Das deutsch-französische Geschäftemachen dies- und jenseits der Grenze gestaltet sich trotz europäischer Zusammenarbeit nicht immer einfach. Ihre Erfahrungen haben nun einige Unternehmerinnen und Unternehmer zusammengetragen.
In den Köpfen der anderen denken – so lautet die Devise für deutsche Unternehmen, wenn sie in Frankreich am Markt erfolgreich bestehen wollen. Gleiches gilt in umgekehrter Richtung. Dieses Fazit zogen Vertreter beider Länder aus Wirtschaft und Politik auf einer Podiumsdiskussion im Saarbrücker Rathaus zum Thema „grenzenlos Geschäfte machen“. Eingeladen hatte das World Trade Center Metz-Saarbrücken.
Sprache sprechen reicht nicht aus
Denn klar ist: Das Saarland sieht sich gerne als Scharnier zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der EU. Und die Zahlen geben dem Standort recht: Laut Angaben der IHK Saarland gibt es rund 100 saarländische Unternehmen mit Niederlassungen in Frankreich und rund 100 französische Betriebe, die im Saarland vertreten sind. „Für die Größe des Landes eine beachtliche Zahl, auch wenn bei diesen Zahlen Branchen und Unternehmensgrößen stark voneinander variieren“, so der Leiter des Kompetenzzentrums Außenwirtschaft der IHK, Oliver Groll. Stahl, Autoteile, Maschinenbau und Elektrotechnik, pharmazeutische Artikel und als Shootingstar Möbel und Küchen seien derzeit die Branchen, die maßgeblich den Export und Import zwischen dem Saarland und Frankreich bestimmen. Das Saarland mit einem sehr hohen Industrieanteil sei halt relativ stark beim Export, aber dadurch auch konjunkturanfälliger als andere Bundesländer.
Die geografische Lage des Saarlandes als Tor nach Frankreich, als eine Region, die das Deutsch-Französische lebe, sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der aber viel stärker ins Bewusstsein der Wirtschaftstreibenden außerhalb des Saarlandes dringen müsste, betonte Saarbrückens Wirtschaftsdezernent Tobias Raab. Wer als deutsches Unternehmen auf den französischen Markt will, findet im Saarland gute Voraussetzungen wie zahlreiche deutsch-französische Wirtschaftsnetzwerke, eine große Anzahl französischer Arbeitnehmer und ein frankophiles Umfeld. Hinzu kommt, dass die Nachbarregion Grand Est mittlerweile zur zweitstärksten Industrieregion Frankreichs nach Ile-de-France aufgestiegen ist. Grand Est, so groß wie Belgien, verfüge mit 13.500 Betrieben und 300.000 Beschäftigten in der Industrie sowie einer damit verbundenen Beschäftigungsquote von 16,5 Prozent und einer gut ausgebauten Infrastruktur über Vorteile, die ein Engagement deutscher Unternehmen in Frankreich interessant machen, so Evelyne Pellé vom WTC Metz-Saarbrücken.

Sebastian Kurth, Jean-Luc Bieber und Moderatorin Danièle Behr (von links) - Foto: Armin Neidhardt
Und es müssen nicht immer die ganz großen Player sein, die den Sprung über die Grenze wagen. So könnte sich Geschäftsführer Dominik Heil von „Henry’s Eismanufaktur“ durchaus ein Engagement in Metz vorstellen. Herangetastet hat er sich mit seinen Eisprodukten an den französischen Markt bereits direkt hinter der Grenze in Spicheren, Grosbliederstroff und Forbach. Aber er weiß auch um die Unterschiede der französischen Kunden: „Sie geben für Lebensmittel mehr Geld aus als Deutsche und selbst die Bezahlung ist anders. Franzosen zahlen selbst kleine Beträge gerne mit Karte, während Deutsche ein Eis lieber bar begleichen.“
Unterschiede, auf die auch Jean-Luc Bieber von der Anwaltskanzlei Jurope hinweist: Es reiche nicht aus, nur die Sprache zu verstehen, man müsse auch wissen, wie der Franzose mentalitätsmäßig ticke. In seinem Berufsleben habe er viele Streitigkeiten zwischen Deutschen und Franzosen erlebt, die zum allergrößten Teil auf Missverständnissen beruhten, vor allem im sozialen Bereich. Vorurteile wie, nur Deutsche könnten organisieren oder Franzosen würden nur improvisieren, seien völlig fehl am Platze. Er empfiehlt daher allen Deutschen, die auf den französischen Markt wollen, eine Begleitung durch einen qualifizierten Personalberater, um grundlegende Fehler von Anfang an zu vermeiden. Man könne klein anfangen, mit wenig Personal, und sich erst einmal vorsichtig an den Markt heranwagen. „Französische Kunden wollen französisch kaufen und bevorzugen persönliche Kontakte, etwas weniger sachliche Beziehungen wie in Deutschland. Business bleibt eben lokal.“ Selbst große deutsche Unternehmen haben oftmals französische Zwischenhändler, um ihre Produkte und Dienstleistungen in Frankreich zu verkaufen.
Großes Interesse an Grand Est
Unterschiedliche Vertriebssysteme, eine andere Kultur und Kommunikation, Vertragsrecht und Marktlage, all das biete viele Fallstricke im Umgang zwischen Deutschen und Franzosen, erklärt Andrea Stocks von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Invest Eastern France in Straßburg und empfiehlt ebenfalls professionelle Berater beim Einstieg. „Erfolg steht und fällt mit den handelnden Personen.“ Das weiß auch Immobilienberaterin Stephanie Himbert, die im Immobilien-Netzwerk IAD von Saarbrücken aus unter anderem den grenznahen französischen Raum bearbeitet und den Service wie zweisprachige Notare, Banken oder Umzugsunternehmen potenziellen Interessenten gleich mitliefert.
Viele deutsche Unternehmen agieren vom grenznahen Standort in Baden-Württemberg aus, wenn sie auf den französischen Markt wollen, so die Erfahrung von Andrea Stocks. „Kulturelle und geografische Nähe, die europäische Marktbearbeitung sowie die industrielle Dichte samt Zulieferer machen das möglich. Suchen deutsche Unternehmen einen Standort in Grand Est, geht es oftmals um verfügbare Flächen, zur Verfügung stehende Arbeitskräfte, das industrielle Umfeld, Infrastruktur und Zugang zum französischsprachigen Markt wie Afrika und gar nicht in erster Linie so sehr um Kosten wie Gewerbesteuer, wie vielfach angenommen.“ Deutsche Unternehmen aus der Baubranche, der Logistik, Chemie, Energie, allen voran Wasserstoff, Biogas und Windkraft, sowie aus dem Bereich Service-Dienstleistungen zeigen derzeit Interesse an einem Standort in Grand Est.
Selbst wenn die Politik die deutsch-französische Zusammenarbeit immer wieder gerne als vorbildlich betont, im internationalen Ansiedlungsgeschäft sitzt den Wirtschaftsförderern das eigene Hemd allerdings oft näher. Schließlich geht es ums Prestige und letztendlich ums Geld und um Arbeitsplätze. So hat beispielsweise die Privatbank ODDO BHF mit Sitz in Paris, Frankfurt und Zürich lange auch mit dem Standort Straßburg kokettiert, bevor sie sich für Saarbrücken entschieden hat. Trotz Wettbewerbs gebe es gute Kontakte zu den Wirtschaftsförderern zum Beispiel in den französischen Kommunen des Eurodistricts Saar-Moselle, versichert Wirtschaftsförderer Sebastian Kurth von der Stadt Saarbrücken. Denn von einer Ansiedlung in Grenznähe profitieren letztlich immer beide Seiten, schließlich ist qualifiziertes zweisprachiges Personal im Saarland und in Lothringen gleichermaßen gefragt.