In geselliger Runde wird gerne ein Schlückchen getrunken und mit „Prost“, „Zum Wohl“ oder einem anderen Trinkspruch angestoßen. Das ist nicht nur bei uns so, sondern auch in anderen Ländern. Ein paar Beispiele.
Eine Verabredung zu einem gemeinsamen Schluck, egal ob in einer gemütlichen Kaffeerunde, beim Teestündchen oder bei Prozenthaltigem, schließt immer die Aussicht auf Geselligkeit, Miteinander, Reden, Zuhören und Austausch ein. Gesprochen wird über Gott und die Welt: Sorgen mit der Familie, der Arbeit, Gesundheit oder mit Ämtern. Der oder die eine setzt sich dabei ordentlich in Szene, andere hoffen auf Aufbauendes.
Und da schon die alten Griechen den Gerstentrunk zur Medizin erklärt hatten und auch die Heilerin Hildegard von Bingen bei etlichen Zipperlein empfahl: „Man trinke Bier!“, trifft man sich in unseren Breiten gern auf ein kühles Blondes. Daran mangelt es in Deutschland nirgends, schon gar nicht im Saarland. Neben Karlsberg oder Bruch brauen viele kleine Brauereien süffiges regionales Bier. Natürlich auch alkoholfreies! Kein Wunder also, dass statistisch gesehen jede und jeder im Saarland wöchentlich etwa zwei Liter Bier konsumiert.
Wer mehr Freude und Geschmack an Prickelndem, einem Wein oder Hochprozentigem hat, kommt natürlich auch nicht zu kurz und muss dafür nicht mal über die Grenze nach Frankreich fahren. An der Saar und an der Obermosel wachsen mehrere prämierte Riesling-Sorten, die zu den besten Deutschlands gehören. Einige saarländische Spirituosenhersteller haben sich mit Gin, Whiskey oder Edelbränden einen Namen gemacht. Auch der beliebte Viez aus heimischen Äpfeln, aber mit deutlich weniger Umdrehungen, wird allenthalben gepriesen.
Die Auswahl ist also groß, und mit einem wohlgemeinten Wort oder Spruch schmeckt der erste Schluck gleich noch mal so gut. Je nach Laune und Zusammensetzung der Trinkrunde wird wohl ein Broschd, Prost, zum Wohl, Hau’ weg, Cheers, auf Dich/Euch, mach’s gut oder dergleichen mehr zu hören sein. Wobei man sich tief in die Augen schaut. Solche harmlosen Rituale lassen wenig Spielraum für eventuelle Peinlichkeiten. Ganz im Gegensatz zu den zahlreichen Fettnäpfchen, die in etlichen Ländern nur darauf warten, betreten zu werden. Deshalb stellt sich jedem Reisenden die Frage: Was wird anderswo getrunken – und wie verhält man sich am besten dabei?
In vielen Ländern stößt man, trotz der allseits bekannten durch Alkohol verursachten gesundheitlichen Risiken, auf die Gesundheit an; in Asien eher auf den Erfolg. In skandinavischen Ländern ist das Wort „Skål“ für Prost durchaus wörtlich zu nehmen, denn es bedeutet „Schüssel“ und bezieht sich auf ein altertümliches Trinkgefäß.
Auf Griechisch sagen wir „Yamas“, das wissen wir dank der mit Vokabeln bedruckten Servietten in griechischen Restaurants und Tavernen. Genauso eignet sich „Eviva“ – „Auf das Leben“, wenn wir uns mit dem immer besser werdenden griechischen Wein, dem herz- beziehungsweise harzhaften Retsina oder einem Ouzo zuprosten. Nach einer alten Sitte wird vor dem Trinken mit den Schnapsgläsern auf den Tisch geklopft.
„Die Welt im Glas“ als gedruckter Helfer
Im Weinland Frankreich bekommen wir „Santé“ beim Erheben des Glases, in dem auch Pastis, Cidre oder Calvados funkeln dürfen, gerade noch so hin. Und der Engländer sagt tatsächlich vor seinem Feierabendbier, meist ein obergäriges Ale, Stout, Traditional Bitter oder Porter, im Pub „Cheers“.
Wer jemals auf Mallorca, den Kanaren oder dem spanischen Festland war, wird nie wieder vergessen, dass dem ersten Schluck Wein oder Sangria ein herzhaftes „Salud“ (Gesundheit) vorangeht oder die Weltgewandten mit „Arriba, abajo, al centro, adentro“ – nach oben, nach unten, in die Mitte und rein damit – brillieren.
Aber was ist mit unbekannteren Ländern und deren Sitten? Seit einigen Jahren etabliert sich beispielsweise Albanien mit Bergen, Seen, alten Dörfern und Wanderpfaden, der Adria mit Traumstränden ganz ohne Touristenmassen, mit traditioneller Balkan-Küche und köstlichen Weinen als empfehlenswertes Urlaubsland. Die antike Ruinenstadt Butrint mit Blick auf das nahe Korfu gehört sogar zum Weltkulturerbe. Was will man mehr? Höchstens noch wissen, mit welchen Worten angestoßen wird. In Albanien genießt die Mehrzahl der Einheimischen Tee und das Joghurtgetränk Dhallë, doch kommt ein „Konjak“ oder Wein dazu, heißt es „Gëzuar“, ausgesprochen als Gösur, was so viel wie Prost oder erfreut heißt.
Obwohl wir dank Janosch wissen „Oh, wie schön ist Panama“, zieht es zugegebenermaßen nicht allzu viele von uns in dieses Land. Trinkgewohnheiten kamen im genannten Buch nicht vor, darum ist es durchaus interessant zu erfahren, dass dort neben diversen frischen Fruchtsäften viel Bier und einheimischer Rum getrunken werden. Und das ganz ohne Trinkspruch.
Diese gesammelten Erkenntnisse und noch etliche weitere – es gibt doch Bier auf Hawaii, und zwar jede Menge! – haben wir Christopher Stark zu verdanken, der an seiner Dissertation im Fach Geografie schreibt und mit seinem Blick für weltumspannende Themen und kulturelle Unterschiede wohl auch links und rechts des Wegs den Leuten ins Glas geschaut hat. Herausgekommen ist ein Handbuch zu den gebräuchlichsten – auch alkoholfreien – Getränken, den dazugehörigen Ritualen und Trinksprüchen aus aller Welt. Ehe nach Kontinenten geordnet die einzelnen Länder in alphabetischer Reihenfolge auf Flüssiges untersucht werden, beleuchtet der Autor zahlreiche kulturelle Hintergründe der Trinkbräuche und -sitten, denn sie spiegeln die Werte und Eigenheiten der jeweiligen Kulturen wider.
Viele Regeln sind global gültig. Fast überall ist es unhöflich, ein angebotenes Getränk abzulehnen. In einigen Ländern sollte sich der Gast verpflichtet sehen, den Toast des Gastgebers auf jeden Fall zu erwidern.
„Die Welt im Glas“ ist ein gedruckter Helfer für Urlauber, Welt- und Geschäftsreisende, ein Atlas der Trinkkultur und des Pro-Kopf-Verbrauchs, versehen mit den nötigen Vokabeln und deren Aussprache, um möglichst unfallfrei anstoßen zu können. Wobei der Pro-Kopf-Verbrauch ein Gradmesser dafür ist, in welchen Ländern man besonders trinkfest sein sollte. Sonst muss man am Ende der Reise wie der Schauspieler Heinz Rühmann konstatieren: „Schon manche Gesundheit ist dadurch ruiniert worden, dass man auf die Gesundheit anderer getrunken hat.“
Andererseits heißt es aber auch in der umfangreichen Trinkerprosa: „Solange es der Seele guttut, kann’s der Leber nicht schaden!“ Selbst Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, meinte gar: „Bier ist der überzeugendste Beweis dafür, dass Gott den Menschen glücklich sehen will.“ Na, denn: Zum Wohl!