Zum achten Mal findet das „Greek Film Festival in Berlin“ im Kino Babylon statt. Es präsentiert vom 29. März bis zum 2. April ein reichhaltiges, vielfältiges und aktuelles Programm mit dem Besten, was das Land an neuen Filmen zu bieten hat.
Bei mehr als 50 kleinen, mittleren und großen Filmfestivals in Berlin kann man rein statistisch nahezu jede Woche eines besuchen. Braucht es da auch noch ein Festival speziell für griechische Filme? „Berlin ist multikulturell. Wenn eine Stadt ein griechisches Filmfestival braucht, dann ist es Berlin“, da ist sich Festivaldirektorin Sofia Stavrianidou sicher. „Berliner sind neugierig und unser Festival ist ideal dafür, die interessante, junge griechische Filmszene, neue filmische Themen und Blicke zu entdecken.“
Bei einem Programm mit 35 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen, davon sechs internationale, drei europäische und 18 Deutschland-Premieren, sollte das in der Tat kein Problem sein.
Das Festival hat jedes Jahr einen anderen Schwerpunkt wie Frauenpower, Geschichte oder LGBTQI+. Mal richtet sich die Filmauswahl nach einem Thema, mal entsteht bei der Auswahl der Filme eine Idee für einen neuen Themenschwerpunkt. „Griechenland ist ein relativ kleiner Markt, und wir müssen sehen, was er an Filmen gerade hergibt“, erklärt Sofia Stavrianidou. In diesem Jahr bestimmen Komödien, Satiren und Dramedys einen Großteil des Programms, das unter der Leitung von Yianna Sarri zusammengestellt wurde.
Sind Griechen so fröhliche Menschen oder wurde das extra für das deutsche Publikum zusammengestellt? „Nein, obwohl wir ein humoriges Volk sind“, antwortet die Festivalleiterin mit einem Augenzwinkern. „Die aktuellen Filme waren einfach so und wir wollten in dieser Zeit ein bisschen ‚lighter‘ sein. Das ist gut, auch für das Publikum. Lachen und Spaß zu haben ist wichtig, und die Deutschen schätzen den Humor.“
Rund 120 Einsendungen hatte das Festival bekommen, so viel wie noch nie. Einige Filme hatten sich beworben, andere wurden explizit eingeladen, weil sie ins Konzept passten. „Eine gute Auswahl“, findet die Festivaldirektorin. Sie freut sich besonders, drei Filme des Schauspielers, Drehbuchautoren und Produzenten Vangelis Mourikis zeigen zu können, der auch in Berlin dabei ist. Zu sehen ist unter anderem „The King“ von 2002, unter der Regie von Nikos Grammaticos, einer der herausragenden Filme des neuen griechischen Kinos. Mourikis spielt darin eine seiner interessantesten Rollen.
Eröffnet wird das Festival mit dem Film „Where we live“ unter der Regie von Sotiris Goritsas, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Christos Kythreotis. Das Publikum darf gespannt sein, denn bevor sich der Vorhang zum Film öffnet, gibt es eine Überraschungsshow mit Musik. Nach der Vorführung stellt sich der Regisseur den Fragen der Gäste.
Das Festival startet dann am 30. März mit einer Sondervorführung. Gezeigt wird „Travelling Ghosts“ von Thanos Anastopoulos, der Dokumentar- und Spielfilm verbindet: Die Geschichte der Stadt Triest, wo im 18. Jahrhundert die Aufklärungsbewegung in vollem Gange war und die Grundlagen der griechischen Revolution schuf. Ebenfalls eine Sondervorführung ist Yorgos Athanasious’ „Blossoms to Blossoms“, eine Komödie über zwei „Fast“-Freunde und ihr Kennenlern-Spiel.
Wettbewerber: So viele wie nie
Im Wettbewerb „Emerging Greeks Competition“ werden Erst- oder Zweitfilme junger Filmemacher gezeigt, dabei handelt es sich um Deutschland- und internationale Premieren:
„Listen“ von Maria Douza, „Black Stone“ von Spiros Jacovides, „Silence 6-9“ von Christos Passalis, „Magnetic Fields“ von Giorgos Gousis und „Dignity“ von Dimitris Katsimiris konkurrieren um den „Emerging Greeks Award“, der mit 1.000 Euro prämiert ist und vom Griechischen Filmzentrum gestellt wird. Alle Regisseurinnen und Regisseure werden anwesend sein und nach den Vorführungen für sogenannte „Questions and Answers“-Runden zur Verfügung stehen. Die Auszeichnung sei eine Anerkennung für die Filmschaffenden und würdige ihre Arbeit, betont Sofia Stavrianidou.
Auch für die Dokumentarfilme gibt es einen Preis in Höhe von 500 Euro, gesponsert von der Musou Music Group, bei dieser Festivalausgabe bewerben sich darum sieben Dokumentationen. Die Wettbewerbs-Jury für beide Preise besteht aus Mirja Frehse, die als Förderreferentin beim Creative Europe Desk Berlin-Brandenburg tätig ist, Sydney Levine, die als Beraterin Filmemacher mit amerikanischen und anderen Produzenten zusammenbringt, und Panagiotis Evangelidis, Filmemacher und Autor aus Athen.
Doch was steht neben den Wettbewerbsfilmen noch auf dem Programm? Beispielsweise der Film „Each Their Voice: Theo Angelopoulos & Nikos Panagiotopoulos“ von Antonis Kokkinou und Yannis Soldatos. Gezeigt wird ein Gespräch zwischen den beiden großen griechischen Filmemachern, gedreht im Rahmen einer Reihe von Serien, die nie Wirklichkeit wurden. In „Lights out, Berlin!“ lässt Dimitris Argyriou berühmte DJs und Club-Besitzer erzählen, wie sie die Pandemie erlebt haben.
Letztere hat das griechische Filmfestival übrigens gut überstanden, auch wenn es 2021 nur online stattfinden konnte. „Das war nicht leicht“, erinnert sich Sofia Stavrianidou. „Wir haben die Atmosphäre in den Sälen vermisst und die Filmemacher, aber natürlich auch den Kontakt mit dem Publikum. Wir freuen uns, dass wir das überlebt haben. Denn die Filme gehören ins Kino!“
Das noch junge Festival habe sich inzwischen ein treues Publikum erarbeitet, sagt sie. „Die Leute sehen bei uns Filme, die andere Festivals nicht zeigen. Sie teilen uns mit, was sie Neues entdeckt haben und dass sie toll finden, was wir machen. Das Festival ist für Deutsche, Griechen in der Diaspora, Europäer und internationale Zuschauer. Hier hört man viele Sprachen im Saal, das finde ich wunderbar.“
Diskussionsrunde mit Psychotherapeutin
Gegründet wurde „The Greek Film Festival in Berlin“ 2015 als „Hellas Filmbox Berlin“, wie es bis 2020 hieß. Initiatoren waren das Künstlerpaar Asteris und Ina Kutulas, zu den Mitbegründern gehörte zudem die Schauspielerin Sandra von Ruffin. Heute steht auch die Deutsch-Griechische Kulturassoziation hinter dem Filmfestival, die es als eine Gelegenheit sieht, die Beziehungen zwischen beiden Ländern durch Kulturprojekte zu unterstützen und zu stärken.
Zurück zum Programm. Zu sehen sind auch 14 Kurzfilme, die viele Themen und verschiedene filmische Trends abdecken und die aktuellen
Entwicklungen der griechischen Kurzfilmproduktion widerspiegeln. Auch im Anschluss an diese Vorführungen gibt es Publikumsgespräche. Am 31. März veranstaltet das Internationale Kurzfilmfestival der Stadt Drama eine Filmtherapie mit der Psychotherapeutin Denise Nikolakou. Dabei werden Filme zur Mobilisierung und Identifizierung von Emotionen und den Erkenntnissen daraus eingesetzt.
Gezeigt wird der Kurzfilm „Tokakis or What’s my Name“ von Thanos Tokakis, „einer meiner Lieblingskurzfilme“, wie Sofia Stavrianidou verrät. Im Anschluss daran gibt es eine von der Psychotherapeutin geleitete Diskussion darüber, wie Psychotherapie und Filmkunst auf einzigartige Weise miteinander verbunden werden können. Der Eintritt dazu ist frei.
Das Festival endet mit „Dodo“ von Panos H. Koutras, der vergangenes Jahr bei den Filmfestspielen von Cannes seine Weltpremiere feierte. Bereits mit der Ankündigung des diesjährigen Plakats gab das Festivalteam einen ersten Hinweis darauf, dass ein Dodo eine wichtige Rolle spielen wird. Ein Dodo? Ist dieser skurrile Vogel nicht seit 300 Jahren ausgestorben? Stimmt, heißt es von den Festivalorganisatoren. Doch wer den seltsamen Vogel auf dem Plakat sehe, müsse unwillkürlich lächeln – und betrachte man ihn aus der Nähe, so lächle er zurück. Vielleicht ein Symbol dafür, dass verloren Geglaubtes doch präsent sein könne – und ein Ausdruck der Hoffnung, dass das Publikum die Krise gut überstanden hat und nun zurückkehrt. So hoffen es auf jeden Fall die Macher des Greek Film Festivals, das sein Quartier wieder einmal im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz aufgeschlagen hat. Das Babylon sei ein traditionelles Kino mitten im Herzen der Stadt, sagt Sofia Stavrianidou – der richtige Ort nicht nur für Cineasten. Zudem habe man inzwischen eine langjährige Beziehung zu dem Kino, das auch von dem Festival profitiere – „so ist es gut für beide Seiten!“