Nach der Erdbebenkatastrophe in der Türkei haben viele Vereine Hilfsaktionen gestartet – der Berliner AK plant sogar weitere Initiativen.
Burak Isikdaglioglu war während der Nacht im Hotel einmal aufgewacht – während die jugendlichen Fußballer des Berliner AK offenbar in aller Ruhe bis zum Morgen schlummerten. Dann aber erreichten den Tross der Nachwuchsteams die ersten Meldungen über ein schweres Erdbeben in der Türkei und Syrien. In Antalya an der türkischen Mittelmeerküste, wo man ein Trainingscamp absolvierte, „war Gott sei Dank wenig davon zu spüren“, erzählt der Jugendleiter des BAK von den Ereignissen. „Aber nur drei Autostunden von uns entfernt wurden bereits starke Zerstörungen gemeldet.“ Der Nachwuchs des Vereins aus Berlin-Mitte, der türkisch geprägt ist, trat so wie geplant noch am selben Tag die Rückreise in die Bundeshauptstadt an und sollte erst in Deutschland so richtig davon erfahren, was wirklich geschehen war. Isikdaglioglu hingegen entschloss sich dazu, kurzfristig ein paar Tage länger zu bleiben: „Ich wollte sehen, ob ich irgendwie vor Ort helfen kann“, erklärt der 36-Jährige im Nachhinein, „wir sind über den BAK ja gut vernetzt in die Türkei und haben dadurch auch gute Möglichkeiten, was die Organisation betrifft.“ Unterdessen lief die Welle der Unterstützung in Form von Sachspenden auch in Berlin schnell an – da wollte etwa auch die U18 des Clubs, deren Co-Trainer aus der Unglücksregion Hatay stammt, lieber anpacken als trainieren. Die jungen Fußballer machten sich nützlich als Tragehilfen in einer Lagerhalle, die eilig über den erwähnten Assistenzcoach in einer Autowerkstatt organisiert wurde. Dann folgte auch die U19 dem Beispiel und organisierte und koordinierte am Flughafen BER die dortige Sammlung ankommender Hilfsgüter. In der Gemeinschaft etwas auf die Beine zu stellen, das kennen die jungen Sportler schließlich.
Über BAK gut in der Türkei vernetzt
Der Berliner Fußball-Verband kam obendrein der Bitte des Vereins nach, die Spiele der bei der Hilfsaktion beteiligten Jugendteams abzusetzen und auf einen späteren Termin zu verlegen. Die davon betroffenen gegnerischen Vereine gaben dazu ohne großes Zögern das dafür erforderliche grüne Licht. Die Bilder, die aus der Türkei nach und nach auch über das Fernsehen oder Internet nach Deutschland drangen, machten das Ausmaß der Katastrophe schließlich anschaulich. Vor Ort waren sie natürlich noch eindrücklicher: „Es dauerte nicht lange, da kamen die ersten Evakuierten schon in die Hotels in Antalya, um dort eine vorübergehende Bleibe zu finden“, berichtet Isikdaglioglu. „Das waren völlig übermüdete Menschen, ohne Gepäck oder Handy – sie hatten praktisch alles durch die Zerstörungen verloren.“ Nur das gerettet zu haben, was man am Leib trug, bedeutete auch in vielen Fällen, kein Geld geschweige denn Zugang dazu zu haben. So wurde Isikdaglioglu vor Ort relativ schnell klar: „Es war schon beeindruckend, wie schnell die ersten Hilfsgüter an den Unglücksorten ankamen – aber am dringendsten wurde eigentlich Bargeld für die Menschen benötigt.“ So suchten die Verantwortlichen vor Ort nach Wegen und Möglichkeiten, die über Nacht wohnungslosen Menschen zumindest mit dem nötigsten Zahlungsmittel auszustatten. Beeindruckt zeigte sich der Verantwortliche des Berliner AK auch vom Einsatz der nationalen wie internationalen Katastrophenhilfe: „Die Leute vom THW zum Beispiel, manche sogar mit Türkischkenntnissen, haben da unter großem Risiko geholfen.“ Vor dem Heimspiel der Regionalligamannschaft gegen Rot-Weiß Erfurt wurden daher einige Helfer aus der Region Berlin noch mal besonders geehrt. „Wir müssen allen, die helfen, auch Dankbarkeit zeigen“, bringt es Isikdaglioglu auf den Punkt.
Als großer und mitgliederstarker Verein hat der Berliner AK also schon unmittelbar etwas bewegen können. „Aber es muss auch erwähnt werden, dass fast alle Vereine in irgendeiner Form helfen – jeder nach seinen Möglichkeiten.“ So bot etwa Hilalspor zum Punktspiel in der Berlin-Liga Mitte Februar freien Eintritt, um dann vor Ort Geldspenden zu erbitten. Auf diese Weise – Gegner SD Croatia legte selbst noch etwas drauf – kam ein knapp fünfstelliger Betrag zusammen. Die Tatsache, dass der BAK einer der größten Vereine mit Verbindungen zur Türkei in der Hauptstadt ist, sieht Isikdaglioglu eher als Verpflichtung: „Wir haben hier ja allein 150 Ehrenamtler, die für den Verein tätig sind, da verfügen wir natürlich über mehr ‚Manpower’ als die meisten Clubs – dem müssen wir dann aber auch gerecht werden.“ Dass sich die Berliner Vereine vorerst nicht zusammengeschlossen haben, hat laut Isikdaglioglu einen bekannten Grund: „Am Anfang ging es ja erst mal darum, schnell zu handeln – hätte man sich da zunächst mit einer Kooperation befasst, wäre schlicht wertvolle Zeit verloren gegangen.“
Fast alle Vereine helfen irgendwie
Die erste Phase der Soforthilfe ist nun vorüber, beim BAK engagiert man sich jedoch weiter. Ehrenpräsident Mehmet Ali Han stellte in einer Spendengala zunächst einen sechsstelligen Betrag zur Verfügung. Doch der Chef eines Bauunternehmens schaut ebenfalls über den Rahmen der unmittelbaren Hilfe hinaus, seine eigenen Verbindungen und die über den Verein sollen dabei helfen. Vielen in der Katastrophenregion fehlt aktuell schlicht ein Dach über dem Kopf – so hat Han ein Projekt angeschoben, das Spenden für die Beschaffung von Wohncontainern und deren Transport in die Krisenregion organisieren soll.
Einen Plan hat auch Burak Isikdaglioglu: Nämlich, dass sich ein Verein aus der Bundesliga oder auch der türkischen Süper Lig für ein Benefizspiel bereiterklären möge. Wer die eng gesteckten Terminkalender der Vollprofis kennt, weiß, dass dies kein einfaches Unterfangen darstellt. Aber: „Wir arbeiten aktuell daran – einer der Berliner Bundesligisten oder der Istanbuler Großvereine bei uns in einem vollen Poststadion, das wäre natürlich perfekt.“ Angesichts des Ausmaßes der Zerstörungen in der Türkei ist die grundsätzliche Bereitschaft bei den avisierten Clubs nach Isikdaglioglus Einschätzung durchaus gegeben. Verbunden damit soll dann auch ein Aktionstag zugunsten der Opfer der Erdbebenkatastrophe inklusive einer großen Spendensammlung stattfinden. Der Termin für die Veranstaltung ist auch schon ins Auge gefasst: „Ende März, Anfang April könnte das passieren“ – spätestens dann dürfte der Berliner AK also seiner Verantwortung gerecht geworden sein.