Nach vier Jahren Abstinenz steht der BFC Dynamo am 25. Mai wieder im Finale des Berliner Landespokals. Der Druck ist gewaltig, denn mit Eintracht Mahlsdorf wartet ein hochmotivierter Underdog.

Die Sehnsucht, aber auch die Unruhe über die beinahe vier Jahre Abwesenheit im Endspiel war in diesem April gewaltig – schließlich stand der BFC Dynamo in den vergangenen 15 Jahren nicht weniger als siebenmal im Finale um den Berliner Landespokal. Besser noch: Die letzten sechs Ausspielungen um den Wettbewerb, der seit 2022 den Namen einer Autowaschanlagen-Kette trägt, konnten die Weinrot-Weißen für sich entscheiden. Für den Verein, der immer noch den Titel DDR-Rekordmeister im „Briefkopf“ führt, und seine Anhänger beileibe keine Kleinigkeit.
Seit der BFC nach dem Mauerfall und dem Absturz bis in die Sechstklassigkeit die Kurve wieder gekriegt hat, aber eben auch schon elf Jahre in der Regionalliga Nordost festsitzt, war der Berliner Pokal die einzige Möglichkeit, den nach Trophäen versessenen Club mit frischen Titeln zu versorgen. Schöner Zusatzeffekt: die mit dem Pokalsieg einhergehende Qualifikation für den DFB-Pokal, die den Verein zumindest für kurze Zeit auch mal wieder auf die nationale Ebene führte. Allerdings war dort im besagten Zeitraum stets in der ersten Runde Schluss: sei es gegen Bundesligisten wie zuletzt den VfB Stuttgart (2021, 0:6 verloren) oder Zweitligisten wie den FSV Frankfurt (2015, 0:2).
Gereizte Stimmung bei den weinrot-weißen Fans
Da man aber seit dem Staffelsieg 2021/22 und dem Verpassen des Aufstiegs in der Qualifikation zur 3. Liga (gegen den VfB Oldenburg) mit dem Ausgang der Meisterschaft in der Regionalliga Nordost nicht mehr viel zu tun hatte, kam dem Pokal eine immer größere Bedeutung in Hohenschönhausen zu – was die Enttäuschung über das vorzeitige Ausscheiden entsprechend potenzierte.
So waren im Vorfeld des Halbfinals gegen Ligakonkurrent VSG Altglienicke einige (er)mahnende Spruchbänder präsentiert worden, die der gereizten Stimmung der weinrot-weißen Fans Ausdruck verliehen. Zumal der neunte Rang aktuell die drittschlechteste Platzierung seit dem Aufstieg 2014 darstellt. Aber durch den zwischenzeitlichen „Alleingang“ von Lok Leipzig in der Tabelle und den zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten neu zu besetzenden Trainerposten – der im Sommer 2024 verpflichtete Andreas Heraf bat schon im September aus gesundheitlichen Gründen um vorzeitige Vertragsauflösung – hatte Dynamo frühzeitig keine reellen Chancen mehr, um den Titel mitzuspielen.

Jenseits von Gut und Böse war es für den Heraf-Nachfolger Dennis Kutrieb dann schwer, die nicht von ihm mit zusammengestellte Mannschaft konstant fokussiert zu halten. Im Winter setzten sich die Verantwortlichen dazu bereits neue, perspektivische Ziele: Es wurde die Stelle eines Geschäftsführers geschaffen und mit Ex-Zweitligaprofi Enis Alushi durchaus prominent besetzt. Dessen sofort startende Einarbeitungszeit mag den Eindruck einer „Übergangssaison“ dabei noch verstärkt haben – allerdings ist der BFC auch nicht der Krösus der Liga.
Heißt: Bezüglich des Kadermarktwerts musste man sich diese Saison in der Nordost-Staffel etwa hinter fünf Konkurrenten einsortieren (Quelle: transfermarkt.de). Gerade wurde so erst bekannt, dass mit McMoordy Hüther ein Stammspieler zur neuen Saison ablösefrei zum Greifswalder FC wechselt. Eine Zusatzeinnahme durch die Teilnahme am DFB-Pokal käme dem Verein da sicher auch gelegen, um diese in die Mannschaft zu investieren. In jedem Fall muss der BFC mit der Rolle des Favoriten leben, denn im Endspiel trifft man auf den eine Liga tiefer spielenden BSV Eintracht Mahlsdorf.
Für Dynamo durchaus knifflige Situation
Eine für Dynamo durchaus kniffelige Konstellation, denn letztlich wird nichts anderes als der Titel erwartet – mit diesem Druck muss das Team umgehen. Außerdem sind die Mahlsdorfer ein ernst zu nehmender Kontrahent, denn sie fuhren in der NOFV-Oberliga Nord seit Dezember elf Siege sowie ein Unentschieden ein. Durch die famose Serie schloss man dabei sogar zum bereits davongeeilt scheinenden Spitzenduo (BFC Preussen und Lichtenberg 47) auf und spricht nun noch ein gehöriges Wörtchen um den Aufstieg in die Regionalliga mit.
Hört man sich in Mahlsdorf um, sprechen viele von Trainer Karsten Heine als Grund für den Aufschwung – der inzwischen 70-Jährige hat reichlich Erfahrung im höherklassigen Bereich zu bieten und sorgt damit offensichtlich dafür, dass das in den letzten Jahren stets hochkarätig besetzte Ensemble so konstant starke Leistungen abruft. Galten die Mahlsdorfer schon zu Zeiten in der Berlin-Liga oft als zu schwankend, setzte sich dieses Phänomen nach dem Aufstieg 2021 praktisch fort.

Schon vergangene Saison war unter der Leitung von Lucio Geral dann Platz vier bemerkenswert, doch der 38-Jährige suchte sich eine neue Herausforderung. Die Wahl des Nachfolgers fiel auf Heine, der diese Saison den Höhenflug noch übertrifft – dazu wurde auch Ex-Zweitligaprofi Thorsten Boer wieder als Assistent der Ersten Mannschaft integriert.
Zwei zentrale „Puzzlestücke“ auf dem Platz sind außerdem die vor der Saison verpflichteten Björn Jopek (31, knapp 60 Zweitliga- und 125 Drittligaspiele) und Rico Gladrow (34, 300 Regionalligaspiele), die dem ganzen Kader noch mehr Professionalität verleihen. Vorne verfügt man mit dem Duo Nils Stettin und Christoph Zorn über zwei erfolgreiche Spitzen, die nach dem 2:0-Sieg im vorgezogenen Ligaspiel gegen den Berliner AK je 18 Saisontreffer vorweisen konnten.
Zorn, der beide Tore erzielte, ist dabei eine lebende Vereinslegende mit inzwischen 38 Jahren und erlebt gerade seinen zweiten, wenn nicht gar dritten Frühling. Seit 2007 im Verein, verzeichnet seine Statistik 346 Tore in 457 Spielen– wahrlich eine stolze Bilanz. Der Einzug ins Endspiel ist für ihn wie für seine „Lilanen“ quasi der Höhepunkt der Historie– denn Zorn und seine Eintracht stehen beide erstmals im Finale.
Beheimatet in Marzahn-Hellersdorf am äußersten östlichen Rand der Hauptstadt, entsprechen der Verein und seine Umgebung dabei nicht dem Klischee über den Bezirk – vielmehr dominieren dort idyllische Einfamilienhäuser und sattes Grün, sodass man dort eher den Eindruck eines Dorfvereins erhält. Seit vergangenem Jahr gibt es auch eine etwa 30-köpfige Fangruppe, die am 25. Mai im Charlottenburger Mommsenstadion den Mahlsdorfer Anhang orchestrieren dürfte.
Dominieren wird aber natürlich das Weinrot-Weiß des BFC Dynamo – der seine Fanbasis tatsächlich zum größten Teil in den urbanen Plattenbausiedlungen Hohenschönhausens und anderer östlicher Ortsteile besitzt.