Giuseppe Nardi, geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Theiss Naturwaren GmbH, wurde vor Kurzem mit dem Verdienstorden der Republik Italien ausgezeichnet. Für den 58-jährigen gebürtigen Italiener war das vor allem wegen seiner Herkunftsgeschichte ein wichtiges Ereignis.

Wieviele Jungs träumen wohl davon, ein Ritter zu sein? Für Giuseppe Nardi ist es wahr geworden. Der Unternehmer darf sich seit dem 16. Januar ganz offiziell „Ritter“ nennen. An diesem Tag empfing der 58-Jährige von dem italienischen Generalkonsul Massimo Darchini den Verdienstorden der Republik Italien und wurde damit auch zum Ritter ernannt. Und er erhielt nicht nur die wichtigste italienische Auszeichnung für Zivilpersonen, sondern erfuhr an der Feier auch von geladenen Prominenten viel Anerkennung. Joachim Rippel, früherer Homburger Oberbürgermeister und ehemaliger Wirtschaftsminister, würdigte in seiner Rede, „wie er auf jeden Hilferuf reagiert, ohne auf die öffentliche Wahrnehmung zu achten“. Homburgs Oberbürgermeister Michael Forster nannte Nardi im Rahmen des Festaktes einen „Glücksfall für Homburg“. Auch andere äußerten sich noch lobend gegenüber FORUM. Der frühere Ministerpräsident des Saarlandes und Ex-Richter des Bundesverfassungsgerichtes Peter Müller nannte Nardi einen „engagierten Staatsbürger, großen Wohltäter und Menschenfreund, der das Herz am rechten Fleck hat“. Annegret Kramp-Karrenbauer lobte Nardi dafür, wie „kreativ, großzügig und zutiefst loyal“ er ist, und Pasquale Marino, ehemaliger Mitarbeiter des Italienischen Generalkonsulats Frankfurt, der Nardi für den Orden empfohlen hatte, betonte die „außerordentliche Leistung, erreicht durch Fleiß, Mut, Ehrlichkeit und soziales Engagement“.
Der Vater kam mit 18 Jahren ins Saarland

Da müsste man doch eigentlich vor Stolz fast platzen. Doch darauf angesprochen wird Giuseppe Nardi eher nachdenklich. „Ich muss dort anfangen, wo der Ursprung meines Leben ist“, sagt er. Und der liegt in Italien. Es ist das Jahr 1957, als Giuseppe Nardis Vater, gerade mal 18 Jahre alt, sich von Kalabrien aus auf den Weg nach Deutschland macht, um sich Arbeit zu suchen. Die italienischen Gastarbeiter sind hochwillkommen, schon einen Tag nach seiner Ankunft im Saarland hat der junge Mann einen Job im Gleisbau. „Er kam im Auftrag seiner Mutter“, erzählt Giuseppe Nardi. „Er sollte mit seinem Verdienst dafür sorgen, dass seine jüngeren Brüder ein besseres Leben führen konnten.“ Der junge Mann ist fleißig, er möchte sich etwas aufbauen. Ein paar Jahre später lernt er eine junge Italienerin kennen, die auch mit ihren Eltern nach Deutschland gekommen war. Die beiden heiraten, ein kleines Haus wird angeschafft, vier Kinder kommen zur Welt. Giuseppe wird als zweitältester Sohn geboren, er hat noch einen jüngeren Bruder und eine Schwester. „Mein Vater hat zu uns Kindern immer gesagt: Das ist jetzt unsere neue Heimat. Wir schauen nicht zurück, sondern wir versuchen, uns hier zu integrieren.“ Auch Weiterbildung liegt dem Vater für seine Kinder sehr am Herzen. Ihm ist wichtig, dass die Kinder Schule und Ausbildung ernst nehmen. Und er pflegt nicht nur seine Beziehungen zu italienischen, sondern auch zu deutschen Freunden. Giuseppe ist ein guter Schüler, unter den Kindern der Familie ist er der Beste. „Mein Vater hatte sich deshalb immer gewünscht, dass ich studiere.“ Doch das Leben hat manchmal seine eigenen Regeln. Dem Vater droht die Arbeitslosigkeit, er ist mittlerweile seit einigen Jahren als Hüttenarbeiter in Neunkirchen beschäftigt, der Firma geht es schlecht, Schließungen drohen. „Da sah ich meine Aufgabe darin, die Familie zu unterstützen“, erinnert sich Nardi. So wie einst sein Vater das als junger Mann getan hatte. Giuseppe fängt mit 17 Jahren im Jahr 1984 eine Ausbildung an bei der Dr. Theiss Naturwaren GmbH in Homburg. Diese Entscheidung verändert sein Leben auf eine Weise, wie es sich der junge Mann wohl nicht erträumt hätte. Giuseppe Nardi arbeitet sich durch Fleiß und ein außerordentliches Talent für Marketingstrategien zielstrebig nach oben. Schon 1990 reist er für das Unternehmen nach Osteuropa und entwickelt Ideen, wie die Firma auf dem dortigen Markt Fuß fassen kann. Durch ein feines Gespür für Märkte und Produkte und aufmerksames Beobachten von Marketingprozessen führt sein Weg immer steiler nach oben, schließlich bis in die Führungsetage des Unternehmens. Unter Nardis Führung wird die Dr. Theiss Naturwaren GmbH erfolgreicher denn je. Im Jahr 2005 übernimmt er im Rahmen einer Nachfolgeregelung die Mehrheit an dem Unternehmen, die Umsätze gehen seitdem weiter steil nach oben.
Ein Zufall führte zu Olivenöl-Produkten

Auf die Frage, was das mit ihm macht, wenn er darauf zurückblickt, bleibt er bescheiden. „Es ist manchmal so ein bisschen surreal.“ Auf dem Boden bleiben, nicht abheben, das ist ihm wichtig. Dabei hilft ihm, dass er nicht vergisst, wo er herkommt, sagt er. „In meiner Kindheit mussten wir mit einfachen Mitteln leben.“ Die Familie ist nicht arm, denn der Vater ist ein fleißiger Mann. Doch große Sprünge sind nicht drin. „Da waren wir froh, wenn im Sportheim mal einer eine Runde Bier ausgegeben hat“. Die Kinder freuen sich, wenn sie von einem Sponsor mal ein Trikot bekommen oder bei einem Ausflug mitfahren dürfen. „Diese Erlebnisse haben mich nie verlassen. Ich habe nie den Kontakt zu denen verloren, denen es nicht so gut geht.“ Deshalb liegen Nardi seine verschiedenen karitativen Projekte und die Förderung von Sportvereinen und Kulturveranstaltungen sehr am Herzen. Der 58-Jährige ist ein Mensch, der sich oft hinterfragt, sagt er. Und ehrlich sein möchte. Deshalb erzählt er gerne die Entstehungsgeschichte von den Olivenöl-Produkten, der Renner unter den Angeboten von Dr. Theiss Naturwaren. „Ich könnte das jetzt als geniale Vision darstellen, aber so war es nicht“, sagt er und lacht. Es war eher ein verrückter Zufall. „Ein Geschäftspartner aus München rief mich eines Morgens an, er wäre gerade in Griechenland, hätte mit den Bauern auf Kreta gefeiert und in Weinlaune 2.000 Liter Olivenöl bestellt.“ Der Geschäftspartner wusste nicht, wohin mit dem ganzen Öl und wie er das so schnell bezahlen soll. „Ich habe dann gesagt, er soll mir die Rechnung und das Olivenöl schicken.“ Als die 2.000 Liter dann im Unternehmen eingelagert werden, nehmen die Laboranten das Öl in den kommenden Monaten regelmäßig in den üblichen Standardkontrollen unter die Lupe. „Es gab da einen Wert, der für die pharmazeutische Qualität Relevanz hatte, und der veränderte sich ein bisschen“. Nach dem fünften Anruf einer besorgten Laborantin beauftragt Nardi das Labor, eine Creme daraus zu machen. „Damit das Thema endlich vom Tisch war“, erinnert er sich und lacht. So entstehen die Olivenölcreme und danach noch viele weitere Produkte. „Wenn die Laborantin nicht gewesen wäre, hätten wir das Öl vielleicht irgendwann weggeworfen.“
Nardi lebt für seine Arbeit, sagt er. Auch außerhalb seiner Dienstzeiten. „Ich habe zwei verschiedene Softwares in meinem Kopf. Das eine ist meine private, aber im Hintergrund läuft immer die geschäftliche.“ Wenn er unterwegs ist, ist der Marketing-Experte immer im Einsatz. „Ich beobachte Leute, wie sie sich beim Einkaufen verhalten oder beim Restaurantbesuch. Manchmal laufe ich durch einen Drogeriemarkt und schaue, wer was kauft, wie lange ein Etikett angeschaut wird. Ich kann es auch nicht lassen, in Apotheken reinzuschauen, wenn ich vorbeifahre. Ich muss dann gucken, was im Schaufenster dekoriert ist.“ Doch todernst dabei durch die Gegend laufen, das will er nicht. Leichtigkeit in der Kreativität ist ihm ganz wichtig.
„Ich wollte meine Eltern stolz machen“

Und diese Leichtigkeit, man könnte fast sagen, das innere Kind, lebt der Italiener auch in anderen Dingen aus. So ist der leidenschaftliche Hobby-Koch Besitzer des Restaurants „Ohlio“ in Homburg, außerdem gehören ihm ein Eiscafé und eine Pasta-Manufaktur. „Da konnte ich nicht widerstehen. Ich liebe gutes Essen.“ Und er hat sich einen Wunsch aus seiner Kindheit erfüllt. „Ich habe als Junge immer davon geträumt, dass ich auch im Winter Gemüse züchten und Zitronen ernten kann.“ Also baute er vor einiger Zeit zusammen mit seinem Bruder Bruno Gewächshäuser neben der Theiss-Produktionsstätte in den Rohrwiesen. Die Erzeugnisse werden in der Firma und in seinem Restaurant verbraucht. Sein neuestes privates „Baby“ ist das Café in Jägersburg am Schlossweiher, das er vor Kurzem übernommen hat, als die Besitzer in den Ruhestand wollten. „Ich habe als Kind mit meinem Bruder zusammen alleine eine Torte essen können. Als dann diese Chance kam, so einen tollen Rezepturschatz zu erwerben, dann noch diese schöne Lage am Lago …“ Er lächelt verschmitzt, der kleine Junge blitzt für einen Moment durch. „Das war ein Fest, als die ersten Kuchen gebacken wurden.“
Stillstand ist für Nardi offenbar ein Fremdwort. Doch er blickt auch voraus. Seit einiger Zeit hat er Jonas Thielmann in der Geschäftsführung von Dr. Theiss Naturwaren als seinen Nachfolger an seiner Seite, für den Tag, an dem er sich zurückziehen möchte. Wann das sein wird, kann er nicht sagen. „Ich werde dem Ganzen eine gewisse Natürlichkeit geben. Ich werde jetzt nicht als 80-Jähriger so tun, als würde ich die Geschicke des Unternehmens in allen Belangen leiten können.“ Solange er nicht hinderlich ist, möchte er noch versuchen, etwas beizutragen.
Erfüllung findet Nardi auch viel im Privaten. Da sind seine Frau Donatella, seine drei erwachsenen Kinder, und vor Kurzem ist er Opa geworden. „Davon wünsche ich mir noch mehr“, sagt er und lacht. Und er ist glücklich, dass seine Eltern noch leben und mit weit über 80 Jahren noch fit sind. Und sie sind es, erzählt er dann, für die er die Auszeichnung des italienischen Ordens vor allem entgegengenommen hat. „Ich wollte meine Eltern stolz machen. Ich war sehr froh, denn ich wusste, dass es meinen Eltern viel bedeutet. Das sind so schöne Momente, wenn man dann von seinem Vater noch mal in den Arm genommen wird und so ein ehrlicher Stolz ausgedrückt wird.“