Der „Handelshof“ in Saarbrücken ist seit Jahrzehnten für Feinschmecker eine beliebte Adresse. Das hat sich auch nach dem Wechsel von Jutta und Peter Kunz zu Küchenchef Marcus Wend und Chef Mo Seer vor vier Jahren nicht geändert.

Am Neumarkt in Alt-Saarbrücken liegt das Restaurant „Handelshof“, ein großer Name mit einer beeindruckenden Geschichte. Hierher zieht es schon seit Jahrzehnten Feinschmecker von überall. Vor vier Jahren übernahmen Küchenchef Marcus Wend und Gastgeber Mo Seer das Restaurant an der historischen Adresse. Bei meinem Besuch damals waren auch Serviceleiter Patrick Piechowiak und Sommelier Yannick Wedels für die Gäste zuständig. Wir wurden bei unserm Besuch von diesem Team hervorragend umsorgt. Es war stets ein Erlebnis, hier vorbeizuschauen, und nach einem genussvollen Menü gingen wir mehr als zufrieden unserer Wege.
Ich habe in den vergangenen Jahren viele Übernahmen von Restaurants verfolgt. Nicht immer waren die neuen Betreiber erfolgreich und schlossen bald wieder. Im „Handelshof“ waren die Fußstapfen von Jutta und Peter Kunz, die das Restaurant berühmt gemacht hatten, besonders groß. Ich erlebte in anderen Restaurants auch, dass nach der Übernahme nichts mehr an die Vorgänger erinnerte. Weder deren Qualitätsstandards, noch ihre Liebe zu guter Küche. Man machte alles anders – und damit manchmal alles falsch. Das Ergebnis: Die Gäste blieben weg; irgendwann schloss das Restaurant.
„Gäste wollen wahrgenommen werden“
Das ist im „Handelshof“ anders. Zwar machte das Traditionshaus Anfang dieses Jahres Schlagzeilen wegen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, und viele Kenner machten sich Sorgen um die Zukunft des „Handelshofs“, doch das Verfahren ist inzwischen abgeschlossen, und es gibt Entwarnung: Die Zukunft des traditionsreichen Hauses ist gesichert.

Von Anfang an wurden hier Vegetarier und Liebhaber der klassischen Karte gleich behandelt. Wenn ich mir die Menüs anschaute, gab es immer ein traditionelles Menü und ein Vegetarisches. Die Zeiten für Restaurants sind heutzutage nicht mehr einfach. Kommt eine Familie mit Großeltern, Eltern und Kindern, wird sehr unterschiedlich gegessen. Das muss ein Restaurant erst mal stemmen.
Die Babyboomer, geboren zwischen 1950 und 1970, mögen eher klassische Gerichte. In ihrer Jugend lernten sie die französische, italienische und asiatische Küche kennen und oft auch lieben. Generation X, zwischen 1980 und 2000 geboren, mag oft schon sehr gerne veganes und vegetarisches Essen – und legt großen Wert auf Bioprodukte. Generation Z, geboren zwischen 2000 bis heute, legt wiederum meist Wert auf bewussten Konsum. So sind Nachhaltigkeit und Veganismus zentrale Themen. Die klassische Dreiteilung in Frühstück, Mittagessen und Abendessen ist nicht zwingend ihr Ding. An Weihnachten essen sie nicht unbedingt ein Menü, sondern nehmen ein ausgedehntes Frühstück ein.
Im „Handelshof“ wird niemand ausgeschlossen, alle sind willkommen. Das erlebe ich in anderen Restaurants nicht so häufig. Muhammad – kurz Mo – Seer macht sich viele Gedanken um seine Gäste: „Wir wissen, dass wir uns auf dem Status Quo nicht ausruhen können. Stillstand bedeutet in der schnelllebigen Gastrowelt Rückschritt. Wir verstehen, dass die Gäste zu Recht mehr von einem Restaurantbesuch erwarten als einfach nur gutes Essen. Essengehen, vor allem auf diesem Niveau, muss ein Erlebnis sein. Es fängt an bei der Begrüßung und geht über Unterhaltung, Wertschätzung und begeisternde Kulinarik weiter. Gäste wollen wahrgenommen werden – und das bringt sie immer wieder zu uns.“

Mo Seer betont, dass er und sein Team sich immer wieder Gedanken darüber machen, was den Gästen als besonderer Programmpunkt gefallen könnte. So entstand zum Beispiel Ende vergangenen Jahres der „Jazzy Friday.“ Und das bedeutet: Jeden Freitag gibt es begleitend zum Abend Live-Jazzmusik, was für eine sehr gemütliche Atmosphäre sorgt.
Außerdem finden regelmäßig die mittlerweile sehr beliebten Küchenpartys statt. Dann gibt es eine offene Küche, bei der die Gäste den Köchen beim Zubereiten mehrerer Gänge über die Schulter blicken dürfen. Zusätzlich können sich die Besucher bei Sommelier Yannick Wedels durch die Weinbar führen lassen; dazu gibt es auch wieder Livemusik. Die Küchenpartys sind übrigens auch beliebt bei geschlossenen Gesellschaften – wie zum Beispiel Familienfeiern, Hochzeiten oder Firmenveranstaltung.
„Wer das erste Mal bei uns zu Besuch ist, dem empfehle ich ganz klar eines der Signature Menüs zu wählen“, sagt Mo Seer. „Gemeinsam treffen wir uns alle sechs Wochen im Team und kreieren unter Führung von Küchenchef Marcus Wend neue Menüs, die unser Können und unsere Kreativität repräsentieren sollen. Da können wir zeigen, was wir draufhaben, worauf wir übrigens sehr stolz sind und was uns sehr viel Selbstbewusstsein gibt.“ Wer sich erstmals herantasten wolle, werde definitiv auch à la carte fündig. „Wir versuchen, das Angebot immer saisonal und so zu gestalten, dass auch Hauptgänge ab 20 Euro machbar sind, um möglichst viele Gäste in den Genuss zu bringen, sich von uns verwöhnen zu lassen. Zusätzlich gibt es auch ein Mittagsangebot mit Vorspeise, Hauptgang, Espresso und zwei kleinen Süßigkeiten für 36 Euro“, erläutert der Hausherr. „Wir blicken positiv auf eine Zukunft, in der wir unseren Gästen immer wieder neue Erlebnisse schaffen dürfen. Wir werden weiterhin mit so viel Herz und Liebe dabeibleiben.“
Kindheitserinnerung aus dem Iran

Dazu steht jeder vom Team dem Gast mit Rat und Tat zur Seite, was ich als sehr angenehm empfinde. Bei meinem Besuch möchte ich etwas Traditionelles und etwas Vegetarisches essen. Im „Handelshof“ ist dies ja, wie bereits ausgeführt, durchaus möglich.
Wir starten mit Lachsfilet mit Meerrettichcreme, Kartoffelstampf und Brokkoligemüse, was mir sehr gut schmeckt. Anschließend folgt eine besondere Kreation: Pulpo mit Weißweinrisotto, Fenchel und Safranschaum. Sehr fein! Als Hauptgang teile ich mir mit dem Fotografen die geschmorten Rinderbäckchen mit Jus, Nussbuttercreme und Apfelrotkraut. Ganz ehrlich: Ich liebe Rinderbäckchen, und diese sind besonders gut.

Als vegetarischen Gang serviert man uns Blauschimmelpolenta auf Ratatouille mit Portweinjus und Pilzcreme. Ein sehr mutiges Rezept, das mich aber sehr angenehm überrascht. Zum Dessert aus Safraneis mit Joghurt, Vanille und Rosenduft erklärt uns Mo Seer: „Unser Dessert stammt aus dem Iran und ist eine Kindheitserinnerung von mir. Meine Eltern stammen aus dem Irak, flohen in den Iran, da sie politisch verfolgt wurden. Im Iran ist dieses Dessert sehr bekannt. Safran und Rose spielen in der iranischen Küche eine große Rolle.“
Beim Blick auf die Weinkarte fällt auf, dass diese von Sommelier Yannick Wedels mit viel Liebe zusammengestellt wurde. Wedels erklärt mir, dass „wir hier das machen, was wir gut finden, was uns schmeckt. Die Gäste nehmen es an und sind auch sehr zufrieden damit.“ Ich probiere auf seine Empfehlung hin einen Sauvignon del Poggiarello aus dem Hause Come Il Vento, den ich vorher nicht kannte, und der mir wirklich sehr gut schmeckt. Und auch der Riesling Retterpfad aus dem Hause Von Winning ist ein echter Treffer. Als Rotwein gibt es einen La Parrazal 2015, Côtes de Tarn, vom Comte de Thun. Mit den Reben Merlot, Cabernet Franc und Syrah. Sehr weich, sehr fein! Als zweiten Rotwein kredenzt er mir ein Nebbiolo 2022 von Luigi Scavino. Ich kann nur sagen: Alle Weine überzeugen! Es sei noch erwähnt, dass sich hier im Hause gerne Pastisfreunde treffen, um unterschiedliche Pastis zu testen.
Zum Abschluss gönne ich mir dieses Mal einen Espresso und einen Mirabelle Gold von der Distillerie Artisanale du Castor in Troisfontaine. Ihr Chef Patrick Bertin hat sich mit seinen Produkten nicht nur in Frankreich einen großen Namen gemacht, Kenner aus Deutschland mögen seine Edelbrände ebenso.