Glitzernde Skyline, architektonische Kunstwerke, Shopping-Vergnügen in exklusiven Malls oder modernen Souks. Abu Dhabi verbindet Kreativität, exotische Atmosphäre, atemberaubende Bauwerke und grüne Pracht. In der Nähe der Stadt: ein Mangrovendschungel und ein Mangrovenpark.
Plötzlich sind sie da, reihen sich wie eine Fata Morgana aneinander. Und das nach 30 Minuten Autofahrt aus der Stadt. Mangroven, Tamarisken und Palmen säumen die Wege und schützen die kleinen Salzseen und Wasserbecken. Und doch ist alles real. Auf der Suche nach einem Leckerbissen staksen vorsichtig rosa Flamingoküken im niedrigen Wasser entlang. Zwischen den langen dünnen Beinen der ausgewachsenen Flamingos entdecken sie die Welt des Wathba Wetland Parks. Tausende Jungtiere sind in den vergangenen Tagen aus den Eiern geschlüpft. Sie erleben wie ihre Eltern, dass ihnen die Flamingo-Lagune Schutz vor großen Wildtieren bietet. Denn in der freien Natur können jederzeit aus heiterem Himmel gefährliche Tiere auftauchen. Ein Team achtet auf die strengen Naturschutzauflagen. Sie sichern die Nester und passen auf die Jungen auf, damit sie nicht wegrennen.
Im Sommer schon mal über 50 Grad
Wer ihnen außerdem zuschaut, wenn sie winzige Krebse und Insektenlarven suchen, um ihren Durst und Hunger zu stillen? Die Besucher aus dem Fenster der hölzernen Aussichtsplattform, die von den Engländern gebaut wurde. Als ob sie wüssten, wo es am schönsten ist, kommen jährlich Tausende Vögel aus Zentralasien in das Reservat, um den warmen Winter zu genießen, wobei mehr als 4.000 ein ganzes Jahr bleiben.
Auf ausgewiesenen Wanderwegen geht es im Zickzackkurs durch den Mangroven-Park an natürlichen und künstlichen Gewässern, Salzseen und versteinerten Sanddünen vorbei, in denen viele Tiere wohnen und seltene Pflanzen wachsen. Bambusblätter-Tunnel bieten den Besuchern kühlen Schatten. Dank des natürlichen Materials sind die Menschen für die Tiere nicht sichtbar, sodass die Flamingos sich ganz ungestört um ihren Nachwuchs kümmern können und Weißwedelkiebitze in der Nähe rund um die Seen Nester auf dem Boden bauen. Seit 2018 wurde das Reservat in die Grüne Liste der Schutzgebiete der IUCN aufgenommen.
Wo einst nur Sand war, wachsen Mangroven und Dattelpalmen, im Eastern Mangroves Nationalpark, weil der Staatsgründer Scheich Zayid bin Sultan Al Nahyan († 2. November 2004 in Abu Dhabi) sie genau dort haben wollte und Kosten keine Rolle spielten. Die Wälder sollten zu den prächtigsten in den Vereinigten Arabischen Emiraten gehören, der Umwelt zuliebe. Denn sie sollen genügend CO2 und Schmutz aus der Atmosphäre binden. Vier Millionen Dattelpalmen ließ der Scheich pflanzen und Mangroven. So wie er es sich wünschte sind große Parks entstanden und in den Oasen wurden auf mehreren Zehntausend Hektar Ackerland Tomaten, Kartoffeln und Orangen angebaut. Grünanlagen und farbenfrohe Blütenteppiche lassen vergessen, dass hier in der Wüste im Sommer über 50 Grad sind. Gärten, Rasen und Pflanzen werden künstlich bewässert. Den Anfang aber hat die Natur selbst gemacht, denn Abu Dhabi erstreckt sich entlang einer 400 Kilometer langen Küste und über mehrere natürliche Inseln. Während die dem Meer zugewandte Seite der Inseln von herrlichen Stränden gesäumt ist, wachsen auf der anderen Seite üppige Mangrovenwälder. Eine Tour mit dem Kajak und schon ist man mitten auf dem Wasser von einer grünen Landschaft umgeben, die sich direkt ans Stadtzentrum anschließt. Die Bäume sind über 15 Meter hoch und wachsen immer weiter, da sie sich im salzigen, brackigen Wasser der Gezeitengebiete wohl fühlen.
Lautlos gleitet das Kanu durch die Waldidylle. Klares Wasser und Vogelstimmen mischen sich in die Stille. Keine Spur mehr von dem Lebenstempo von Abu Dhabi-Stadt. Die hoch aufragenden Wolkenkratzer im Hintergrund zeigen sich nur schemenhaft. Mit einem Begleiter sollte man die Tour starten. Denn der weiß, wo die Flamingos sind. „Manchmal haben wir sogar Delfine beobachtet“, schwärmt der Guide des Anbieters Sea Hawk, der mehrmals täglich in den Eastern Mangroves von Abu Dhabi Touren startet. Kleine Lebewesen sind immer zu finden. Der Guide hält an einer Sandbucht, wo Rennkrabben wohnen und sich sofort verstecken, sobald die Bucht betreten wird. Manchmal fliegt kreischend ein Riffreiher auf. Im Gezeitenkalender sollte man nachschauen, wann Ebbe und wann Flut ist. Denn während der Flut schaut von vielen Sträuchern nur noch die Krone aus dem Wasser. Dann ist es für einen Besuch die beste Zeit, da der Wald auflebt. Die Vögel sind aktiver, schließlich kommt mit dem Hochwasser ein reichliches Angebot an Fischen.
Gezeiten im Auge behalten
Atemberaubend ist auch das Tempo, in dem Abu Dhabi wächst. Vor gerade mal 60 Jahren war nichts als Wüste, ein paar Hütten aus Korallen oder Palmwedeln und viel Sand. Es gab keine Kanalisation und die Häuser hatten keinen Strom, kein Krankenhaus, nicht einmal einen Arzt. Wer wissen möchte, wie die Fischer und Perlentaucher in der Vergangenheit, bevor das Öl entdeckt wurde, gelebt haben, bekommt in der nachgebauten Siedlung Heritage Village, eine Ahnung davon. Boote sind am Strand angedockt. So als würden die Besitzer gleich zum Fischfang oder zum Tauchen nach Perlen aufs offene Meer fahren. Gearbeitet wird wie früher. In der Werkstatt hämmert ein Schmied am Schwert. Frauen besticken Kleidungsstücke aus Leinen mit Goldfäden, Bändern und Perlen. Schon damals eine kunstvolle Handarbeit. Aus einer fast leeren Wüste ein Reiseziel von Weltrang zu schaffen ist ebenfalls Kunst. Grandios ist die Scheich-Zayid-Moschee. Ihre weißen Marmor Kuppeln und Minarette ragen in die Höhe. Das Sakralbauwerk bietet Platz für 40.000 Gläubige. Die Besucher bewundern die kostbaren bunten und schweren Kronleuchter, an denen grüne, rote, gelbe und weiße Swarovski-Kristalltropfen glitzern, und den größten handgeknüpften Teppich der Welt. 1.200 Weberinnen haben in 18 Monaten 38 Tonnen Wolle verknüpft. Farbenfrohe Motive von Blumengirlanden schlängeln sich auf den Böden und an den Wänden entlang. Ein Kaleidoskop von islamisch architektonischen Designs, das sich zu einer Einheit formt.