Tops oder Flops? Das ist die große Frage. Bei manchen ist eine Einschätzung schwierig, andere liegen auf der Hand. Die Hinrunde in der 3. Liga war turbulent. Und die Rückrunde dürfte kaum ruhiger werden.
Schon wieder mischt ein Aufsteiger in der Spitzengruppe der 3. Liga mit. Folgt Energie Cottbus der SV Elversberg, dem SSV Ulm und Preußen Münster in die 2. Fußball-Bundesliga?
Dynamo Dresden
Nicht zu rechnen war mit dem Aufschwung, den die Schwarz-Gelben in den vergangenen Wochen genommen haben. Die letzte Punktspiel-Niederlage vom 23. Oktober, ein 0:1 beim SV Wehen Wiesbaden. Da wurde Kritik am neuen Trainer Thomas Stamm laut. Waren es bis dahin 18 Zähler aus elf Begegnungen, lautete die neue, viel bessere Formel nun 20 aus acht. So viel, fast die Maximalausbeute von 24, holte in dieser Phase kein anderes Team. Damit zog die SGD in der Tabelle an Sandhausen, Bielefeld, Saarbrücken und dem Zweitliga-Absteiger aus Wiesbaden vorbei. Sie festigte den Aufstiegsrang, überwintert sogar an der Spitze. „Wir haben in der Phase, in der wir nicht wirklich viele Spiele gewonnen haben, viel gelernt als Mannschaft. Das zeichnet uns aus. Auf und neben dem Platz sind wir eine Top-Mannschaft, alle geben Gas und freuen sich für den anderen. Das ist der Schlüssel“, sagte Rechtsverteidiger Jonas Sterner. Eine große Rolle im Lernprozess spielt die vorgenommene Systemumstellung. Thomas Stamm hatte sich zunächst auf zwei Stürmer und eine Dreierkette festgelegt, die bei gegnerischen Angriffen zur Fünferreihe wurde. Und die gelungene Mischung aus erfahrenen Akteuren wie Stefan Kutschke, Vinko Sapina und Niklas Hauptmann einerseits und „jungen Wilden“ wie Tony Menzel und Jonas Oehmichen andererseits wirkt sich positiv aus. Die Profis bringen ihre individuellen Qualitäten ein und wirken als Team gut zusammen – in der Offensive und im Spiel gegen den Ball. Die Fans sind zudem eine Wucht. Dynamo hat zu Hause noch nicht verloren.
Energie Cottbus
2022/23 landete die SV Elversberg als Aufsteiger auf Platz Eins, 2023/24 stiegen mit Preußen Münster und SSV Ulm 1846 Fußball gleich zwei Neulinge direkt auf. Nun schickt sich Energie Cottbus an, den Durchmarsch von der Regionalliga in die 2. Bundesliga zu realisieren. Auch die Lausitzer stehen auf einem Aufstiegsplatz. Mehrfach hatte Trainer Claus-Dieter Wollitz in den vergangenen Wochen betont, dass der Klassenerhalt das Ziel bleibe. Maximal zehn Punkte fehlen, um alle Zweifel diesbezüglich zu beseitigen. Der sportliche Aufschwung ist auch im Umfeld zu spüren. Platz zehn im Zuschauerranking der Liga mag auf den ersten Blick nicht nach einem Hype aussehen. In Wahrheit hatte Cottbus aber seit dem Abstieg aus der Bundesliga im Jahr 2009 nur noch einmal einen höheren Schnitt im LEAG Energie Stadion – in der Saison 2011/12 besuchten 11.201 Fans die Spiele in der Lausitz. Das unterstreicht, dass die Menschen in der Region wieder Lust auf Profifußball haben. Und ein Ende der Euphorie ist noch nicht abzusehen.
Christoph Dabrowski
892 Tage war Christoph Dabrowski bei Rot-Weiss Essen als Trainer aktiv. Dann griffen die Mechanismen des Geschäfts, und der Ex-Profi musste nach nur einem Sieg aus den letzten acht Spielen trotz eines Vertrages bis zum 30. Juni 2026 vorzeitig gehen. Bereits im vergangenen Jahr stand er nach zwei Pleiten gegen den SC Verl und Unterhaching in der Kritik. Es folgten fünf Siege in Serie und der Kampf fast bis zuletzt um den Zweitliga-Aufstieg. Dabrowski hatte es allen gezeigt. Er hatte eine Krise gemeistert, er entwickelte Spieler und Mannschaft und war am Ende der starke Mann, auch deshalb, weil Ex-Präsident Marcus Uhlig bedingungslos hinter dem Coach stand. Diese Rückendeckung hatte er in dieser Saison nicht. Hinzu kam, dass er mit einem deutlich schwächeren Kader in die Saison starten musste. Die Innenverteidigung entpuppte sich als zu langsam für seine offensive Spielidee. Gestandene defensive Mittelfeldspieler wurden gar nicht geholt. Auf den offensiven Außen gibt es fünf Akteure, aber keiner startet durch, es ist aktuell egal, wer aufgestellt wird, Gefahr strahlt niemand aus. Und vorne fehlt ein echter Neuner, eine Baustelle, die mit oberster Priorität im Winter behoben werden soll. Zu viele Probleme, die Dabrowski diesmal nicht lösen konnte. Trotzdem geht er als Gewinner. Denn viele Beobachter sehen den nun beurlaubten Trainer nicht als die größte Baustelle. Aber er hat alles versucht, er hat sich nie beschwert, er hat RWE gelebt, dann musste oder durfte er gehen. Es gibt auch Stimmen, die sagen, dass die Freistellung für den 46-Jährigen eine Erlösung sein dürfte, weil er in seiner dritten Saison eine Aufgabe vor der Brust hatte, die mit diesem Kader kaum zu lösen war.
Alexander Ende
Der SC Verl war schon immer ein gutes Sprungbrett für Trainer. Zunächst Guerino Capretti, dann Mitch Kniat und seit 2023 Alexander Ende. Der 45-Jährige war lange Zeit nur Eingeweihten ein Begriff, nun gilt er als heißes Eisen der Branche. Der SCV steht im gesicherten Mittelfeld der Tabelle und spielt laut Aussage von Experten den schönsten Fußball der Liga. Eine Mischung aus Talenten und anderswo Gescheiterten kann an einem guten Tag jeden Gegner schlagen. Der Weg von Ende ist sprichwörtlich noch lange nicht zu Ende. Bereits jetzt wird er bei Zweitligisten gehandelt.
Olaf Janßen
Seit 2021 ist Janßen Trainer der Kölner Viktoria. Im schnelllebigen Drittliga-Alltag ist das eine halbe Ewigkeit. Nach dem Tod des Investors Franz-Josef Wernze waren die Nachrufe auf das Fußball-Projekt schon geschrieben. Doch Janßen bewies Standhaftigkeit und Fantasie. Er formte aus Talenten und einigen gestandenen Spielern eine Mannschaft, die einen gepflegten Ball spielt und sich auch von Rückschlägen nicht aus dem Konzept bringen lässt. Der Vertrag des 58-Jährigen läuft aus, doch Janßen dürfte sich gut überlegen, ob er noch einmal aus Köln weggeht. Ein Denkmal könnten sie ihm schon jetzt bauen.