In Berlin wurde ein einzigartiges Straßenbahn-Projekt vorgestellt. Mit dabei: die Saarbahn, die schon bald mit neuen Wagen durch das Land rollen soll.
Mehr Mobilität auf die Schiene – dies ist nicht nur ein Anliegen der Bundesregierung, sondern auch der saarländischen Landesregierung. Zentral dabei ist die Achse der Saarbahn quer durchs Land. Diese ist mittlerweile schon 27 Jahre alt und braucht eine Verjüngungskur, nicht nur in Sachen Infrastruktur, sondern auch bei den Zügen.
Verjüngungskur für Saarbahn
Deshalb fahren schon bald neue Waggons und Triebwagen über die Schienen. Weltweit einzigartig war der Vorgang der Ausschreibung: Denn erstmals bestellen gleich sechs Bahnbetreiber aus zwei Ländern einen Fahrzeugtyp, um die Kosten gering zu halten. Den Zuschlag bekam das Zugbau-Unternehmen Stadler aus der Ostschweiz. Tram-Train nennt sich das gemeinsame Projekt, in dem die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG), die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK), die Schiene Oberösterreich GmbH, die Schiene Salzburg GmbH und die Regional-Stadtbahn Neckar-Alb sowie die Saarbahn kooperieren. Sie bekommt auch das erste der 246 bestellten Fahrzeuge. Das Beschaffungsvolumen: rund vier Milliarden Euro insgesamt, also rund 16 Millionen pro Fahrzeug.
Zelebriert wurde diese weltweit einzigartige Zusammenarbeit auf der weltweit größten Messe für Verkehrstechnik, der InnoTrans in Berlin. Dort wurde das erste Fahrzeug mit Saarbahn-Lackierung präsentiert und als „Meilenstein“ gefeiert. Die neuen Tram-Trains sind im Vergleich zu den bisherigen Saarbahn-Fahrzeugen zehn Kilometer je Stunde schneller. Sie erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern. „Auch im Komfort punkten die neuen Fahrzeuge“, erklärte Saarbahn-Sprecherin Ulrike Reimann in Berlin: Die Wagen sind klimatisiert, haben einen größeren „Mehrzweckbereich“, der zum Beispiel für das Abstellen von Fahrrädern genutzt werden kann.
Die neuen, von Stadler in Spanien gebauten Fahrzeuge sind 37 Meter lang, 2,65 Meter breit – und damit etwas höher als die alten, die seit Start der Saarbahn 1997 unterwegs sind. Das „bewirkt ein weitläufigeres Raumgefühl“, beschreibt die Saarbahn die neuen Wagen. „Sie wirken mehr wie Nahverkehrszüge als wie Straßenbahnen“, erklärt Reimann.
Pro Wagen gibt es 100 Sitz- und 133 Stehplätze. Im vorderen und hinteren Wagenteil befinden sich USB-Anschlüsse und 230-Volt-Steckdosen. „Die Saarbahn gilt als das größte E-Mobil im Saarland, es wird auch weiterhin mit 100 Prozent umweltfreundlichem Ökostrom versorgt. Künftig gehen auch deutlich niedrigere Geräuschemissionen von den neuen Saarbahnen aus“, verspricht das Unternehmen. Bei den neuen Fahrzeugen handelt es sich nach Angaben des Herstellers Stadler um barrierefreie Stadtbahnfahrzeuge, die speziell für die umsteigefreie Verbindung des Stadtzentrums mit dem Umland gemäß dem „Karlsruher Modell“ entwickelt wurden, „um den Fahrgästen eine sichere und komfortable Fahrt zu bieten“. In Karlsruhe wurde 1992 erstmals in Deutschland ein System eingeführt, das umsteigefreie Stadt-Umland-Verbindungen geschaffen hat, in dem Regionalbahn und Straßenbahn beispielsweise das gleiche Schienensystem nutzen können.
Saarland und DB Regio testen Angebote
Über die Bestellung von 28 Fahrzeugen hinaus hat die Saarbahn eine Option, weitere 21 Fahrzeuge zu ordern. Diese sei bei der Vertragsunterzeichnung bewusst aufgenommen worden, um über genug Züge zu verfügen, falls das Saarbahn-Netz ausgebaut wird oder vom Land stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert werden. Die Saarbahn verweist da auf die Prüfung seitens des Landes zur Wiederinbetriebnahme der Rosseltal-Bahn. Es sei sinnvoll, dann „mit einer einheitlichen Flotte operieren zu können“.
„Wir freuen uns sehr auf die neuen Fahrzeuge. Sie werden die Saarbahn nochmals attraktiver machen. Insgesamt ist die Flottenerneuerung überfällig, denn unsere aktuellen Saarbahnen sind erkennbar am Ende ihres Lebenszyklus angekommen. Die Ausfallraten und Schwierigkeiten der Ersatzteilbeschaffung steigen immens. Gerade mit Blick auf die Langfristigkeit des Einsatzes der neuen Fahrzeuge wird hier die Beschaffung im Konsortium absehbar auch für die Instandhaltung strukturell deutlich besser sein“, sagte Saarbahn-Geschäftsführer Karsten Nagel in Berlin.
Die Investitionen in die Flottenerneuerung können nur mit Unterstützung der Landeshauptstadt Saarbrücken sowie des Landes umgesetzt werden, die die Finanzierung mit Bürgschaften absichern. Für die Landeshauptstadt sei „ein starker ÖPNV ein essenzieller Bestandteil der Großstadtmobilität und unserer Nachhaltigkeitsstrategie“, erklärt Oberbürgermeister Uwe Conradt. „Wir freuen uns deshalb auch als Landeshauptstadt sehr auf die neuen Saarbahn-Züge, die dann sukzessive ab 2025 die Bestandsfahrzeuge ablösen werden.“
Wobei die neuen Fahrzeuge nicht gleich zu Jahresbeginn zwischen Sarreguemines und Lebach unterwegs sein werden. Nach dem ersten Auftritt für die neue Saarbahn in Berlin folgen umfangreiche Tests auf der Versuchsstrecke für Bahnfahrzeuge im tschechischen Velim. Ende Januar 2025 soll das erste Fahrzeug planmäßig nach Saarbrücken geliefert werden. Weitere drei sollen ebenfalls im ersten Quartal des kommenden Jahres folgen. In Saarbrücken angekommen, beginnt dann stellvertretend für die Gesamtbestellung des Konsortiums „das komplexe Zulassungsverfahren für den Eisenbahn- und Straßenbahnbereich“, teilt die Saarbahn mit.
„Voraussichtlich Ende des dritten Quartals 2025 werden wir die ersten neuen Tram-Trains in unseren Regelbetrieb integrieren können. Läuft alles planmäßig, werden bis 2027 dann alle 28 neuen Saarbahnen zwischen Lebach und Sarreguemines unterwegs sein. Dabei werden wir einige ältere Modelle übergangsweise in Reserve halten“, erklärt Projektleiter Michael Irsch von der Saarbahn das Verfahren.
Die neuen Modelle werden dann Teil des geplanten S-Bahn-Netzes im Saarland, das Umwelt- und Mobilitätsministerin Petra Berg (SPD) im Dezember 2023 vorgestellt hat. Bis Ende 2025 sollen weitere Angebote im Bereich der vernetzten Mobilität hinzukommen. Dafür unterschrieben Bahn und Land auch einen entsprechenden Vertrag auf der Berliner Mobilitätsmesse. In den kommenden Monaten wollen die Projektpartner DB Regio und das Saarland auf Basis von Mobilitäts- und Zielgruppenanalysen regionale Testräume rund um Bahnhöfe auswählen „und unter Realbedingungen betreiberoffen neue Mobilitätsformen testen. Das können ergänzende Plusbusse oder Expressbusse zum bereits bestehenden Angebot im Regionalbusnetz sein, Shuttle-Verkehre, aber auch Stationen für Bike- und Carsharing oder Fahrradparkhäuser“, so die DB Regio. Analysen sollen dann helfen, Angebote passgenau auf die regionalen Bedürfnisse zuzuschneiden und so ein dichteres ÖPNV-Angebot Wirklichkeit werden zu lassen.