Das Zeitalter der Werbung erstreckt sich über mehrere Jahrtausende – von den bescheidenen Anfängen im alten Ägypten bis hin zum heute dominierenden Internet mit seinen vielfältigen digitalen Formen.

Schon im ägyptischen Pharaonen-Reich war es Usus gewesen, dass Marktschreier die Waren von Händlern angepriesen hatten. Daneben gab es auch schon erste schriftliche Werbeaussagen auf Papyrus. Wobei ein Fund aus den Ruinen von Theben aus der Zeit um 3.000 v. Chr. als ältestes erhaltenes Relikt gilt, bei dem ein Sklavenhalter eine Belohnung für die Auffindung seines entflohenen Leibeigenen ausgesetzt und gleichzeitig für die hohe Qualität seiner Weberei geworben hatte. In Mesopotamien wurden von den Sumerern und Babyloniern Ton- oder Steintafeln mit keilförmigen Inschriften für frühe Werbebotschaften genutzt, beispielsweise für hochwertige Salben. Vorformen von Branding tauchten auf antiker griechischer Keramik um 700 v. Chr. auf, als erste Töpfereien ihre Produkte mit Signaturen oder Slogans versehen hatten. Im Römischen Reich erlebte die Werbung dann eine erste Blütezeit, was dank der Ausgrabungen in Pompeji oder auch in Herculaneum bestens nachgewiesen werden konnte. Viele Häuserfassaden waren mit Werbesprüchen für Dienstleistungen, Betriebe oder Produkte überzogen. Kneipen buhlten mit gemalten Schildern um Kundschaft, Buchhandlungen nutzten die Türpfosten zur Auflistung der vorrätigen Titel, andere Ladenbesitzer schrieben ihre Werbeslogans auf Leinwände. Auf Amphoren oder ähnlichen Keramikprodukten waren Hersteller- oder Manufaktur-Stempel längst gebräuchlich geworden. Cicero und Seneca beklagten sich über die nervtötende Plage der Marktschreierei.
Werbeplakate mit Firmenlogo
Danach sollte es bis zum 10. Jahrhundert dauern, bis im Vorreiterland der Papier-Produktion namens China vom auf die Nadel-Herstellung spezialisierten Familienunternehmen Jinan Liu die erste Print-Anzeige der Geschichte veröffentlicht wurde. Dank einer Bronze-Druckplatte konnten Werbeplakate mit Firmenlogo (einem weißen Kaninchen) und PR-Slogan in großer Zahl hergestellt werden. Davon erhielt das westliche Abendland des Mittelalters zunächst keinerlei Kenntnis. Stattdessen setzte man dort seit dem Spätmittelalter, vor allem in den frühen städtischen Ballungszentren, wieder auf die Marktschreier und den Einsatz von Schildern mit Werbebotschaften. Erst nachdem die chinesische Druckerpresse in Europa im 15. Jahrhundert bekannt geworden war und dank Johannes Gutenberg in Richtung Buchdruck weiterentwickelt werden konnte, wurde auch hier eine umfangreiche Produktion von Druckmaterialien wie Plakaten oder Handzetteln möglich, mit denen zunächst vor allem für Veranstaltungen, Bücher oder Medikamente geworben wurde.
Erste Werbeagentur um 1800

Die ersten kommerziellen Werbeanzeigen erschienen Anfang des 17. Jahrhunderts in von venezianischen Handelsgilden herausgegebenen Zeitungsblättern, die für eine Gazetta, eine damals in Venedig gebräuchliche Münze, käuflich erworben werden konnten und für die daher im Volksmund schnell der Name Gazetten gebräuchlich werden sollte. Etwa zeitgleich waren kommerzielle Kleinanzeigen für Bücher oder Medikamente auch in der 1605 vom Buchhändler und Druckereibesitzer Johann Carolus in Straßburg herausgegebenen Zeitung „Relation“ aufgetaucht. Nachdem 1650 in Leipzig die weltweit erste Tageszeitung mit sechs Ausgaben pro Woche namens „Einkommende Zeitungen“ erschienen war und darin nach und nach auch Werbeanzeigen veröffentlicht wurden, folgten bald schon andere Zeitungen diesem lukrativen Beispiel. Daneben kamen aber auch eigene Werbezeitungen, sogenannte Intelligenz-Comptoirs, auf den Markt, in denen Händler oder Hersteller ihre Produkte und Dienstleistungen gegen Bezahlung eintragen lassen konnten. Diese Werbezeitungen wurden von staatlicher Seite kontrolliert und brachten den behördlichen Kassen wegen vorgeschriebener finanzieller Mitbeteiligung solch sprudelnde Gewinne, dass König Friedrich Wilhelm I. für sein Hoheitsgebiet Preußen im Jahr 1727 ein bis 1850 gültiges Werbeverbot in den konkurrierenden Tageszeitungen erlassen hatte.

Als Begründer der ersten Werbeagentur der Welt gilt William Taylor, der 1786 in London sein erstes Büro eröffnete und sich selbst als Werbeagent bezeichnete. In Deutschland sollte es bis 1855 dauern, bis in Hamburg-Altona die „Annoncenexpedition Ferdinand Haasenstein“ und in Berlin das „Institut der Anschlag-Säulen“ von Ernst Litfaß gegründet wurden. Erst 1924 sollte mit der vom Bauhaus beeinflussten und von Max Burchartz und Johannes Canis im Ruhrgebiet etablierten Agentur „werbebau“ die erste moderne Werbeagentur Deutschlands entstehen. Schon neun Jahre zuvor war an der Universität zu Köln erstmals der Nutzen von Werbung erforscht worden und es wurden erste Ausbildungsplätze für Werbefachleute angeboten.
Nach Aufhebung des preußischen Werbeverbots in Tageszeitungen wurden diese von Anzeigen geradezu überschwemmt. Um 1900 bestanden die Blätter bis zu 80 Prozent nur noch aus Werbung, wobei sich die reinen Produkthinweise ab 1870 zu einer aggressiveren Kundenansprache wandelten und erstmals auch bewusste Zielgruppenwerbung betrieben wurde. Um 1900 begann hierzulande das Zeitalter der Markenbildung mit prominenten Namen wie Dr. Oetker, Tempo, Maggi, Odol oder Nivea. Konsum wurde fortan zum zentralen Inhalt des stetig wachsenden Freizeitpotenzials, die Menschen wurden zu Konsumenten.
Mehr Werbung dank Siebdruck

Ab den 1920er-Jahren wurden die Anzeigen dann immer kunstvoller gestaltet. Dank der Erfindung der Lithographie wurde zudem die Plakattechnik revolutioniert und das Drucken von Plakaten in Massenproduktion wurde möglich. Nachdem 1846 der Siebdruck entwickelt worden war, gab es bald auch die ersten farbigen Werbedrucke, Ende des Jahrhunderts auch die ersten farbigen Illustrierten. Die erste großformatige, 50 Quadratmeter umfassende Plakatwerbung wird Jared Bell zugeschrieben, der damit 1835 in New York auf einen gastierenden Zirkus aufmerksam gemacht hatte. Um dem zunehmend wilden Plakatieren Einhalt zu gebieten, wurden in der legendären Londoner Oxford Street ab 1839 die Sandwichmen eingesetzt, die die Werbeflächen auf ihrem Körper trugen. In Berlin erfand Ernst Litfaß 1854 die nach ihm benannte Litfaßsäule.
In New York entwickelte sich der Times Square nach 1904 dank riesiger elektrischer Werbetafeln zu einem Publikumsmagneten. Im jungen Medium Kino hielt die Werbung nach 1910 Einzug, wobei zunächst nur auf weitere Filme hingewiesen wurde. Der erste bezahlte Radiospot für eine lokale Immobilienfirma wurde am 22. August 1922 vom New Yorker Radiosender WEAF ausgestrahlt. In den 1920er-/1930er-Jahren entstanden die Schaufensterwerbung und Frühformen der Leuchtreklame, wobei das 1933 fertiggestellte gigantische Bayer-Kreuz in Leverkusen ein besonders prägnantes Beispiel werden sollte. Der Begriff „Reklame“, der um 1840 Eingang in den deutschen Wortschatz gefunden hatte, wurde hierzulande übrigens erst in den 1930er-Jahren durch die Bezeichnung „Werbung“ abgelöst. Der erste Fernseh-Werbespot für Uhren und Armbanduhren wurde 1941 als Vorlauf zu einem Baseball-Match von der Bulova Watch Company lanciert, er war zehn Sekunden lang und wurde in New York von gerade mal 4.000 Menschen verfolgt. Da die vorrätigen Produkte den allgemeinen täglichen Bedarf mehr als abdecken konnten, mussten sich die Werbetreibenden für zusätzlichen Verkauf etwas Neues einfallen lassen, indem sie die emotionalen Produktwerte als Kaufanimation in den Mittelpunkt ihrer stetig origineller werdenden Kampagnen rückten.

Während der bundesrepublikanischen „Wirtschaftswunderjahre“ schossen allerorten Werbeagenturen und Marketingabteilungen aus dem Boden. Wobei das junge Fernsehen bald schon die Zeitungen als wichtigstes Werbemedium ablösen sollte. Den Startschuss dafür legte Persil am 3. November 1956 mit dem ersten vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlten Werbespot. Der wies zudem eine Story auf, die den Zuschauer und dessen Kaufentscheidung ganz bewusst mit psychologischen Kniffen beeinflussen wollte. Dieses Storytelling sollte wegweisend werden. Es hatte zwei Jahre zuvor schon in den USA den bis dahin schleppenden Absatz einer Zigarettenmarke emporschnellen lassen: Mit dem „Marlboro Man“ gelang es, die von der männlichen Klientel lange verschmähten und als typisch feminin eingestuften Filterzigaretten auch den rauen Kerlen schmackhaft zu machen. Populäre Themen der TV-Werbung waren hierzulande zunächst Schönheit und Haushalt für Frauen und Autos für Männer. In den 1960er-Jahren entdeckte die Werbewirtschaft dann die Jugendlichen als kaufkräftige Konsumentengruppe. Im folgenden Jahrzehnt wurden erstmals kritische Stimmen gegen häufig manipulative Werbeaussagen laut, was 1972 zur Gründung des Deutschen Werberates als Aufsichtsorgan der Werbebranche führen sollte. In dieser Zeit wurden hierzulande auch die ersten Tabak-Werbeverbote in TV und Radio erlassen.
Vermehrt digitale Werbeformen
Mit dem Aufkommen der privaten Fernsehsender in den 1980er-Jahren erschloss sich der TV-Werbung ein neues, gigantisches Potentzal, die Spots wurden zunehmend aufwendiger und teurer, wobei das Alleinstellungsmerkmal des jeweiligen Produkts in den Mittelpunkt gerückt wurde. Mit dem um 1974 einsetzenden Siegeszug des anfangs noch viel belächelten Internets begann eine neue Ära für die Werbebranche. Online-Werbung, Display-Werbung, Banner-Werbung, Pop-up-Anzeigen, Suchmaschinenmarketing, Social-Media-Werbung, In-Game-Advertising, Video-Werbung, das weite Feld der Influencer oder Mobile Advertising sind zu zentralen Säulen der Branche geworden und erlauben eine präzise Zielgruppenansprache sowie eine direkte Interaktion mit den Konsumenten. Die Bühne des 21. Jahrhunderts gehört ganz klar den digitalen Werbeformen, was sich deutlich am Zeitungssterben und dem Rückgang der TV- und Radio-Werbung ablesen lässt.