Seit Saisonbeginn trainiert Dino Toppmöller die Frankfurter Eintracht. Im Exklusiv-Interview mit FORUM spricht der 42-Jährige über die Ziele mit dem Traditionsverein und blickt auf das Achtelfinal-Spiel beim 1. FCS.
Herr Toppmöller, was war Ihre erste Reaktion, als Sie gehört haben, dass es nach Saarbrücken geht?
(lacht) Ich habe zu dem Zeitpunkt beim NFL-Spiel im Stadion gesessen und die Auslosung per Live-Ticker verfolgt. Mein erster Gedanke war, dass es eine reizvolle Aufgabe ist.
Von 1999 bis Oktober 2000 war Ihr Vater Trainer beim FCS, Sie selbst Spieler. Schließt sich da irgendwo ein Kreis oder betrachten Sie das Aufeinandertreffen völlig unemotional?
Wenn man auf einen früheren Verein trifft, ist das immer eine schöne Sache. Auch wenn es bei mir natürlich schon sehr lange her ist und ich ja nur eine recht kurze Zeit dort gespielt habe. Aber zum Saarland habe ich eine besondere Beziehung, ich bin schließlich dort geboren und in der Nähe aufgewachsen. Ich habe den Werdegang des FCS immer verfolgt. Es ist ein schweres Los, aber ich freue mich auf die Rückkehr.
Der FCS hat in der Saison zwei Gesichter gezeigt. Das eher mäßige Liga-Gesicht und das Pokalgesicht. Haben Sie eine Erklärung, wie ein Drittligist gegen den Rekordmeister gewinnen konnte? Und wie schätzen Sie den FCS ein?
Der Trainer hat den FCS optimal auf dieses Spiel eingestellt. Und dann spielt natürlich auch eine Rolle, dass der Gegner einen vielleicht ein Stück weit unterschätzt. Das hat es ja im Pokal schon öfter gegeben. Bayern hat bis dahin ja eine Topsaison gespielt, nur zwei Unentschieden in der Liga gehabt und in der Champions League alle Spiele gewonnen. Der FCS war richtig gut vorbereitet und ist dann über sich hinausgewachsen. Solche Überraschungen passieren. Dass ein Drittligist den Rekordmeister rauswirft, ist natürlich außergewöhnlich. Aber wenn man die Zusammenfassung sieht, war es letztlich nicht mal unverdient.
Nach einer sehr erfolgreichen Cheftrainer-Station bei einem luxemburgischen Verein sowie zwei Co-Trainer-Tätigkeiten bei Topclubs trainieren Sie mittlerweile einen Kult-Club mit viel Tradition, aber auch mit einem sehr hektischen Umfeld. Was macht die Arbeit bei einem Traditionsverein so besonders?
Meine Arbeit beeinflusst das gar nicht so großartig. Ich arbeite eigentlich nicht anders, als bei den vorherigen Stationen auch. Ich versuche, die Spieler im Trainingsalltag optimal auf die kommenden Spiele vorzubereiten. Der zwischenmenschliche Umgang mit einem Spieler ist ja nicht anders. Natürlich ist das mediale Interesse in Frankfurt sehr groß. Der Verein hat eine überragende Fan-Base, und auf die sind wir richtig stolz. Es macht sehr viel Spaß, wir haben eine große Euphorie im Umfeld. Ich kann nur Positives berichten.
Die Eintracht hat im Sommer einen großen Umbruch hinter sich, tanzt auf drei Hochzeiten. Wie lautet Ihr Zwischenfazit?
Wenn man alle Vorzeichen berücksichtigt, kann man sagen, dass wir bisher eine richtig gute Saison spielen. Wir hatten nur vier Wochen Vorbereitungszeit und teilweise 35 Spieler auf dem Trainingsplatz. Während der Transferperiode sind die besten Offensiv-Spieler der Vorsaison gewechselt. Es gab zuletzt Spiele, da hatten wir die jüngste Mannschaft aller Bundesligisten auf dem Feld. Wir sind im Pokal nach wie vor dabei, wir hatten in der Conference League gute Ergebnisse, und auch in der Bundesliga stehen wir ordentlich da. Jeder, der an diesem immensen Umbruch beteiligt war, kann bisher stolz auf das Erreichte sein.
Die Eintracht hat nach langen Jahren der Tristesse in der jüngeren Vergangenheit viele positive Schlagzeilen produziert – bis hin zum Titelgewinn in der Europa League. Machen solche Titel hungrig auf mehr oder steigern sie im Gegenteil die Erwartungshaltung bei einem Traditionsverein vielleicht auch übermäßig?
Wenn Du solche Erfolge schaffst, steigt die Erwartung im Umfeld, das ist völlig klar. Wichtig ist, dass die handelnden Personen im Umfeld das Ganze richtig einordnen und vernünftig wirtschaften. Ich glaube, dass das die große Stärke von Eintracht Frankfurt ist und nach dem Gewinn der Europa League niemand überdreht. Es werden keine Unsummen ausgegeben für Superstars, die bei vorherigen Stationen sehr erfolgreich waren. Wir gehen einen Weg mit jungen, hungrigen Spielern, die bei uns erfolgreich sein wollen.
Und ich glaube, dass das der richtige Weg ist. Auf der anderen Seite zehrt man natürlich von solch einem Erfolg, auch wenn die Zahl derer, die dabei waren, relativ gering geworden ist, auch wenn es erst ein gutes Jahr her ist. Aber solch ein Erlebnis, davon zehrt man, das macht Hunger auf mehr.
Neben den Bayern ist auch Titelverteidiger Leipzig ausgeschieden. Ist der Pokal für Teams „in Lauerstellung“ wie Frankfurt in diesem Jahr besonders attraktiv, weil der „Weg nach Europa“ recht kurz erscheint?
Nein, wir denken gar nicht an das Finale. Und es interessiert mich überhaupt nicht, welche Gegner noch im Wettbewerb sind. Es ist entscheidend, dass man sich auf jedes Spiel zu 100 Prozent fokussiert. Und genauso fahren wir im Dezember nach Saarbrücken.
Wir wissen, dass auf uns ein extrem guter, extrem motivierter Gegner wartet. Wir nehmen das sehr ernst und denken keine Sekunde an das, was danach kommen könnte.
Ihr Vater galt in den 90er-Jahren in Frankfurt als Prototyp des modernen Trainers. Nun verkörpern Sie eine Generation der jungen Trainer. Wie viel Klaus steckt denn in Dino?
Das ist eine schwere Frage. Ganz ehrlich, ich tue mich schwer damit, mich selbst zu beurteilen. Das sollen lieber andere machen.
Sie stammen aus der beschaulichen Eifel und leben nun als Familienvater nach München und Leipzig in der dritten Metropole. Wie entspannt ist der Mensch Toppmöller abseits des Fußballplatzes?
Ich gehe sehr gerne in die Natur. Ich habe einen Hund, mit dem ich oft draußen unterwegs bin und den ich auch schon mal zu einem Dauerlauf mitnehme. Ansonsten gehe ich gerne in die Sauna. Es ist wichtig, dass man Momente findet, in denen man abschalten kann. Ich bin ein familiärer Mensch und habe durch meine Familie den nötigen Rückhalt.