als Assistent im Gefolge von Backhaus im Sommer 2022 zu Dynamo kam, ist somit aktuell die einzige Konstante im Trainerteam. Denn mit Dennis Kutrieb arbeitet er auch dem vierten Trainer in der beschriebenen Phase zu. Der hatte dabei seinerseits nach nur drei Monaten beim Ligakonkurrenten Viktoria um Vertragsauflösung gebeten. Dass die beiden Geschehnisse unmittelbar miteinander zu tun hatten, wollte Kutrieb aber nicht bestätigen. Vielmehr ließ er durchblicken, dass die personelle Umstrukturierung in der Führungsebene bei den Himmelblauen (FORUM Nr. 41) ihn ebenfalls dazu bewogen hatte, Viktoria den Rücken zu kehren. Die Vakanz beim BFC dürfte die Entscheidung aber zumindest einfacher gemacht haben. In jedem Fall wurde er neun Tage nach seinem Ausscheiden in Lichterfelde neuer Coach des BFC. Dort, wo er in den 2000ern als Spieler eine sportlich erfolgreiche Zeit erlebte (71 Partien, 26 Tore). Als Trainer war der gebürtige Berliner dabei auch schon in der Hauptstadt tätig (VSG Altlglienicke, Tennis Borussia), bevor ihm eine ungewöhnliche Offerte aus England zuteilwurde. Der damalige Sechstligist Ebbsfleet United, östlich von London ansässig, hatte Kutrieb kontaktiert, und der schlug ein. Letztlich gelang ihm in der dritten Saison dort der Aufstieg – doch nach einem schwierigen Saisonverlauf als Neuling in der National League kam es im Februar zur Trennung. Trotz Interesse an ihm auf der Insel entschied sich Kutrieb dann aber für eine Rückkehr in seine Heimat. Ziel bleibt dabei auch, parallel zur Leitung des BFC Dynamo auch die A-Lizenz zu erwerben: „Da hat er einen großen Teil schon hinter sich, das ist alles geregelt“, begegnet Angelo Vier dabei den Zweifeln, dass der neue Coach angesichts einer zweiten Baustelle länger zur Eingewöhnung brauchen könnte. „Wir wollen uns von Woche zu Woche verbessern: Es geht gar nicht darum, viel zu ändern – sondern nur einige Details“, erklärt Kutrieb den Ansatz, der auch für Angelo Vier ein Argument für dessen Verpflichtung war. Schließlich steht das Team, das noch von Andreas Heraf eingearbeitet und mit zusammengestellt wurde, als solches. Der neue Trainer darf es nun gern noch besser machen – und natürlich vor allem auch länger.