Sie dienen als wichtiger Wegweiser für einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Kleiderkauf und fördern die Transparenz innerhalb der Branche. Wer Textilsiegel beim Shoppen berücksichtigt, trägt zur positiven Veränderung der Modeindustrie bei.
Häufig geht der Kauf von modischer Kleidung auf Kosten der Umwelt, insbesondere wenn es sich um schnelllebige Mode handelt. So hat die Fast-Fashion-Industrie beispielweise einen erheblichen Einfluss auf die Verschmutzung der Ozeane. Durch den ständigen Drang, immer neue Kleidung zu ergattern und alte Kleidungsstücke einfach wegzuwerfen, landen große Mengen an Textilabfällen in den Gewässern. Diese Abfälle bestehen aus synthetischen Materialien wie Polyester und Nylon, die sich nur sehr langsam oder überhaupt nicht abbauen. Im Laufe der Zeit zerfallen sie zu winzigen Partikeln, sogenannten Mikrofasern, die von den Meeresorganismen aufgenommen werden können. Darüber hinaus hat die Produktion von Fast Fashion einen erheblichen Wasser- und Chemikalienverbrauch, der ebenfalls zur Verschmutzung der Ozeane beiträgt. Bei der Herstellung von Kleidung werden große Mengen an Wasser verwendet, das oft ungereinigt in Flüsse und damit letztendlich in die Meere abgelassen wird. Dieses Abwasser enthält giftige Chemikalien wie Farbstoffe und Schwermetalle, die die Wasserqualität stark beeinträchtigen können. Ein weiterer Faktor ist der Transport von Fast-Fashion-Kleidung. Da die Produktion oft in Ländern mit geringeren Umweltstandards stattfindet, werden die Kleidungsstücke über weite Strecken transportiert, was wiederum zu einem erhöhten CO2-Ausstoß führt und letztendlich den Klimawandel und die Versauerung der Ozeane begünstigt.
Deshalb sind viele bekannte Label auf neuen Wegen unterwegs und setzen auf eine hohe Qualität, die zum bewussteren Konsum anregen soll. Das ist nicht immer die günstigste Einkaufsvariante, dafür aber eine langlebige, das relativiert den Preis. Slow Fashion ist jetzt das Maß aller Dinge. Doch es kommt nicht allein auf die Menge oder die Haltbarkeit der gewünschten Stücke an, sondern auf deren ökologischen Fußabdruck. Und hier wird es schwer, wirklich nachhaltige Kleidung ausfindig zu machen und damit fernab des gefürchteten Greenwashings mit gutem Gewissen einzukaufen. Grundsätzlich gibt es drei Säulen, an denen sich Verbraucher orientieren können: auf das Material des gewünschten Kleidungsstücks achten, seine Zusammensetzung im Blick haben und die Kennzeichnung kontrollieren. Zertifizierungen helfen, umweltbewusste Stoffe schneller zu finden. Deren Material ist dann für gewöhnlich entweder recycelt oder aus nachwachsenden Rohstoffen wie Leinen, Hanf, Bio-Baumwolle oder Bio-Seide. Je mehr unterschiedliche Stoffe verarbeitet wurden, desto schwieriger ist das Recycling am Ende der Nutzerkette. Deshalb sollten nie mehr als zwei Materialien auf dem Etikett angegeben sein. Bei der Zertifizierung ist es nicht ganz so einfach, eine Auswahl zu treffen, denn es gibt unzählige. Nicht alle werden von offiziellen Stellen vergeben. Deshalb lohnt ein kleiner Überblick über die wichtigsten Siegel in Deutschland, um auf dem neusten Stand zu sein:
Das GOTS-Siegel
Die Abkürzung „GOTS“ steht für Global Organic Textile Standard. Es ist seit 2006 weltweit im Einsatz und gilt als Standard für die Textilherstellung, deren Stoffe aus reinen Naturfasern bestehen und unter fairen Bedingungen für die Arbeiter in den Herkunftsländern erwirtschaftet werden. Durch den Zusatz „organic“ ist garantiert, dass mindestens 95 Prozent der verarbeiteten Fasern aus biologischer Landwirtschaft stammen.
Das FWF-Siegel
„FWF“ steht für Fair Wear Foundation. Dahinter verbirgt sich eine niederländische Stiftung, die sich dafür einsetzt, faire Arbeitsbedingungen in sämtlichen Unternehmen der Textilindustrie rund um den Globus zu schaffen. Aktuell haben sich etwa 80 Textilunternehmen der Stiftung angeschlossen und stehen damit für 120 bekannte Label auf dem Markt.
Das IVN-Best-Siegel
Dahinter verbirgt sich der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaften. Das Zertifikat gilt als eines der strengsten weltweit. Das Siegel ist nur auf Kleidung zu finden, die zu 100 Prozent aus Naturfasern besteht. Außerdem müssen die Produzenten auf eine genaue Einhaltung streng festgelegter Kernarbeitsnormen achten.
Das Fairtrade-Cotton-Siegel
Fairtrade-Standards stehen ganz weit oben auf der To-do-Liste des Verbands Trans-Fair. Die unabhängige deutsche Initiative setzt sich für einen fairen Handel und Anbau von Bio-Baumwolle ein und möchte damit die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter und Vertreiber verbessern. Prämien sollen helfen, die Mehrkosten für eine nachhaltige Produktion zu deckeln. Was übrig bleibt, geht in Gemeinschaftsprojekte.
Der Grüne Knopf
Am 9. September 2019 wurde der „Grüne Knopf“ in Deutschland eingeführt. Hierbei handelt es sich um ein staatliches Label, herausgebracht vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Anhand einer breiten Liste an Prüfkriterien möchte man hier die Einhaltung sozialer Standards in der Textilbranche engmaschig kontrollieren.
Der Öko-Tex Standard 100
Der Öko-Tex Standard 100 ist ein weltweit anerkanntes Zertifizierungssystem für Textilien. Es wurde entwickelt, um sicherzustellen, dass Textilprodukte auf internationaler Ebene auf Schadstoffe geprüft werden und den Kriterien für menschliche Gesundheit entsprechen. Der Standard setzt Grenzwerte für eine Vielzahl von Schadstoffen fest, einschließlich gesetzlich verbotener Substanzen, chemikalischer Substanzen, die als bedenklich angesehen werden, sowie Parameter für die Gesundheit wie Farbechtheit und pH-Wert. Es werden sowohl das Endprodukt als auch alle verwendeten Komponenten und Materialien wie Stoffe, Garne und Zubehörteile getestet.
Dabei ist Öko-Tex Standard 100 in verschiedene Produktklassen unterteilt, je nach Verwendungszweck des Textils. Dies reicht von Babyprodukten über Bekleidung, Bettwäsche, Heimtextilien bis hin zu textilen Spielwaren. Zudem gibt es verschiedene Anforderungsniveaus, die von Produktklasse 1 (für Produkte, die direkt mit der Haut von Babys und Kleinkindern in Kontakt kommen) bis hin zu Produktklasse 4 (für Dekorationsmaterialien ohne direkten Hautkontakt) reichen. Textilien, die das „Öko-Tex Standard 100“-Zertifikat erhalten, erfüllen die strengen Anforderungen hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsschutz und werden regelmäßig auf die Einhaltung der Grenzwerte überprüft. Das Zertifikat bietet Verbrauchern die Gewissheit, dass die gekauften Textilien schadstofffrei und unbedenklich für die Gesundheit sind.
Mit Apps nachhaltige Kleidung erkennen
Neben den offensichtlichen Siegeln direkt an der Kleidung gibt es aber auch noch andere Möglichkeiten, nachhaltige Kleidung zu erkennen. Ein gutes Beispiel kommt aus Australien und nennt sich „Good On You“. Hierbei handelt es sich um eine mobile App, die über eine der größten Datenbanken in Sachen verbraucherfreundliche Mode verfügt. So können sich Kunden schon während des Einkaufs über die Standards von mehr als 2.000 Modebrands informieren und dann erst eine Kaufentscheidung fällen. Zu den Bewertungskriterien gehören neben der allgemeinen Ökobilanz auch der Umgang der Unternehmen mit Menschenrechten und dem Tierwohl. Herunterladen lässt sich die App in englischer Sprache unter goodonyou.eco. Sie ist natürlich nicht die einzige auf dem Markt, auch Anwendungen wie „Faer“ oder „Renoon“ beschäftigen sich mit dem Verbraucherverhalten der Kunden und können nicht nur nachhaltige Kleidung aus einer riesigen Datenbank erkennen, sie geben sogar noch bessere Shoppingtipps, wenn sich herausstellt, dass das gewünschte Lieblingsstück eben nicht so nachhaltig ist wie gewünscht.
Wer sich lieber auf das eigene Auge verlässt, der findet online zahlreiche Shops, die sich auf Fair-Fashion spezialisiert haben, wie green.in.pieces, Salzwasser, Loveco, Zündstoff und Co. Inzwischen haben aber auch bekannte Label wie s.Oliver, C&A und weitere spezielle Produktlinien im Sortiment, die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Hier erfordert es allerdings oft einiges an Recherche, um aus dem breiten Angebot das Passende herauszufiltern. C&A zum Beispiel war im Jahr 2018 Vorreiter mit einer Jeans, die eine sogenannte „Cradle-to-Cradle Certified Gold-Zertifizierung“ verliehen bekam. Um das Zertifikat zu erhalten, müssen die Textilien die höchsten Kriterien im Sinne der Kreislaufwirtschaft erfüllen. Von der Herstellung über den Konsum bis zur Entsorgung muss es rundherum nachhaltig zugehen. Mittlerweile hat das Unternehmen seine Nachhaltigkeitsstrategie deutlich ausgeweitet. Ein großer Teil der Angebote besteht aus Bio-Baumwolle und recycelten Materialien. In der Damenabteilung sind insbesondere Westbury Premium, Yessica Premium und Canda die Brands, wo Kundinnen mit kleinem Geldbeutel trotzdem mit gutem Gewissen shoppen können. Andere Label ziehen nach. Wichtig ist der Blick auf das Etikett, wenn Nachhaltigkeitsversprechen nicht schon auf großen Werbeplakaten ausgezeichnet sind. Esprit etwa fährt eine strikte Strategie: „Clean. Ethical. Sustainable.“ Man setzt auf das bewährte System der Kreislaufwirtschaft und orientiert sich an den UN-Zielen für eine nachhaltige Entwicklung, indem die drei Hauptkriterien Umweltschutz, soziale Inklusion und Wirtschaftswachstum im Fokus stehen. Heraus kommt eine coole Kollektion für den Alltag und das Büro, die nicht nur aus neuen Materialien, sondern auch aus Abfallprodukten besteht. Ein Tipp für den Einkauf bei günstigeren Labeln ist Viskose. Diese Pflanzenfasern sind recycelt und deshalb biologisch abbaubar. Zwar ist die Herstellung nicht ganz so umweltfreundlich, dafür zumindest das Recycling, ein Kompromiss also.
Noch besteht der komplette Prozess eines nachhaltigen Einkaufs aus vielen Kompromissen. So wie bei H&M. Auch hier steht der Klimaschutz im Fokus der Produktion. Scheinbar, denn zeitgleich tummeln sich in den Medien die Berichte darüber, dass der schwedische Modegigant dabei war, gezielt Greenwashing zu betreiben, also laut Anklageschrift versucht habe, „auf irreführende, illegale und trügerische Weise aus dem grünen Verbrauchertrend Kapital zu schlagen“. Die Anklage stammt aus dem Jahr 2022 und wurde in den USA eingereicht, doch 2023 gab es erneute Vorwürfe. Damit geht nicht nur ein herber Imageschaden für den Großkonzern einher, auch das Vertrauen der Verbraucher schrumpft. Zum Glück ein Beispiel von wenigen.
Da das Thema Nachhaltigkeit ohnehin so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und immer mehr Kunden sich ganz bewusst für einen umweltverträglichen Einkauf und Umgang mit ihrer Kleidung entscheiden, kommt kaum noch ein Label daran vorbei, umzudenken und das Angebot entsprechend neu zu strukturieren. Klimaschutz ist und bleibt trotz weniger Greenwashing-Vorfälle Trend und damit auch ein dringender Anspruch an die Entwicklung, Produktion und Lieferung von Kleidung. Zu fairen Bedingungen für Mensch, Tier und Umwelt. Gut so.