Landwirte, Wanderer, Waldbesitzer: Die Saarlandnutzer sind ein Zusammenschluss von Verbänden, die in irgendeiner Form Land nutzen. Gemeinsam wollen sie für Naturnutzung und mehr Verständnis und Respekt werben. In der Gesellschaft und untereinander.
Weil das eine nicht ohne das andere geht: „Naturnutzung und Naturschutz sind die beiden Seiten derselben Medaille“, sagt Michael Klein. „Das wollen wir unter Beweis stellen und wieder ins Gedächtnis rufen.“ „Wir“, das sind „die Saarlandnutzer“, denen Klein vorsteht. Gegründet wurde der Zusammenschluss aus mittlerweile neun unterschiedlichen Verbänden, die auf irgendeine Art Land nutzen, im Jahr 2017. „Uns Landnutzern ging es – etwas salopp gesagt – auf die Nerven, dass wir uns für jeden Handschlag, den wir tun müssen, gegenüber der Allgemeinheit rechtfertigen müssen“, erzählt Klein. „Landnutzung war nicht immer en vogue. Und da haben wir uns gesagt, wir müssen jetzt endlich mal den Versuch unternehmen, die Landnutzung wieder in die Köpfe der Allgemeinheit reinzubringen. Dass Landnutzung nichts Unanständiges ist, sondern letztendlich das ist, was wir seit Hunderten von Jahren schon machen.“ Eine Mission, die nur gemeinsam gelingen kann, ist er überzeugt: „Wenn wir der Landnutzung eine Stimme geben wollen, dann geht das nach dem Motto ‚Masse macht Mut‘.“
Und diese „Masse“ ist erheblich größer, als manch einer im ersten Moment vielleicht denken mag: Bauern, Förster, Privatwaldbesitzer, Fischer, (Hobby-)Gärtner und ganz frisch auch Wanderer sind bei den Saarlandnutzern vertreten. „Landnutzung besteht nicht nur aus Erde umpflügen, Kühe weiden lassen, Holznutzung oder Jagen. Die Wanderer beispielsweise brauchen die Natur als Kulisse, um ihrem Hobby nachzugehen“, erklärt Klein.
Voneinander lernen
1907 wurde der Saarwald-Verein gegründet, der mit seinen rund 4.000 Mitgliedern nun auch Teil der Saarlandnutzer ist. „Das ist vielleicht gar nicht so bekannt“, so Landesvorsitzender Dr. Jürgen Barth, „aber wir sind nicht nur ein Wander-, sondern insbesondere auch ein Naturschutzverband.“ Barth ist zertifizierter Wanderführer, hat also eine Wanderführerausbildung absolviert, die ihn optimal auf die Gegebenheiten in Wäldern vorbereitet – und auf die Pflichten, die Wanderer haben. „Was man in seinem Rucksack hat, das nimmt man auch wieder so mit nach Hause. Nichts wird in der Natur zurückgelassen. Es ist essenziell, dass solche Dinge den Leuten vermittelt werden“, sagt er. Dieses Zusammenspiel zwischen Wanderern und Wald und somit auch den Waldbesitzern sei von Respekt geprägt. Doch dafür muss man auch wissen, was der jeweils andere sich wünscht. „Verständnis kann man nur entwickeln, wenn man von dem anderen weiß und mit ihm kommuniziert“, so Barth.
Voneinander lernen, das wollen auch andere Landnutzer – zum Beispiel die Landwirte. Alexander Welsch ist seit drei Jahren Hauptgeschäftsführer beim Bauernverband. „Ich vertrete dort rund 1.000 landwirtschaftliche Betriebe im Saarland“, erzählt er. „Wir setzen uns dafür ein, dass die Bedingungen im Saarland so sind und auch so bleiben, dass man auch morgen noch Landwirtschaft betreiben möchte, kann und darf.“ Großes Thema hierbei sind Regularien der EU- und Bundesebene. „In Deutschland reguliert man gerne. Das große Ganze gerät dabei aber oftmals aus dem Blick“, so Welsch. Teilweise werde es den Landwirten dabei so schwer gemacht, „dass man tatsächlich überlegt, den Beruf an den Nagel zu hängen“. „Und der Betrieb, der einmal zu ist, wird auch nicht wieder öffnen“, mahnt er.
Probleme, die auch Anna von Schwind nur zu gut kennt. Seit Oktober 2023 ist sie Vorsitzende des saarländischen Waldbesitzerverbandes. „Die Grundidee, warum eine Regelung in Kraft gesetzt wird, ist ja vielleicht eine gute, aber oft werden die Nachteile nicht mitgedacht“, mahnt von Schwind. Das betreffe unter anderem das Lieferkettengesetz, das nicht nur für Waldbesitzer zu einer weiteren bürokratischen Herausforderung in der Arbeit führt. Auch darauf wollen die Saarlandnutzer aufmerksam machen. Doch nicht nur bei Politikern, auch bei den Bürgern wollen sie um Verständnis werben: „Das Thema Heizen mit Holz wird beispielsweise oft diskutiert“, so Michael Klein, der auch selbst ein Stück Wald sein eigen nennen kann. „Ja, dadurch wird CO2 freigesetzt, das vorher in den Bäumen gespeichert wurde. Deswegen gehen manche so weit und sagen, man soll den Wald gar nicht mehr wirtschaftlich nutzen und ihn immer vorratsreicher werden lassen.“ Davon hält Klein wenig: „Das hat aber nur zur Folge, dass der Wald irgendwann überbevorratet ist und ‚aus allen Nähten platzt‘. Die Bäume sterben, kippen um und verfaulen. Und beim Verfaulen wird genauso viel Kohlendioxid freigesetzt wie beim Verbrennen. Wir bauen den Wald aber auch nicht an, nur um Brennholz zu produzieren. Das ist ein Abfallprodukt, wenn man so will. Das Hauptprodukt ist immer noch die sogenannte stoffliche Verwertung.“ Also die Fertigung von Holzware wie Möbel, Gebälk und Ähnlichem. „Dabei bleibt das CO2 im Übrigen weiterhin im Holz gebunden“, so Klein.
Heizen mit Holz in der Kritik
Doch immer mehr werde aus Plastik hergestellt, weiß auch von Schwind. „Es wird immer weniger Mobiliar aus Holz hergestellt. Hier wollen wir auch noch einmal dafür sensibilisieren, dass Produkte aus regionalem Holz sinnvoll sind.“ Heutzutage seien viele junge Leute „Theoretiker“, sagt von Schwind. „Sie lesen und interessieren sich für das Thema, aber ihnen fehlt die Erfahrung. Viel gefährlicher als Nichtwissen ist Halbwissen. Viele wollen etwas für die Umwelt tun, wissen aber nicht, dass wir als Land- oder Forstwirte genau das seit Jahrzehnten tun.“ Zum Beispiel durch langfristige CO2-Bindung. „Natürlich sind diese kleinen, regionalen Kreisläufe nicht immer möglich“, mahnt Klein, „aber wir versuchen damit einen optimalen ökologischen Fußabdruck zu schaffen. Das ist unser Credo und in Zeiten des Klimawandels wird das umso wichtiger.“
Doch für diesen gemeinsamen Auftrag brauche es insbesondere eins: Respekt. „Zu diesem Respekt gehört auch, dass man an einem Samstag mal Güllegeruch vom Feld oder beim Spazieren mal einen gesperrten Weg hinnehmen muss, weil dort gerade gefällt wird“, so Klein. „Viele Landnutzer stoßen da immer wieder auf Unverständnis.“ Dieses Unverständnis ist vielfältig – und oftmals durch Unwissenheit bedingt: „Es gibt zum Beispiel Mountainbikefahrer, die gerne unkontrolliert abseits der Wege fahren. Nun muss man wissen, dass es sogenannte Ruhezonen für Tiere gibt. Das ist ein Areal, indem beispielsweise ein Jäger nicht jagen soll“, nennt von Schwind als Beispiel. „Wenn nun ein Mountainbiker durch eine solche Ruhezone fährt, weil er vielleicht auch gar nicht weiß, dass es eine Ruhezone ist, dann wird das Wild verängstigt und flüchtet. Da muss jeder lernen, ein Stück über den Tellerrand zu schauen und zu überlegen, welche Wirkung eine Aktion haben kann.“
Die Gesellschaft aufklären
So schön Wälder, Felder und Co. auch sind – im Kopf sollte man immer behalten, dass es auch Wirtschaftsbetriebe sind. „Wir brauchen unsere Arbeitsräume“, sagt auch Alexander Welsch. „Das ist das Thema Nutzungskonkurrenz. Ja, viele Wege sind inzwischen als Rad- und Wanderwege ausgewiesen, aber der ursprüngliche Sinn und Zweck ist deswegen nicht aufgehoben worden. Wenn mehrere Personen den gleichen Weg nutzen, müssen sie irgendwie aneinander vorbeikommen. Und das fällt vielen unwahrscheinlich schwer.“ Aber es geht. Da sind die Saarlandnutzer überzeugt. „Wichtig ist es, gegenseitig aufeinander Rücksicht zu nehmen. Ich erfahre beispielsweise über den Verband die Bedürfnisse der Waldbesitzer, der Jäger. Das sind alles Dinge, die ich dann an meine Wandergruppen weitergeben kann“, sieht Jürgen Barth auch sich selbst in der Vermittlerrolle. Daher sei es auch wichtig, Wanderführer besser und flächendeckend auszubilden.
Aber nicht jeder Naturliebhaber ist in einem Verband organisiert. „Meine Hauptaufgabe ist es daher, unsere Anliegen an die Gesellschaft zu transportieren“, sagt Klein. „Aber es ist unheimlich schwer, das Interesse zu wecken. Eigentlich müsste das ein Thema sein, das alle bewegt – tut es aber nicht.“ Eine Erklärung dafür habe er nicht. „Ich dachte eigentlich, dass zu Zeiten von Klimawandel und Corona gerade das Thema kleine Kreisläufe wieder an Bedeutung gewinnt, aber die ersten Sonderangebote im Supermarkt und zack, sind die guten Vorsätze wieder vergessen“, beklagt er. „Am Ende können wir nur immer wieder unsere Botschaft wiederholen: Naturschutz und Naturnutzung, das geht nur miteinander.“ Das unterstreicht auch Alexander Welsch: „Die Gesellschaft profitiert unterm Strich von unserer Arbeit. Es gibt regionale Produkte, Wertschöpfung und Arbeitsplätze, die hier entstehen – und dazu eine wunderschöne Kulturlandschaft, die wir alle wiederum in der Freizeit nutzen können.“
Und so bleibt der Slogan der ambitionierten Landnutzer weit mehr als nur einfache Worte auf Papier, wenn es heißt: „Landbewirtschaftung ist nicht das Problem, sondern die Lösung.“