Der mehrfach ausgezeichnete „India Club“ feiert dieses Jahr seinen siebten Geburtstag. In dem Fine-Dining-Restaurant verwöhnt Küchenchef Manish Bahukhandi seine Gäste mit Köstlichkeiten aus Nordindien.
Ich erinnere mich noch, wie ich vor einigen Jahren glaubte, eine Ahnung von indischer Küche zu haben. Bis ich schließlich im Ausland eines Besseren belehrt wurde – und das nicht nur im indischen Kolkata selbst, sondern auch im kleinen südenglischen St. Ives. Fernab der Heimat tänzelte plötzlich ein ungeahntes Aromenfeuerwerk auf meiner Zunge. Dagegen kam mir auf einmal vieles, was mir in Deutschland als indische Küche kredenzt wurde, fad vor. Auch der Indien-affine Küchenchef und Wahl-Berliner Zed Marke bemängelte mal in einem Gespräch mit mir, dass ein Großteil der indischen Küche hierzulande einfach schlecht sei. Berlin könne in Sachen indischer Küche einfach nicht mithalten mit anderen Orten wie London oder Vancouver, von Indien natürlich ganz zu schweigen. So zumindest sein Urteil.
Doch allmählich bewegt sich was. Auch in der Spreemetropole. Das hat auch das englischsprachige Stadtmagazin „The Berliner“ anerkannt: „Es hat lange genug gedauert, aber jetzt ist authentisches indisches Essen endlich in Berlin angekommen“, schrieb das Magazin schon im vergangenen Jahr. Und listete eine Handvoll ausgewählter Lokale in der Stadt auf, die es für gut befand. Dazu zählte auch der „India Club“, der dieses Jahr sein siebenjähriges Jubiläum feiert. „Dies ist das schickste indische Essen, das Sie in Berlin bekommen können“, lobt das Blatt. „Es ist auch eines der besten.“ Grund genug, neugierig zu werden. Außerdem soll die Zahl sieben magisch sein. So statten wir der Location einen Besuch ab.
Bunte Farben brechen Stil spielerisch auf
Der „India Club“ befindet sich im hinteren Teil des Aldon-Gebäudes, und als wir die Location betreten, werden wir gleich vom Barkeeper mit einem freundlichen „Namasté“ begrüßt. Im Herzstück des Restaurants angekommen, werde ich dem durch und durch eleganten Ambiente gewahr. Das Interieur ist im britisch-kolonialen Stil und dunklen Holzvertäfelungen gehalten. Das Ganze wird spielerisch aufgebrochen von bunten Farben, traditionellen Mustern und Ornamenten sowie großflächigen Kunstgemälden. Die Lederstühle an den dunklen Mahagoni-Tischen laden zum entspannten Verweilen ein. Wir lassen uns auf einem der sichelförmigen Sofas nieder, und mein Blick fällt auf die runde Spiegeldecke fast direkt über uns. Darunter schweben leuchtende Lüster mit kleinen, stoffbezogenen Lampenschirmen in unterschiedlichen Farben von Pink über Gelb bis Türkisblau. Es lebe die Vielfarbigkeit!
Ich erfahre, dass für die Gestaltung der Räumlichkeiten die Interior-Designerin Anne Maria Jagdfeld verantwortlich ist. In enger Zusammenarbeit mit dem Londoner Innenarchitekten Richard Blight gestaltete sie die Räumlichkeiten. Die Location gehört zur Jagdfeld-Gruppe, die von Anne Maria Jagdfelds Ehemann, dem Immobilienunternehmer Anno August Jagdfeld, gegründet wurde. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die Köstlichkeiten des indischen Sterne-Kochs Manish Bahukhandi ihren Weg in die deutsche Kapitale fanden.
Der im indischen Neu-Delhi aufgewachsene Gastronom kocht bereits in dritter Generation. Manish Bahukhandi war schon in renommierten Spitzenrestaurants tätig. So arbeitete er etwa in dem Hotel „The Oberoi“ in Neu-Delhi, dem Club „Taj Mount Road“ in Chennai und zuletzt im traditionsreichen Fünf-Sterne-Hotel „The Claridges“ in Neu-Delhi. Dort leitete er das Restaurant „Dhaba“. Und dort traf er auch Anno August Jagdfeld. Der deutsche Unternehmer begeisterte sich schnell für Manish Bahukhandis nordindische Kochkunst, und so lud er seine neue indische Bekanntschaft nach Berlin ein, um an einem neuen gastronomischen Konzept zu arbeiten. Herausgekommen ist dabei ein Konzept von einfacher nordindischer Küche, interpretiert auf Fine-Dining-Niveau. Für die Gründung des „India Club“ zog Manish Bahukhandis 2017 mit einem ausgewählten Team nach Berlin. Das liegt jetzt sieben Jahre zurück, und Manish Bahukhandi verwöhnt seine Gäste immer noch hier in Berlin-Mitte. Zwischenzeitlich wurde das Restaurant als einziges indisches Restaurant in Deutschland mehrfach in angesehenen Gourmetführern wie dem „Guide Michelin“, „Gault & Millau“ und „Der Feinschmecker“ ausgezeichnet.
Ausgezeichnet schmecken uns auch die Mocktails und Cocktails, an denen wir schlürfen, nachdem der Fotograf sein Equipment aufgebaut hat. Ich habe mich für eine „Bangalore Lemonade“ mit Kokosnusssirup, Lychee- und Passionsfruchtsaft entschieden. Nicht nur der Name, sondern auch der Geschmack des Cocktails führen mich ins Herz des Subkontinents. Binational wird es für meine Begleiterin, die sich an einem „Canindian Kiss“ erfreut: Ein guter Schuss Ahornsirup verleiht ihrem bourbonbasierten Cocktail die kanadische Süße, während frischer Zitronensaft und Ingwerbier das Ganze geschmacklich abrunden und wieder mehr in Richtung Indien führen.
Spektakulär wird es beim Drink der Wahl unseres Fotografen: Der Bartender richtet eine Rauchpistole auf den „Bombay Martini“, aus dem dann wabernde, weiße Schwaden emporsteigen. Beeindruckt bin ich auch vom „India Club Gin“, der seine intensive Färbung einer Zugabe von Butterfly-Blüten verdankt. Normalerweise verleiht die Essenz der thailändischen Pflanze dem jeweiligen Getränk eine blaue Farbe. Doch dank des zugegebenen, frischen Limettensaftes leuchtet das Mischgetränk jetzt intensiv violett.
Eine wundervolle Aromen-Sinfonie
Als Appetizer werden uns drei Chutneys mit knusprigen Spitzhütchen aus Papadam serviert. Alle drei Dips sind sehr lecker. Sehr umami finde ich den Tamarinden-Chutney mit Melonenkernen, während der Mango-Dip wie erwartet fruchtig schmeckt. Mein gustatorisches Highlight ist das Chutney aus Minze und Koriander – ich mag einfach diese aromatische Kräuterfusion. Dabei sind alle drei Soßen wie auch unsere folgenden Speisen niemals extrem scharf. Das mag daran liegen, dass meine Begleiterin sehr ausdrücklich um „europäischer Schärfe“ gebeten hat. Klug von ihr. Denn oft gibt es doch sehr unterschiedliche Schmerz- und Toleranzgrenzen, wenn es um Schärfegrade geht. So haben einige indische Gerichte mit vermeintlich milder Schärfe schon so manch einem Westler unerwartete Röte und Schweißperlen ins Gesicht getrieben.
Mit eher sanfter Schärfe kommt auch der erfrischende Salat daher. Die Kreation aus Kohlrabi-, Apfel und Mangostreifen mit Minze und gepufften Linsenperlen überzeugt uns sofort. „Ziemlich auf den Punkt“, findet der Fotograf, der auch eher aus dem Fan-Club der Milden kommt. Dass Manish Bahukhandi sein Handwerk versteht, merken wir bei jedem Bissen. Der Küchenchef verbindet sehr gekonnt traditionelle indische Kochtechnik mit regionalen Produkten in Bio-Qualität.
Weil der „India Club“ eine große Auswahl an vegetarischen Gerichten bietet, entscheiden wir uns für knusprige Babykartoffeln mit Gunpowder und das fabelhafte Mango Mint Paneer Tikka: Der indische Käse ist gebettet auf einem fruchtig-würzigem Beet aus schwarzen indischen Kichererbsen, dass dank der Südfrucht, der Minze und anderen Gewürzen eine breitgefächerte Aromen-Sinfonie auf unseren Gaumen entfacht.
Gern hätte ich mehr über die Zubereitung des fabelhaften Tandoori-Hühnchens erfahren, das uns als Nächstes serviert wird. Doch mehr als ein Hinweis auf ein Familienrezept erhalte ich an diesem Abend nicht. Egal, unsere Gaumen schwelgen im Aromenhimmel, auch wenn wir zwischendurch kaum noch unter den unzähligen Gewürzen wie Kurkuma, Ingwer, schwarzem Senf, Kardamom, Kreuzkümmel, Safran, Curry, Nelken und Zimt unterscheiden können.
In das Himmelreich indischer und irdischer Genüsse entführen uns am Ende auch die Süßspeisen. So gibt es ein erfrischendes Grapefruit-Eis mit flambierten Lidschi-Kugeln an Rosenwasser. Die Königin der Desserts ist heute allerdings das traditionelle Safran-Kulfi-Eis. Es heißt, dass es am Hof der Mogulkaiser im 16. Jahrhundert erfunden wurde. Weil das cremige Wunder auf gefrorener Kondensmilch basiert, schmilzt es nicht so schnell wie herkömmliches Milcheis. Doch dazu kommt es erst gar nicht. Zu dritt ist die kühle Köstlichkeit ganz schnell schon vernascht.