Alle Parteien versprechen Steuererleichterungen im Wahlkampf. Experten halten das meiste für nicht finanzierbar. Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat nachgerechnet.
Die Belastungen durch Steuern und Abgaben sind in Deutschland zu hoch, für Unternehmen, aber auch für die Beschäftigten und Steuerzahler. Zumindest darin sind sich alle einig: Wirtschaft, Interessenvertreter, Parteien, Bürgerinnen und Bürger. Logisch also, dass das Thema im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielt. Und wer hört schon nicht gerne, dass er (oder sie) demnächst „mehr Netto vom Brutto“ haben soll. Der Wahlkampfslogan ist übrigens ebenso wenig neu wie das Wahlkampfthema selbst. Kaum ein Wahlkampf, in dem nicht Entlastungen, von Kritikern auch Steuergeschenke genannt, eine Rolle gespielt hätten.
Wiederkehrende Slogans
Gerade zu Wahlkampfzeiten werden Botschaften über Steuersenkungen zwar gerne verkündet, bei der Frage aber, wie das gehen soll, wird es gelegentlich schon schwieriger. Steuersenkungen bedeuten schließlich, dass der Staat für seine Aufgaben weniger Einnahmen hat. Zugleich erwarten aber die Menschen im Land, dass diese Aufgaben erfüllt werden, und das möglichst noch besser, als es derzeit der Fall ist, und dass Versäumnisse der Vergangenheit in Sachen Investitionen umgehend aufgeholt werden. Was zu der Frage führt, wie das zusammengehen soll. Renommierte Experten meinen: gar nicht. Die Steuersenkungswahlversprechen seien so nicht finanzierbar. Die Antworten der Parteien dazu fallen unterschiedlich aus.
Da nun unter den Wählerinnen und Wählern nicht allzu viele Steuerexperten sind, hat das Institut der Deutschen Wirtschaft einen Überblick über die Pläne der Parteien (laut deren Wahlprogrammen) erstellt, samt einer Berechnung mit eindrucksvollen Zahlen.
Demnach wäre das Konzept der SPD das „billigste“ und würde damit das Vorurteil entkräften, Sozialdemokraten könnten nicht mit Geld umgehen. Geplanten Erleichterungen bei der Einkommens- und Umsatzsteuer, Stromsteuer und Netzentgelten sowie zusätzlichen Ausgaben für Investitionsprämien stünden Mehreinnahmen aus Kapitalertrags-, Vermögens- und Erbschaftssteuer gegenüber. Unterm Strich würde der Staat 30 Milliarden Euro weniger einnehmen.
CDU/CSU versprechen drastischere Senkungen von Einkommens-, Körperschafts- und Gewerbesteuer sowie die endgültige Abschaffung des Soli, macht ein Minus von fast 90 Milliarden.
Dagegen sind wiederum die Steuerpläne der Grünen überschaubarer. Sie ähneln denen der SPD, sind um ein Klimageld ergänzt und kommen so auf 48 Milliarden weniger Einnahmen.
Die FDP-Pläne mit einer drastischen Reduzierung der Einkommenssteuer würden ein Minus von fast 140 Milliarden verursachen. Die AfD-Pläne kämen auf minus 150 Milliarden, die BSW-Vorschläge auf über 120 Milliarden weniger. Einzig im Modell der Linken würde der Staat mehr einnehmen, und zwar drastisch: Plus knapp 200 Milliarden Euro kämen vor allem über eine drastische Vermögenssteuer zusammen.
Milliarden-Investitionsstau
Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei einem Auftritt in Saarbrücken diese Wahl deshalb auch als eine Entscheidung über die Frage „Wer soll das bezahlen?“ erklärt. Die SPD plädiert dafür, die Schuldenbremse in der jetzigen Form zu ändern, um Spielräume insbesondere angesichts des enormen Investitionsstaus aus der Vergangenheit zu schaffen. Der saarländische SPD-Spitzenkandidat Esra Limbacher hatte bei einer Diskussion der Industrie- und Handelskammer (IHK) Saar erklärt: „Wir schieben einen Investitionsstau von 600 Milliarden Euro vor uns her.“
CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte die Abschaffung des Bürgergeldes (stattdessen eine Grundsicherung) und Kürzungen im Bereich Migration vorgeschlagen, was aber nur einen kleinen Teil der Unionspläne finanzieren würde. Der saarländische CDU-Spitzenkandidat Roland Theis zeigte sich überzeugt, dass der Staat wieder Mehreinnahmen erzielen würde, wenn die CDU-Pläne zur Ankurbelung der Wirtschaft greifen würden. Das wiederum könne gelingen „mit einem Kanzler, der Ahnung von Wirtschaft hat“, womit er natürlich Friedrich Merz meinte.
Bei der IHK-Diskussion zeigten sich auch die klaren Unterschiede in den wirtschaftspolitischen Vorstellungen der Parteien, wobei die saarländischen Spitzenkandidaten im Wesentlichen die Positionen der Wahlprogramme ihrer Parteien vertraten. Mit Ausnahme des Spitzenkandidaten der Linken, Michael Arndt, der als Arzt und Unternehmer schon mal abweichende „eigene Ideen“ formulierte.