Das neue Buch der Kinderbuchautorin Esther Kuhn ist erschienen. Die 49-Jährige hat mit dem Schreiben ihre Berufung gefunden. Doch genauso wichtig ist ihr die Hilfe für Kinder mit Lese-Schreib-Schwäche – denn die Autorin litt einst selbst darunter.
Esther Kuhn feiert gerade „Geburtstag“. Ihr viertes Buch wurde vom Magellan Verlag herausgegeben und liegt jetzt in den Buchhandlungen. Dass einige Buchhandlungen diesen Tag mitfeiern und ihr neues Buch aus der Reihe „Magic Kleinanzeigen“ auf großen Sondertischen ganz besonders in den Fokus rücken oder auch Signierstunden anbieten, dafür legt die Autorin schon mal in der Buchhandlung ein Freudentänzchen hin. „Jede Neuerscheinung ist ein ganz besonderer und sehr emotionaler Moment, wenn nach langer Arbeit mit viel Liebe das Buch dann wirklich in der Buchhandlung liegt. Danach kommt die Spannung, wie die ersten Rezensionen ausfallen“.
Der Erfolg eines herausgegebenen Buches steht für Esther Kuhn jedoch hinter dem Gefühl des Glücks und der Dankbarkeit „dass ich das überhaupt machen darf, dass ich die Chance habe Kinder zu erreichen; über meine Bücher und direkt in den Lesungen“. Die Rückmeldungen der Kinder und ihrer Eltern sind ihr die wichtigsten. Manchmal folgen diese direkt nach einer Lesung. „Mein Kind ist so glücklich aus der Lesung herausgekommen“ berichtete ihr eine Mutter.
Mut machen, Zuversicht geben, eine Botschafterin der großen Träume zu sein; mit ihrer eigenen Lebensgeschichte als Kind mit einer Lese-Schreibschwäche ist sie so ganz authentisch.
Mut-Mach-Lesungen liegen ihr am Herzen
Sie hat die Vorurteile gegenüber Kindern mit dieser Schwäche am eigenen Leib erlebt und weiß, wie schwierig es ist „an sich selbst zu glauben. Es ist ein Riesenproblem für das Selbstwertgefühl.“ Ihr eigener Kindertraum, Schriftstellerin zu werden, wich zunächst einmal den Anforderungen, etwas Ordentliches, Sicheres zu erlernen. So weit entfernt jedoch von ihrer kindlichen Berufung war ihr Beruf nicht. Nach dem Abitur studierte sie Journalistik und Soziologie in Leipzig. Sie arbeitete einige Jahre als Journalistin, schulte dann auf Tagesmutter um, um Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bringen. Heute ist Esther Kuhn als Dozentin in diesem Bereich tätig.
Die Mut-Mach-Lesungen für das Lehrinstitut für Orthographie und Sprachkompetenz (LOS), die sie regelmäßig für Kinder mit Schreib-Lese-Schwäche hält, sind ihr eine Herzenssache. Sie möchte aus eigener Erfahrung heraus den Kindern Zuversicht geben und auch Vorbild sein, Mut machen gegen die vielfachen „Zweifel rundherum und dafür, für die eigenen Träume zu kämpfen“.
Ihr Leitsatz ist: „Wenn man es denken kann, kann es wahr werden. Auch das Fliegen war zunächst erst mal ein Gedanke. Das Wichtigste dabei ist die Selbstliebe, an sich selbst zu glauben.“
Die Autorin reflektiert nachdenklich ihre eigene Kindheit. „Ich glaube, es ist ein Generationending der Nachkriegszeit. Die Eltern wollten für ihre Kinder Sicherheit, auch finanzielle Sicherheit. Das war einfach prägend. Heute geben Eltern ihren Kindern viel mehr Selbstvertrauen mit. Auch bei den ganz großen Kinderträumen, wie Astronaut zu werden oder Profifußballerin. Da hat sich heute viel geändert.“
So spannend und unterhaltsam ihre „magischen“ Bücher sind, Esther Kuhn sucht immer nach einem Kernthema, welches Kinder berührt und betrifft. Kinder ernst zu nehmen und stark zu machen, ist ihre Intention. So sind die Protagonisten der Geschichten mit ihren Problemen und Herausforderungen immer Vorbilder in Sachen Mut und Zuversicht. In Kuhns neuem Buch geht es um das Recht auf eine unbeschwerte Kindheit. Die Idee dazu kam ihr durch eine reale Begebenheit. Eine Bekannte berichtete von einem kleinen Jungen, den sie immer wieder auf dem Spielplatz trifft. Der Junge ist allein und schnorrt häufig etwas zu Essen. Seine Mutter ist viel von zu Hause weg. Die Realität, die vor der Haustür stattfindet und den problematischen Hintergrund schildert Esther Kuhn kindgerecht in ihrem Buch mit der Hauptfigur Oskar. Oskars alleinerziehender Vater arbeitet im Schichtdienst und merkt nicht, dass er dem Kind zu viel Verantwortung aufbürdet. Der Junge muss sich wie ein Erwachsener um seine kleine Schwester kümmern. Am Ende erkennen Sohn und Vater, dass dies nicht der richtige Weg ist. Oskar hat jedoch Angst, dass sie in eine Pflegefamilie müssen.
Auftritte waren anfangs nicht so ihr Ding
Dazu gibt es im Buch „Ein Zauberrätsel kommt selten allein“ eine magische Schnitzeljagd durch Linneberg. „Oskar ist begeistert, denn der Sieg könnte seine Familie retten. Doch leider gibt es viele Konkurrenten und er muss einem der Clans im Portal Magic Kleinanzeigen angehören, um überhaupt mitmachen zu können. Als jedoch bei den Zornröschen ein Platz frei wird, wittert Oskar seine Chance. Die Mädels wollen allerdings absolut keine Jungs in ihrem Team. Das macht die Sache komplizierter, aber nicht unmöglich!“
Vor der Entwicklung ihrer Geschichte recherchierte Esther Kuhn die realistischen Vorgänge und informierte sich bei einem Kinderschutzteam, was in Fällen getan wird, wenn Kindern zu viel Verantwortung übertragen wird, sie vernachlässigt und sich selbst überlassen sind. Die Autorin möchte in ihren Büchern „Themen mit Relevanz aufgreifen, auch wenn im Buch rundherum viel Magisches passiert und es mit einer fulminanten Schnitzeljagd lustig und wild ist. Wichtig dabei sind die Beziehungen der Kinder zueinander.“ In ihrem zweiten Band ging es ihr um das Thema Schönsein und Selbstliebe. Es sind alles eigenständige Geschichten mit jeweils neuen Hauptfiguren, die in Linneberg stattfinden. Die Saarbrücker Leser und Leserinnen werden dabei viele Bezüge zu ihrer Stadt entdecken. Einigen Figuren aus Band eins und zwei begegnet man auch im dritten Band: Filine beispielsweise, die mit ihren magischen Tinkturen und Kräutern als tüchtige Geschäftsfrau auftritt. Filine gibt es auch in der echten Welt, ein Mädchen, von der sich die Autorin den außergewöhnlichen Namen für eine ihrer Hauptfiguren leihen durfte.
Zur Buchvorstellung auf der europäischen Kinder- und Jugendbuchmesse in Saarbrücken hatte sich Esther Kuhn tatkräftige Unterstützung geholt: Den Vorlese-Landessieger Saarland 2023, Joshua Kläser, in Gestalt von Zauberlehrling Varkas. Die Kinderbuchautorin fand es schade, dass nach der Preisverleihung mit dem ausgezeichneten Vorleser nichts mehr passiert. Joshua und sie sind inzwischen ein eingespieltes Team und der begeisterte Zauberlehrling ist ganz in seiner Rolle. Die Videos mit ihm sind auf dem Instagram-Profil von Esther Kuhn zu sehen. Auch Filine war in Persona bei der Lesung dabei.
Die Autorin bewundert Kinder wie Joshua, die schon mit so viel Selbstbewusstsein vorlesen. Das Auftreten auf einer Bühne und Vorlesen war am Beginn ihrer Autorenkarriere „nicht so ihr Ding“. Nach dem Erscheinen ihres ersten veröffentlichten Buches „SOS – Mission Blütenstaub“, habe sie furchtbares Lampenfieber davor gehabt. Dennoch verpflichtete sie sich 2020 zu einer ersten Lesung bei der europäischen Kinder- und Jugendbuchmesse. Zum Leiter der Messe, Igor Holland-Moritz, nahm sie dazu persönlich Kontakt auf.
„Den Mut, über meine Grenzen zu gehen, vor Menschen zu treten, musste ich mir hart erarbeiten“, erzählt die Autorin mit einer Anekdote im Vorfeld ihrer ersten Lesung. Sie habe sich Hilfe geholt, ein Einzelcoaching von der Schauspielerin Eva Kammigan.
Inzwischen „durfte“ sie nach vier Büchern viele Erfahrungen sammeln, mit vielen Interviews und Lesungen auf Bühnen. Zahlreiche Autoren habe sie kennengelernt und ein großes, wunderbares Netzwerk. Esther Kuhn war zudem überrascht, „wie das Saarland zusammenhält.“ Sie habe so viel Unterstützung bekommen; von den Buchhandlungen, der europäischen Kinder- und Jugendbuchmesse, den Ministerien …“ Kollegen andernorts staunen darüber.“
Seit ihrem Debüt mit „SOS – Mission Blütenstaub“ hat Esther Kuhn jedes Jahr ein Buch geschrieben. Die Zeit zum Schreiben und Arbeiten nimmt sie sich zumeist am Wochenende. Beruflich ist sie als Dozentin für Kindertagespflege tätig. Zeit, um ihre Mutter zu unterstützen, ist ihr ebenfalls wichtig.
In Sachen ihrer Herzensprojekte muss sie Prioritäten setzen. Die Autorin kann ihre Zeit nur in Geschichten investieren, die auch vom Verlag herausgegeben werden. „Das war keine leichte Erkenntnis.“ Umso wertvoller ist ihr die Rückkopplung von Kindern: „Ich habe dein Buch gelesen, jetzt habe ich Lust auf ein anderes.“ „Es ist ein Privileg das machen zu dürfen, Lust auf Lesen zu machen.“
Viele Signierstunden stehen jetzt an
Ihr neues Buchprojekt ist eine Co-Kreation mit einer Grundschulklasse aus Merzig-Schwemlingen. Die Schüler haben mitgewirkt, waren Geschichtstester der Kernidee. Zwei Jahre dauerte es, die Buchidee zu entwickeln. Das Thema ist aber noch geheim. Nur, dass es für Kinder ab acht Jahren gedacht ist, verrät die Autorin.
Auch die Wiedheckschule in Saarbrücken darf sich im nächsten Schulhalbjahr auf die Kinderbuchautorin freuen. Esther Kuhn wird mit Schülern aus der dritten und vierten Klasse einen Schreibworkshop machen. Vielleicht werden ja hier neue Schreibtalente entdeckt. Die Autorin selbst erhielt ihre Initialzündung und Ermutigung zum professionellen Schreiben, nachdem sie eine Geschichte aus einer alten Kiste vom Dachboden ihrer Mutter wiederentdeckte, die sie mit sieben Jahren geschrieben hatte: „Die Geschichte von der fliegenden Oma“. Für Esther Kuhn war dies ein Zeichen, „dem Kind das schreiben wollte und den Mut verloren hatte, die Hand zu geben.“ Mit einem Stipendium an der Akademie für Kindermedien in Erfurt wurde der Traum vom Schreiben dann konkret.
Für ihr neues Buch „Zauberrätsel kommen selten allein“ stehen jetzt viele Signierstunden an, Lesungen an Schulen, Vorstellung bei der Leipziger Buchmesse, ab März auch Lesereisen. Der Weg dorthin war gepflastert mit viel Arbeit und Zweifeln, auch an der Selbstliebe, beschreibt die Botschafterin der großen Träume „Ich habe viel gelernt in den letzten Jahren und kann Jeden nur ermutigen den eigenen Traum zu erfüllen, möglichst vor dem 40. Lebensjahr“, sagt die Autorin, die gern auch mit Zauberhut und Umhang auftritt, mit zauberhaftem Lachen.