Mathias Gidsel gilt als aktuell bester Handballer der Welt. Kein Wunder, dass er auch bei anderen Clubs hoch im Kurs steht. Die Füchse wollen den Dänen absolut nicht abgeben. Aber was will Gidsel selbst?
Bob Hanning ist selbst kein Kind von Traurigkeit, nicht selten agiert der Geschäftsführer der Füchse nach dem Motto: Jede PR ist gute PR. Doch dieses Gerücht um Mathias Gidsel ist selbst dem extrovertierten Hanning zu viel Geklapper. „Langsam wird es ja ein bisschen albern“, sagte er angesprochen auf einen Artikel der „Bild“-Zeitung. Demnach sei Ligakonkurrent SG Flensburg-Handewitt bereit, den Berlinern für Sommer 2026, also in knapp zwei Jahren, ein Kaufangebot für den Welthandballer aus Dänemark zu unterbreiten. Über das Interesse aus dem hohen Norden am Berliner Starspieler gebe es in der Handball-Szene ein „nachhaltiges Getuschel“, schrieb das Blatt. Aus der Hauptstadt gab es nun eine klare Absage an alle möglichen künftigen Abwerbungsversuche.
„Jeder Verein der Welt möchte Mathias Gidsel haben, aber er hat bei uns einen langfristigen Vertrag“, sagte Hanning mit Verweis auf den bis 2028 laufenden Kontrakt zwischen Club und Spieler. Er habe „keinen Grund“, den besten Spieler im Kader abzugeben, „für kein Geld der Welt“, wie Hanning betonte. Und auch Gidsel selbst sehe aktuell „keinen Grund zu gehen“, meinte Hanning. Der Umworbene bestätigt dies: „Ich habe hier in Berlin noch gar nichts bereut. Ich liebe die Stadt, den Club und meine Kollegen.“
Schwalb glaubt nicht an Angebot aus Flensburg
Auch Sportvorstand Stefan Kretzschmar erklärte den dänischen Olympiasieger für unverkäuflich: „Wir verkaufen doch nicht unsere Seele.“ Gidsel sei nicht nur ein herausragender Rückraumspieler, sondern auch von zentraler Bedeutung für das Zukunftsmodell der Füchse. Würde der 25-Jährige gehen, „dann würde das Zukunftskonzept der Füchse Berlin zusammenbrechen“, erklärte Kretzschmar: „Er ist einfach ein Spieler, der für uns nicht gleichwertig zu ersetzen ist.“ Und deshalb betonte der frühere Weltklasse-Spieler nochmals: „Wir verkaufen unser Konzept nicht.“
Klar ist aber auch: Mathias Gidsel steht bei allen europäischen Topclubs hoch im Kurs, und viele von ihnen dürften über Mittelsmänner zumindest mal vorfühlen, wie groß das Interesse seitens des Spielers an einem Tapetenwechsel ist. „Ich weiß, dass dem Jungen Berater von allen Clubs dieser Welt persönlich das Ohr abkauen und es bei ihm versuchen“, verriet Kretzschmar. Dem Club liege aber „noch keine offizielle Anfrage“ vor. Und selbst wenn die käme, die Antwort ist spätestens jetzt allen Protagonisten klar.
Von den Flensburgern dürfte aber ohnehin nichts Offizielles kommen. „Ich kann es mir nicht vorstellen“, sagte Handball-Experte Martin Schwalb beim Newsportal „handball-world“ angesprochen auf das Gerücht. Die Idee einer Verpflichtung – sofern es sie in Flensburg denn überhaupt gibt – sei „hochinteressant“, so Schwalb. Aber eben auch höchstwahrscheinlich nicht zu realisieren. Die mögliche Ablösesumme für einen Spieler solcher Klasse, den die Füchse unter keinen Umständen abgeben wollen, könne sich auch die SG nicht leisten. Und außerdem, betonte der langjährige Bundesligatrainer: „Er macht auf mich einen sehr glücklichen Eindruck in Berlin.“ Gidsel spiele aktuell nicht wie einer, der auf seinen Absprung zu einem besseren Club wartet, ganz im Gegenteil. „Ich glaube“, sagte Schwalb, „dass er mit Berlin noch etwas vorhat und einen großen Titel – Bundesliga oder Champions League – holen möchte“.
Das bewies Gidsel auch in den ersten Saisonspielen. Nach drei Ligaspielen steht der Däne mit 29 Treffern schon wieder an der Spitze der internen Torjägerliste, im Ligavergleich bedeutet das ebenfalls Position Nummer eins, mit einer herausragenden Wurfquote von 90,63 Prozent. Die jüngste 35:38-Niederlage bei Hannover-Burgsdorf konnte aber auch Gidsel mit neun Treffern nicht verhindern. Trotz der nur kurzen Sommerpause wegen der Olympischen Spiele in Paris, bei denen Gidsel durch einen berauschenden Finalsieg gegen Deutschland die Goldmedaille gewann, wirkt er agil und frisch. Im Rückraum harmoniert er prächtig mit Landsmann Lasse Andersson. Der 30-Jährige verlängerte Mitte September seinen Vertrag bei den Füchsen bis 2027. „Lasse ist integraler Bestandteil unserer Erfolgsgeschichte“, sagte Hanning: „Sowohl menschlich als auch mit seiner sportlichen Einstellung ist er Vorbild für viele junge Spieler. Wir sind sehr froh, dass er bei uns bleibt.“
Die Vertragsverlängerung dürfte auch ein Zeichen an Gidsel gewesen sein. Beim Hauptstadt-Club versucht man alles, um seinen Starspieler zufriedenzustellen – und dafür braucht es einen Kader, der im Titelkampf zumindest konkurrenzfähig ist. „Solange sich der Verein weiterentwickelt und ich mich hier weiterentwickeln kann, bin ich ein Fuchs“, bekräftigte Gidsel. Sein Verbleib hänge „nicht davon ab, wie oft wir Meister werden“, verriet er. Aber die Chancen auf Titel müssten zumindest gegeben sein. „Mit diesem Verein, um die erste deutsche Meisterschaft zu kämpfen und als Herausforderer oben anzugreifen – das ist das, was mich antreibt und wofür ich mit der Mannschaft hart arbeiten möchte.“
Hanning liefert sich verbales Scharmützel
Die Premieren-Saison in der Champions League soll ein wichtiger Entwicklungsschritt der Mannschaft sein. Der Start war schon mal vielversprechend: Beim 30:22-Auswärtssieg bei HC Eurofarm Pelister bewies der Neuling, dass die Königsklasse keineswegs eine Nummer zu groß für Team und Club ist. Beste Torschützen? Andersson mit sieben und Gidsel mit sechs Treffern. Schon zur Halbzeit war die Sache eigentlich klar, die Sechs-Tore-Führung hatte viel Sicherheit gegeben. Die als „Hölle von Bitola“ bezeichnete Heimspielstätte von Pelister verlor früh ihren Schrecken. „Plus sechs zur Halbzeit war ein Top-Ergebnis“, lobte Siewert den Start seines Teams ins erste Königsklassen-Spiel: „In der zweiten Halbzeit haben wir direkt da weitergemacht, wo wir aufgehört haben und haben Pelister nicht mehr auf Schlagdistanz herankommen lassen.“ Ihm habe vor allem die Abwehrleistung sehr gut gefallen, „auch bedingt durch eine starke Leistung von Dejan im Tor“. Der Serbe Dejan Milosavljev zeigte mit 14 Paraden einmal mehr, warum er für die Füchse vor allem in der Champions League so herausragend wichtig ist. „Ich habe viele Emotionen in diesem Spiel gespürt, da ich diese Halle von den Spielen mit Vardar Skopje kenne“, sagte Milosavljev.
Doch auch mit der Offensive war Trainer Siewert insgesamt mehr als zufrieden. „Wir hatten Tempo nach vorne und konnten so einen souveränen Sieg einfahren“, sagte er: „Das ist genau das, was wir uns erhofft hatten.“ Überbewerten wollte aber niemand den verdienten Auftaktsieg. „Wir müssen unseren Weg so weitergehen“, sagte Keeper Milosavljev, „im nächsten Champions-League-Spiel, aber auch in der Bundesliga“. Während sich die Füchse auf der größten europäischen Handball-Bühne ihre Meriten verdienen, haben sich die Flensburger über die Vorsaison nicht für diesen Wettbewerb qualifiziert. Und deswegen schickte Hanning wegen des Gerüchts um Gidsel auch einen verbalen Giftpfeil in den hohen Norden. „Wenn es wirklich so wäre, dass es von Flensburger Seite aus geht, dann würde ich sagen, dass sie im Moment viel zu viel Zeit haben, weil sie nicht in der Champions League spielen“, so der 56-Jährige.