Hertha BSC siegt beim bis dahin ungeschlagenen Karlsruher SC. Gegen den 1. FC Köln wollen sie nun auch die Heimbilanz verbessern.
Mit beeindruckenden Choreographien und gemeinsamen Sprechchören begingen die befreundeten Fanlager des Karlsruher SC und Hertha BSC vergangenen Sonnabend im ausverkauften Wildpark ihr Aufeinandertreffen. Anders als noch vor sechs Monaten sollten am Ende aber die Berliner die Oberhand behalten – und wurden so zum „Partycrasher“, denn der KSC feierte bei diesem Spiel auch seinen 130. Vereinsgeburtstag und lief dafür sogar eigens in Sondertrikots auf. Doch es nutzte nichts, beim 1:3 gab es die erste Saisonniederlage – und das durchaus verdient, denn der Gast von der Spree zeigte einmal mehr in dieser Spielzeit sein „Auswärtsgesicht“. In der Fremde hat das Team von Trainer Cristian Fiel jedenfalls 2024/25 nun bereits aus fünf Partien elf Punkte erzielt (zu Hause nur sechs aus ebenfalls fünf Begegnungen). Hertha BSC startete dominant und Ibrahim Maza traf nach nicht einmal zehn Minuten zur Führung– der an diesem Nachmittag herausragende Michael Cuisance hatte vorgelegt. Allerdings beinhaltete der Treffer einen Wermutstropfen, denn Maza musste kurz darauf mit Kniebeschwerden ausgewechselt werden. Mit zunehmender Spieldauer verloren die Hauptstädter so ihre Überlegenheit – Glück hatten sie dann, als Wanitzek mit einem Foulelfmeter, den ausgerechnet der sehnlichst zurückerwartete Deyovaisio Zeefuik verursacht hatte, nur den Pfosten traf.
Zu Hause bislang nur sechs Punkte
Doch der KSC ließ sich nicht beirren und erzielte unmittelbar vor dem Pausenpfiff nach einem Kopfball von Zivzivadze doch den 1:1-Ausgleich. So durfte man gespannt sein, ob die Hausherren es auch im zweiten Durchgang forsch angehen würden – doch Hertha BSC stellte die Mannschaft, die das Kommando (erneut) übernehmen sollte. Zeefuik sorgte kurz nach Wiederbeginn etwas unorthodox mit dem Knie für die erneute Führung, wieder war Cuisance als Vorlagengeber involviert. Und als Florian Niederlechner, der diesmal das Vertrauen von Beginn an in der Sturmzentrale erhalten hatte, den Ball cool mit einem Lupfer über KSC-Keeper Weiß zum 1:3 versenkte, durfte die Alte Dame nach einer knappen Stunde Spielzeit vom Dreier in Karlsruhe mehr als nur träumen. Die im Egalisieren von Rückständen in dieser Saison besonders erfolgreichen Badener mobilisierten dann noch mal alles, doch Hertha ließ nicht viel zu – einmal musste Torwart Tjark Ernst noch bei einem Wanitzek-Schuss eingreifen, ansonsten hatten Fiels Schützlinge das Geschehen weitgehend im Griff. So darf das Team an diesem Samstagabend erneut den Angriff starten auf die Bilanz von drei Ligasiegen in Folge – diese gelangen Hertha BSC in den vergangenen acht Jahren bezeichnenderweise nur einmal. Gegner ist mit dem 1. FC Köln allerdings ein Schwergewicht der Zweiten Liga, das jedoch zuletzt mit zwei Niederlagen vorerst im grauen Mittelmaß verschwunden ist. Hertha BSC hat die Domstädter dadurch in der Tabelle überholt – und ist aktuell sogar auf drei Punkte an Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf herangerückt.
Hinsichtlich zweier eigentlich fest eingeplanter Größen in der Mannschaft gab es dabei zuletzt weiterhin nur eine Hängepartie zu vermelden: Diego Demme fiel auch in Karlsruhe aus, während die Rückkehr von Fabian Reese in die Mannschaft noch kein Thema ist – schon gar nicht, wie zwischenzeitlich spekuliert wurde, im DFB-Pokalspiel gegen den 1. FC Heidenheim am vergangenen Mittwoch (bei Redaktionsschluss nicht beendet). Die mittlerweile schon als „Demme-Drama“ („Berliner Kurier“) bezeichnete Pause des Neuzugangs nahm also eine weitere Fortsetzung– trotz grünen Lichts der Ärzte schon vor dem Braunschweig-Spiel hielten die Symptome wie Schwindel und Übelkeit unter Belastung beim 32-Jährigen an. Zum Stand der Dinge bei Reese konnte Trainer Fiel letzte Woche auch lediglich verkünden: „Was er gerade macht, ist mit dem Rehatrainer draußen in Richtung Ball zu gehen – aber das ist von Mannschaftstraining etwas weit weg, deshalb müssen wir uns gedulden.“
Territorium vor der Wahl abgesteckt?
Für Aufmerksamkeit sorgten auch zwei Personalien in der Führungsebene der Hertha BSC KGaA – wie der Verein mitteilte, wurde nämlich die Verlängerung der Verträge mit Benjamin Weber (Sportdirektor) und Andreas „Zecke“ Neuendorf (Leiter Lizenzspielerabteilung) bis 2027 vollzogen. Eine Meldung, die nicht nur bei kritischen Zeitgenossen relativ unmittelbar einen „Nachtigall, ick hör’ Dir trapsen“-Moment auslöste: denn drei Wochen vor der Mitgliederversammlung am 17. November, bei der das neue Präsidium und der Nachfolger des verstorbenen Kay Bernstein gewählt werden sollen, wurde so mit zwei Entscheidungsträgern verlängert, die zum Lager des kommissarischen Präsidenten Fabian Drescher gezählt werden dürfen. Der hat sich bekanntlich ebenfalls zur Wahl gestellt und ließ dabei bereits in ultimativer Form wissen, nur für das oberste Amt im Verein zur Verfügung zu stehen – aber nicht als einfaches Mitglied des Präsidiums. Womit der 42-Jährige sein Territorium schon mal vor der Wahl mit Nachdruck befestigt hat. Der Teil der Boulevardpresse, der dem amtierenden Interimschef kritisch gegenübersteht, hatte seine Aufmerksamkeit wiederum zuvor auffällig anderen Kandidaten gewidmet, etwa dem Autohändler Uwe Dinnebier oder dem früheren Hertha-Spieler Wolfgang Sidka. In den Kommentaren der entsprechenden Medien wurde dann auch der Zeitpunkt der Verlängerungen kritisiert. „Wir haben Strukturen geschaffen, die eine gute und stabile Basis für unsere weitere Entwicklung darstellen – uns ist wichtig, die eingeschlagene und von den Mitgliedern mitgetragene Ausrichtung auch personell weiterzugehen“, wurde Drescher dabei auf Herthas Homepage mit fast schon programmatischen Worten zitiert. Dazu zähle „auch Kontinuität und Planungssicherheit in der sportlichen Leitung – wir begrüßen daher die Verlängerung und freuen uns sehr über das klare Signal von Benny und Zecke.“ Klar ist damit in jedem Fall, dass es auch ein etwaiges neues Präsidium nicht nur in der sportlichen Leitung mit Weber und Neuendorf, sondern auch auf der Kommandoebene der KGaA – dazu zählen Geschäftsführer Thomas E. Herrich (CEO) und Ralf Huschen (Finanzen) – mittelfristig erst einmal mit Vertrauten von Drescher zu tun hätte. Voraussetzungen, die eine einmal mehr turbulente Mitgliederversammlung Mitte November erwarten lassen.