Transfersperre, Inkonstanz und Trainerwechsel beim 1. FC Köln, Trainerwechsel und Inkonstanz beim HSV – und trotzdem spielen beide im nächsten Jahr in der Bundesliga.

Zwei große Namen des deutschen Fußballs kehren zurück ins Oberhaus: Der 1. FC Köln und der Hamburger SV haben eine Saison hinter sich, die unterschiedlicher kaum hätte verlaufen können – und doch mit demselben Ziel endete: dem Aufstieg in die Bundesliga. Dabei mussten beide Clubs nicht nur sportliche Hürden nehmen, sondern auch interne Zweifel, Fan-Ängste und strukturelle Probleme überwinden. Die Wege der Traditionsvereine waren von Krisen, Wendepunkten – und mutigen Entscheidungen geprägt. Als der 1. FC Köln in der letzten Bundesligasaison sang- und klanglos abstieg, drohte mehr als nur ein sportlicher Dämpfer. Mit einer Transfersperre im Gepäck und einem massiv geschwächten Kader schien selbst der Worst Case eines Abstiegs in die dritte Liga nicht ausgeschlossen. „Wir müssen aufpassen, dass es nicht direkt in Liga drei geht“, war in Fanforen zu lesen – eine Angst, die nicht unbegründet war.
Christian Keller, damals Sport-Geschäftsführer, und der neu verpflichtete Trainer Gerhard Struber standen vor einer nahezu unmöglichen Aufgabe: einen konkurrenzfähigen Kader ohne neue Spieler aufzubauen. Der Fokus lag deshalb auf Leih-Rückkehrern, Talenten aus der Jugend und dem Versuch, Leistungsträger wie Eric Martel zu halten. „Mir war sehr schnell klar, dass ich die Enttäuschung aus der vergangenen Saison in der neuen Spielzeit wiedergutmachen möchte“, bekannte Martel zu Saisonbeginn. Mit einem ungewöhnlich jungen Team – siebenmal lag das Durchschnittsalter der Startelf unter 24 Jahren – und gestandenen Kräften wie Florian Kainz, Luca Waldschmidt oder Linton Maina tastete sich der FC in die Saison. Der Anfang war wild, torreich, aber wenig konstant. Spiele entwickelten sich zu Spektakeln, doch die Punkteausbeute blieb hinter dem Potenzial zurück. Insbesondere in den Pokalspielen gegen Bundesligisten wie Leverkusen zeigte sich jedoch, was in dieser Mannschaft steckte. Auch wenn der Verein offiziell nicht den direkten, sondern den „schnellstmöglichen Wiederaufstieg“ ausgab, wurde rasch klar: Dieses Team konnte mithalten – wenn es sich stabilisierte.
Köln zog spät die Reißleine
Ein Herbsttief, begleitet von lautstarken „Keller raus“-Rufen, ließ alte Sorgen zurückkehren. Struber reagierte konsequent: Er stellte das System auf eine Dreierkette um, zog Marvin Schwäbe wieder ins Tor zurück – und krempelte den Spielstil um. Aus dem „Hurrafußball“ des Saisonbeginns wurde pragmatische Stabilität. Die Folge: neun Spiele ohne Niederlage, defensive Souveränität und eine Rückkehr an die Tabellenspitze. Doch Köln wäre nicht Köln ohne das Drama: In der Rückrunde ging offensiv fast nichts mehr. Nur 15 Tore in 15 Spielen bis zum 32. Spieltag – trotz Wintertransfers wie Imad Rondić, die kaum Impulse setzten. Neben Rondić wirkten auch die anderen Wintertransfers eher bieder. Joël Schmied zeigte nur bedingt gute Ansätze, saß gegen Saisonende vor allem auf der Bank. Einzig Jusuf Gazibegović konnte nach etwas Anlaufzeit etwas mehr überzeugen, wurde allerdings zwischenzeitlich gesundheitlich ausgebremst. Nachwuchshoffnungen wie Tim Lemperle oder Damion Downs trafen seltener oder fielen verletzt aus. Jan Thielmann mahnte im März nach einem knappen Sieg gegen Darmstadt: „Wir müssen anfangen, besseren Fußball zu spielen.“ Als der direkte Aufstieg wieder zu wackeln begann, zog der Club erneut die Reißleine – diesmal an der Spitze: Geschäftsführer Keller wurde entlassen, ebenso Trainer Struber. Zwei Spieltage vor Schluss kehrte ein alter Bekannter zurück: Friedhelm Funkel. Mit 71 Jahren wurde er zur letzten Hoffnung, zum „heiligen Friedhelm“, wie Fans auf Plakaten titelten.

„Fußball ist nach wie vor einfach. Ich versuche Klarheit in die Aktionen zu bekommen“, erklärte Funkel bescheiden. Was er in wenigen Tagen bewirkte, war bemerkenswert: Zwei souveräne Siege gegen Nürnberg und Kaiserslautern machten den direkten Wiederaufstieg perfekt. „Ich fühle mich fit, und es spricht nichts dagegen“, ließ der erfahrene Trainer mit Blick auf eine mögliche Zukunft beim FC verlauten. Auch wenn offen bleibt, ob Funkel den Verein in der Bundesliga weiter führen wird, steht fest: Ohne ihn wäre dieses Happy End wohl kaum zustande gekommen. Kölns Rückkehr ins Oberhaus war eine Geschichte über Mut, Wandel – und das richtige Timing.
Was beim 1. FC Köln einige Monate dauerte, war beim HSV eine Sache von Jahren – sieben, um genau zu sein. Der Abstieg 2018 war ein Schock für die Hansestadt. Sechs Trainer, vier verpasste Aufstiege als Tabellenvierter, zwei gescheiterte Relegationen – der Weg zurück in die Bundesliga war ein Martyrium. Erst in dieser Saison, mit dem 34-jährigen Merlin Polzin an der Seitenlinie, gelang der Durchbruch. Zuvor war Polzin jahrelang Co-Trainer – unter anderem unter Daniel Thioune, Tim Walter und zuletzt Steffen Baumgart. Als der HSV sich im Winter von Baumgart trennte, beförderte Sportvorstand Stefan Kuntz ihn erst interimsmäßig, dann kurz vor Weihnachten dauerhaft zum Cheftrainer. Ein mutiger Schritt – aber einer, der sich auszahlen sollte. Polzin stabilisierte die Mannschaft.
HSV will mit Demut in die Bundesliga
Zehn Spiele lang blieb der HSV ungeschlagen, kassierte keine Niederlage. Erst zum Saisonende wurde es nochmals kritisch: Drei Spiele, nur ein Punkt – die Zweifel kehrten zurück. Doch Hamburg schüttelte sie ab, bewahrte die Nerven. Die letzten Partien wurden zu Festtagen.

Nach dem entscheidenden Aufstiegsspiel verwandelte sich der Volkspark in ein Tollhaus. 57.000 Fans feierten ihre Helden – Robert Glatzel, Ludovit Reis, Miro Muheim. Selbst der gesperrte Mario Vuskovic mischte sich unter die jubelnde Menge: „Ich bin glücklich – nur der HSV“, rief er ins Mikrofon von Sky. Die Rückkehr war perfekt – und wurde zur Stadtfeier. Hamburgs Bürgermeister zeigte sich im Trikot, ehemalige Stars wie Ivica Olić, Dennis Aogo oder Heiko Westermann gratulierten. Cheftrainer Polzin konnte den Moment kaum fassen. „Nicht in Worte zu fassen. Es hat sich verdammt lange was angestaut. Wir sind zurück!“, sagte er nach dem Spiel – sichtlich bewegt. Auf der großen Fanparty mit Zehntausenden bezeichnete er den Verein als „neuen HSV: Mit maximalem Anspruch, der nötigen Demut und dem Respekt vor der Aufgabe.“ Und ergänzte mit leiser Stimme: „Vor 60.000 Menschen ein Spiel zu coachen ist einfacher für mich als der Moment jetzt.“
Sein Vertrag verlängerte sich automatisch – eine logische Konsequenz der erfolgreichen Arbeit. Polzin, einst als Notlösung gesehen, wurde zur Symbolfigur eines Hamburger Aufbruchs, der nach jahrelanger Unruhe endlich von sportlichem Erfolg getragen wurde. Seine Geschichte ist auch ein Beleg dafür, dass Vertrauen, Identifikation und langfristige Arbeit im Fußball wieder mehr zählen dürfen. So unterschiedlich die Wege auch waren: Köln und Hamburg eint mehr als nur der Aufstieg. Beide Vereine standen am Scheideweg, beide setzten auf Trainer mit starker Persönlichkeit – der eine erfahren, der andere aufstrebend. Beide vertrauten in entscheidenden Momenten auf sich selbst, auf ihre Identität, auf die Kraft ihrer Fans. Und beide belohnten sich mit einem Happy End, das keineswegs selbstverständlich war. In der kommenden Saison wartet auf beide Clubs eine neue Realität: Die Rückkehr in die Bundesliga ist kein Selbstzweck, sondern ein Versprechen. An ihre Fans. An ihre Geschichte. Und an ihre Zukunft.