Welcher Partei soll man bei der Bundestagswahl seine Stimme geben?
Vor der Bundestagswahl haben wir uns bei Parteiveranstaltungen, durch TV-Werbespots und auf Wahlplakaten ganz unvoreingenommen über Parteien, Kandidaten und ihre Zielsetzungen informiert. Im folgenden Erfahrungsbericht verzichten wir aber aus Neutralitätsgründen auf die Nennung von Partei- und Kandidatennamen.
Zuerst besuchten wir die Veranstaltung einer Partei, deren Namen uns früher schon als Kommunionkind in Gottesdiensten nahegebracht wurde. Leider haben deren Redner in erster Linie die politischen Gegner so schlecht gemacht, dass der Eindruck entstand, das achte Gebot „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten“ sei inzwischen abgeschafft worden.
Da diese Partei aber laut Wahlplakat für ein Land sorgen will, „auf das wir wieder stolz sein können“, hat sie unser deutsches Herz so berührt, dass wir uns vorstellen können, ihr diesmal unsere Stimme zu geben. Zumal sie alle versprochenen Wohltaten schaffen will, ohne uns Bürger irgendwie zu belasten. Das kommt unserer politischen Überzeugung schon ziemlich nahe!
Als Nächstes besuchten wir eine Partei, die mit der vorherigen schon so oft gemeinsame Sache gemacht hat, dass sie nicht mehr genau weiß, ob sie ihre Sünden „allein oder mit anderen“ beichten muss. Trotzdem haben uns ihre Wahlslogans „Mehr für dich. Besser für Deutschland“ und „Mit Sicherheit mehr Wachstum“ sowie drei Glas Freibier davon überzeugt, dass diese Partei für uns doch einen Mehrwert bringen könnte.
Mit dieser Einsicht wechselten wir zu einer manchmal ökologisch angehauchten Partei, der zuletzt fast niemand mehr so richtig grün war. Dass sie trotzdem in Umfragen noch über 14 Prozent Zustimmung bekommt, liegt vermutlich an ihrem Mut machenden Plakat „Unser Land kann viel, wenn man es lässt!“. Da freuen wir Wähler uns natürlich, dass die Politik uns offensichtlich viel zutraut, wenn sie uns nicht immer ausbremsen würde. Um mit dieser Partei „Zusammen“ durch das bezahlbare „Leben“ zu gehen, fehlt uns aber noch ein wenig „Zuversicht“.
Danach besuchten wir eine weitere Partei, die anscheinend am liebsten ganz unter sich bleiben will und selbst unsere europäischen Nachbarn hinter ihre Schranken verweisen möchte. Dass die Kanzlerkandidatin dieser Partei aber alle Windräder abreißen will, findet bei uns doch Wohlgefallen, weil dann auch das zehn Kilometer vor unserem Fenster extrem störende „Flügel-Monster“ endlich beseitigt würde. Wenn das mal keine politische Alternative für uns wäre!?
Gespannt waren wir dann auf die neue Partei, die den Namen ihrer Gründerin trägt, weil Wladimir Putin dafür wohl noch nicht zur Verfügung steht. Anders als der verspricht dieses Bündnis aber wenigstens Frieden, so dass wir als „Schönwetter-Pazifist“ in Sachen Wahlentscheidung doch wieder ins Grübeln geraten. Haben wir etwa unsere Gasheizung doch zu früh gegen eine Wärmepumpe ausgetauscht?
Der von dem bundespolitischen Neuling zurückgelassene linke Rest lockt mit ausgedienten „Silber-Rücken“, spricht uns aber hier aus dem Herzen: „Löhne rauf– Mieten runter“. So könnten wir uns echt die Zukunft vorstellen!
Abschließend waren wir noch so frei, die kleinste Ex-Ampelpartei zu besuchen, die uns mit dem genialen „Bürokratie runter – Netto rauf“ doch mehr anspricht als mit ihrem „Regierung rein – Verantwortung raus“.
Wen wir nun wählen werden, wissen wir nach unserer Informationstour immer noch nicht. Auch die Empfehlung von Bekannten, diesmal statt unsere Lieblingspartei besser „strategisch“ zu wählen“, um eine optimale Regierungsbildung und Demokratieerhalt zu ermöglichen, lässt uns total verunsichert zurück, weil wir ein wenig die Prozentrechnung beherrschen. Vielleicht finden wir ja doch noch eine Partei, die für Frieden, Wohlstand, Sicherheit, Gesundheit, gute Infrastruktur und viel Geld für wenig Arbeit sorgt und gleichzeitig vor Überschuldung, Klimakrise, Migration und Rentenkürzung schützt. Natürlich ohne uns Bürger zu belasten!
Das kann doch nicht so schwer sein! Warum denken Parteien immer nur an sich?