Zwischen den Saarbrücker Ortsteilen Bübingen und Fechingen, auf dem Gelände eines ehemaligen Kalksteinbruchs, liegt das Naturschutzgebiet Birzberg. Hier sind nicht nur zahlreiche Orchideen heimisch, sondern auch beispielsweise Gottesanbeterinnen und Wildkatzen.
Kennen Sie den Ort, wo der Thymian blüht und die Schmetterlinge flattern? Was jetzt ein bisschen schwülstig wie ein Schlagertext klingt, ist nichts weiter als eine Beschreibung des Naturschutzgebiets Birzberg, das zwischen den Saarbrücker Ortsteilen Bübingen und Fechingen liegt. Man könnte auch sagen: Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah! Denn das Gelände des ehemaligen Kalksteinbruchs bietet eine spektakuläre Fauna und Flora, wie man sie wohl nicht vor den Toren der Landeshauptstadt vermuten würde.
Das fängt schon allein damit an, dass hier zahlreiche Orchideen heimisch sind: Vom Helmknabenkraut über verschiedene Ragwurz-Arten geht es bis zur Mücken-Händelwurz. Jemand, der sich darum kümmert, dass das auch so bleibt, ist Axel Hagedorn. Der 77-Jährige ist Vorsitzender des Nabu Fechingen-Kleinblittersdorf und ehrenamtlicher Naturwart der Schutzgebiete in Brebach-Fechingen. Den Birzberg kennt er seit Kindheitstagen. „Bis Anfang der 60er-Jahre wurde hier Kalk abgebaut, danach wurde das Gebiet sich selbst überlassen. Es hat sich dann eine schöne Fauna und Flora entwickelt.“ Hagedorn erinnert sich noch an den Knall der Sprengungen, die bei ihm zuhause die Fensterscheiben wackeln ließen.
Hohe Wände aus Kalkstein
Heute lassen sich noch die circa zehn Meter hohen Wände aus Kalkstein bewundern, die dem Gebiet ein geradezu exotisches Flair verpassen. Der Kalk wurde über Gleise zu einer Sesselbahn ins Kalkwerk nach Bübingen gebracht – gebraucht wurde er bei der Stahlerzeugung in der Burbacher und Völklinger Hütte. Vom alten Lokschuppen auf dem Birzberg sind noch Gebäudeteile zu erahnen. Er steht allerdings nicht auf einer Freifläche, sondern völlig zugewuchert in einem Wäldchen. Zwischenzeitlich gab es Pläne, den Steinbruch mit Bauschutt zu verfüllen – zum Glück wurden diese nur zum Teil realisiert. Das Gelände habe dem Bauunternehmen Peter Groß gehört, erzählt Hagedorn. In den 80er-Jahren sei es eine Deponie mit Wärterhäuschen gewesen, da konnte jedermann für ein Entgelt seinen Schutt abladen. In den 90er-Jahren wurde der Birzberg dann aber unter Schutz gestellt.
Sich selbst überlassen kann man ihn allerdings nicht mehr, sonst wäre es schnell vorbei mit dem Artenreichtum. „Wichtig ist bei Schutzgebieten eine bestimmte Biotoppflege, sonst verbuscht alles“, meint Hagedorn. Sprich: Hier müssen gerade die Flächen, auf denen die Orchideen wachsen, regelmäßig gemäht werden. Gegen Büsche und anderes Gehölz hätten sie keine Chance. Jetzt im August sind die schön anzuschauenden Blumen schon verblüht. Dafür zeigen sich andere Pflanzen wie der Majoran in voller Blütenpracht und ziehen die Schmetterlinge an. Während unseres Spaziergangs zeigen sich unter anderem einige Bläulinge und ein Admiral. Nicht selten treffe man auch Gottesanbeterinnen an, erzählt Hagedorn. Sogar die Wildkatze ist hier nachgewiesen worden – zu sehen sind die scheuen Tiere nicht. Dafür sitzen Blauflügelige Ödlandschrecken direkt am Weg. Was gut so ist, denn sonst würde man ihnen nicht begegnen. Denn die Wege zu verlassen ist im Naturschutzgebiet extrem tabu. Schließlich ist ganz schnell mal eine seltene Pflanzenart kaputtgetrampelt.
Nicht alle halten sich an diese Vorgabe. So muss Hagedorn einen Hundebesitzer darauf hinweisen, dass er gerade eine Ordnungswidrigkeit begeht, weil er auf einem Trampelpfad unterwegs ist. Einige Hinweisschilder weisen zwar auf diesen Umstand hin – zu Herzen nehmen sich das aber einige Spaziergänger leider nicht. Für Hagedorn ist das katastrophal: „Da geht manchmal in ein paar Stunden kaputt, was man über Jahre aufgebaut hat.“
Die Wege darf man nicht verlassen
Dabei ist der Birzberg auch dann, wenn man auf den Wegen bleibt, ein großartiger Ort für denjenigen, der ein Auge für die Artenvielfalt und die Schönheit der Natur besitzt. Wer Glück hat, begegnet einer Schlingnatter, die sich morgens in der Sonne aufwärmt. Wie alle heimischen Schlangenarten ist sie völlig harmlos. Eine andere Besonderheit des Naturschutzgebiets ist das Vorkommen der seltenen Gelbbauchunke. Hagedorn selbst hat etwas nachgeholfen, dass es diesen seltenen Froschlurch hier gibt. Denn einst rettete er einige Unken-Exemplare aus einem Industriegebiet in Rouhling, bevor dort die Tümpel verfüllt wurden. Auf dem Birzberg kommen sie an verschiedenen Stellen vor, je nachdem, wo sich gerade Wasser befindet. Die Unken bevorzugen nämlich temporäre Gewässer mit wenig Pflanzenwuchs – so entgehen die Kaulquappen den Fressfeinden am besten. Hagedorn züchtet die Amphibien im heimischen Garten in Fechingen und kann in mageren Jahren der Population auf dem Birzberg etwas nachhelfen. Im Saarland gibt es die Art nur noch als Inselvorkommen.
Ganz am Rande des Naturschutzgebiets befindet sich eine mit Wasser gefüllte Wagenspur – und tatsächlich sitzen dort die von oben unscheinbaren Unken. Auf den Rücken gedreht offenbaren sie ihre gelbschwarze Zeichnung, ähnlich der des Feuersalamanders. Sie soll Fressfeinde wie die Ringelnatter abschrecken. Abends hört man das „Uh Uh Uh“, die sprichwörtlichen Unkenrufe, die der Balz dienen. Vom Rand des Naturschutzgebietes geht es zurück zu Hagedorns Auto. Er macht aufmerksam auf eine Schraube wie von einer Eisenbahnschwelle, die mitten auf den Weg ragt. Die sei schon mal von Besuchern bemängelt worden, weil man darüber stolpern könne. Für Hagedorn ist sie mehr ein Überbleibsel davon, dass hier einst die Industrie das Sagen hatte. Der Naturwart bietet übrigens Führungen über den Birzberg an.