Diese Woche beginnt das erstmals stattfindende „Krimifestival Kriminal Tango!“ in Neunkirchen. Lesungen, Krimi-Walks, Krimidinner, True Crime Podcasting, Theater und Chanson-Abende bereichern die zweitgrößte Stadt im Saarland. Organisatorin Edda Petri weiß mehr.
Frau Petri, Sie organisieren erstmals ein Krimifestival für die Kreisstadt Neunkirchen. Dahinter steckt mutmaßlich mehr, als den Buchhandel zu fördern und Autoren Einkommen zu verschaffen …
Unbedingt steckt dahinter mehr! Entstanden ist das Krimifestival durch einen Förderantrag beim saarländischen Wirtschaftsministerium. Kultur ist ein Wirtschaftsfaktor. Wir beleben den urbanen Raum, und wir spielen in Leerständen – wie viele Innenstädte hat auch Neunkirchen damit zu kämpfen. Das Konzept ist ein neues, anderes als das vieler Krimifestivals, die es schon gibt. Wir sind kein klassisches Literaturfestival. Wir sind ein Innenstadtbelebungsfestival mit dem Motor der Kriminalliteratur in unterschiedlichen Genres, weil wir „Kriminal Tango! Festival“ heißen, auch mit einem Tangoworkshop.
In sehr vielen Städten finden Krimifestivals statt. Haben Sie sich das andernorts vorab mal angeschaut?
Ich war vor vielen Jahren beim Krimifestival München, aber jetzt habe ich mich natürlich intensiv damit beschäftigt. Im westdeutschen Raum gibt es eigentlich nur das große Tatort-Eifel-Festival, aber wegen Finanzierungsproblemen findet es dieses Jahr nicht statt, also dachte ich: In diese Lücke gehen wir mal rein.
Man wird als Besucher geschlossene Geschäfte betreten können …
Genau. Man stellt sich das vielleicht leicht vor, es ist aber ganz schwer (lacht), weil man sich mit der UBA (Untere Bauaufsicht, Anm. d. Red.) auseinandersetzen muss. Man muss Entfluchtungspläne zeichnen und genehmigen lassen, Brandwachen müssen vor Ort sein – jede kulturelle Nutzung ist eine Nutzungsänderung. Die Kaufhof-Immobilie steht seit vier Jahren leer. Die Stadt Neunkirchen hat sie gekauft. Viele sind neugierig, dort wieder hineinzukommen, auch frühere Angestellte, die damals weinend rausgegangen sind, weil ihr Arbeitsplatz weg war.
Deutschlands Krimi-Grande Dame Ingrid Noll liest in der Neuen Gebläsehalle aus „Gruß aus der Küche“ am 25. September. Vier Tage später feiert sie ihren 89. Geburtstag. Wie wichtig war Ihnen, dass sie kommt?
Sehr wichtig. Ich mag ihre Bücher gerne. Meine Anfrage hat sie sehr nett beantwortet mit der Bitte, an ihrem Wohnort in Weinheim von mir abgeholt zu werden. Das mache ich doch sehr gerne.
Das Programm bilden nicht ausschließlich Lesungen, sondern auch andere Formate, beispielsweise drei Krimi-Walks, bei denen die Teilnahme kostenfrei und mit Anmeldung möglich ist. Was passiert denn da?
Es wird in einem Mordfall bei einem zweistündigen Spaziergang ermittelt. Man erkundet Geschäfte in der Neunkircher Innenstadt. Im Laden trifft man einen Schauspieler – oder der echte Inhaber spielt mit – und findet dort eine Spur. Gespielt wird in Sechserteams, wer am schnellsten den Mörder ermittelt, hat gewonnen.
„Was macht Menschen zu Mördern?“, die Frage bewegt die Schwestern Maren Schüler und Stefanie Masuch. Die TrueCrime-Podcasterinnen sind live zu erleben. Was ist der Grund für den hohen Eintritt von 28,50 Euro?
Dieser Eintritt wird uns von der Agentur vorgegeben.
Im Saarparkcenter finden an zwei Tagen kostenfreie Bastelaktionen für Kinder statt. Wo ist der Link zum Krimi?
Die Kinder basteln Sherlock-Homes-Hüte und -Lupen und alles, was mit Krimi zu tun hat. Die Eltern können in der Zeit etwas anderes machen, zum Beispiel einkaufen!
An wen richtet sich der Schnupper-Krimi-Schreibworkshop im Hotel am Zoo?
An alle, die sagen, dass sie viele Geschichten im Kopf haben und sie gerne mal aufschreiben möchten.
Zum gemeinsamen Tatort-Schauen wird am Sonntag, den 22. September, in die Stummsche Reithalle eingeladen, den Fans wird sogar mehr geboten …
Ja, wir sehen einen Livestream und die Tatort-Kommissarinnen Lisa Bitter alias Johanna Stern und Brigitte Urhausen, die Kommissarin Esther Baumann aus dem saarländischen Tatort, werden da sein. Sie werden vom Berufsalltag einer Fernsehkommissarin erzählen, und darüber, was sich für Frauen in der Filmbranche seit #MeToo geändert hat.
„Gutes Tun und kostenlos Kultur genießen!“, heißt es für den Zugang zu einer Veranstaltung. Was muss man tun?
Die Blutbanken klagen über zu wenig Blutkonserven. Am 23. September, dem Veranstaltungstag von „Bloody Monday“, wird ein Blutspendebus vom Deutschen Roten Kreuz auf dem Lübbener Platz parken. Wer Blut spendet, bekommt eine Freikarte. Ursprünglich wollten wir Liegen aufbauen, und während „Tanz der Vampire“ gesungen wird, wäre Blut abgenommen worden (lacht), aber das klappt nicht, weil es ja zu dunkel ist.
„Wie unterscheidet sich die Realität von dem, was man bei TV-Polizisten sieht?“, diese Frage beantwortet die Neunkircher Polizei am 26. September. Kann diese Veranstaltung auch gleichzeitig für junge Menschen, die überlegen, bei der Polizei eine Ausbildung anzufangen, interessant sein?
Auf jeden Fall, zumal die Veranstaltung offen gestaltet sein wird und man Fragen stellen kann.
Den Abschluss des Ersten Krimifestivals in Neunkirchen bildet ein Vortrag des Schauspielers Calle Fuhr über „Aufstieg und Fall des Herrn René Benko“. Weil die Geschichte so spannend wie ein Krimi ist?
Unbedingt! „Aufstieg und Fall des Herrn René Benko“ findet am 2. Oktober in Neunkirchen im und am „Tatort Kaufhof“ statt, am Ort des Geschehens, am Ort des Verbrechens, denn Wirtschaftskriminalität ist auch ein Verbrechen. Der Schauspieler Calle Fuhr arbeitet am Volkstheater Wien. Da wir nicht die dortigen technischen Voraussetzungen haben, muss er den Abend etwas reduzieren, sagte er mir, aber: Der Abend wird tatsächlich nur im Berliner Ensemble gespielt – und bei uns.