Krawatte, Fliege, Einstecktuch: Seit 2021 kreiert der Schweizer Paddy Gloor exklusive Accessoires für den modernen Gentleman. Der Clou: Edle asiatische Rohseide trifft feinste St. Galler Stickerei. Ein Traum-Duo, mit dem Mann garantiert Eindruck macht.
Paddy Gloor ist der wohl beste Werbeträger seiner eigenen Kreationen. Die Designerbrille sitzt genauso perfekt wie der feine Zwirn des Einreihers. Fliege und Einstecktuch in schickem „Coconut Lime“ komplettieren das modische Outfit. Lässig schlägt der 47-Jährige ein Bein über das andere und sagt: „Heutzutage gibt es immer mehr Männer, die Wert darauf legen, gut gekleidet zu sein. Ich selbst fühle mich nackt ohne Einstecktuch.“ Dem gelernten Typografen, Webdesigner und Projektleiter für digitale Medien scheint die Begeisterung für alles Stoffliche in die Wiege gelegt. Der Vater war Kaufmann in traditionsreichen Ostschweizer Textil-Unternehmen, die Mutter Damenschneiderin und Schnittdirectrice beim bekannten St. Galler Modelabel Akris. Schon als Junge trug Gloor Maßgeschneidertes, suchte die Stoffe häufig selbst aus. Dass er jedoch neuerdings selbst modische Entwicklungshilfe für den Mann von Welt leistet, ist eine verrückte Corona-Geschichte.
Inspiration durch ein Textilmuseum erhalten
„Im Sommer 2020 wollte ich eigentlich mit meiner Frau nach Norwegen in Urlaub fahren, was aufgrund der Pandemie dann natürlich nicht ging“, erzählt er. Stattdessen beschließt das Ehepaar, das in Niederteufen im Appenzellerland lebt, Tagesausflüge in die Heimat zu unternehmen. Einer führt ins Textilmuseum St. Gallen, quasi direkt vor der Haustür. Schon seit Langem ist die Region für ihre aufwendigen Stickereien weltberühmt – Michelle Obama trug zur ersten Amtseinführung ihres Mannes Barack ein gelbes Ensemble aus feinster St. Galler Spitze. „Im Museum entdeckte ich eine Krawatte aus dem Jahr 1860“, fährt Gloor fort. „Die Krawatte war furchtbar hässlich, aber sie sah aus, als wäre sie aus einem bestickten Vorhangstoff geschneidert worden. Die Idee, ein Herren-Accessoire mit St. Galler Spitze zu kombinieren, ließ mich nicht mehr los.“ Genau genommen bereitet sie ihm eine schlaflose Nacht. Gloor schleicht aus dem Bett an den Schreibtisch und entwirft am PC die ersten Designs. Die zeigt er am nächsten Morgen seiner Frau und drei Freunden aus der Kreativszene – die Reaktion: einhellige Begeisterung. Daraufhin nimmt Gloor Kontakt zur renommierten St. Galler Textilfirma Bischoff auf, mit der er einen Prototyp entwickelt. Aus hochwertiger Seide entstehen Krawatten, Fliegen und Einstecktücher in edlem Anthrazit. Die Stickerei darauf kommt in Schwarz, Orange, Weiß und Pink daher. Gloor, der in seiner Jugend als Sportschütze für Olympia trainierte, gründet das Start-up-Unternehmen Gallus Bear, benannt nach dem Namensgeber der Stadt St. Gallen, dem Mönch Gallus, der der Sage nach im Wald einem Bären begegnete.
„Im Oktober 2021 kam die erste Kollektion auf den Markt. Sie hieß Peter und Paul, nach meinem Vater und Großvater und nach dem Wildpark auf der Kuppe von St. Gallen-Rotmonten“, berichtet der frisch gebackene Modedesigner. Was Paddy Gloor anpackt, macht er richtig. Er organisiert ein stilvolles Fotoshooting – ein Kollege stellt seinen Ferrari zur Verfügung, ein Freund aus der Harley-Szene modelt, ein Restaurant im urbanen Loft-Style stellt das Setting. Die Fotos erscheinen auf Instagram und der neu programmierten Website. Ein Volltreffer. Die Kollektion kommt an. Bis heute verkauft Gallus Bear ausschließlich über seinen Onlineshop und ein paar ausgewählte Herrenausstatter. Mittlerweile ist die zweite Kollektion draußen – Vadian und Otmar genannt, zwei weitere St. Galler Berühmtheiten stehen Pate. Neue Farben sind hinzugekommen. Frische Limettentöne, edles Elfenbein, Macchiato-Nuancen, Mauve und Indigo.
Hochwertige Accessoires aus reinster Seide
Die Stickerei ist nach wie vor filigran, die Stückzahl gering. „Meine Kreationen sind exklusiv“, sagt Gloor. „Die Stickerei kommt von der Maschine, aber beim Saum ist noch alles Handarbeit.“ Das hat seinen Preis. Die Krawatten sind mit 369 Schweizer Franken am teuersten, die Einstecktücher mit 129 Franken am günstigsten.
Wer sind die Kunden? „Ganz unterschiedlich“, antwortet Gloor, der selbst mehr als 60 Krawatten besitzt. „Es gibt richtige Fliegen-Fans, die jeden Tag Fliege tragen. Der Schweizer Bundespräsident hat bereits bei mir geordert, und ich durfte schon in etliche Länder versenden, bis nach Japan, Chile, Südafrika, USA oder Kanada.“ Hätte der Firmengründer einen Wunsch frei, wer seine Designs am liebsten tragen sollte, dann würde er Tennisstar Roger Federer wählen. „Er ist auf vielen Galas zugegen. Dorthin passen die Kreationen von Gallus Bear ganz wunderbar!“
Wenn Paddy Gloor über die luxuriösen Herren-Accessoires spricht, leuchten seine Augen. „Nehmen wir die Einstecktücher. Wir besticken sie diagonal. Dadurch kann man mit den verschiedenen Falttechniken unterschiedlichste Bilder kreieren – je nach Wunsch mit viel, wenig oder sogar gar keiner Spitze. Das ist einmalig.“ Für die Zukunft hat der Mann, der nach eigenem Bekunden jeden Tag Einstecktuch trägt, viel vor. Derzeit ist er noch als Sales Manager in einem E-Commerce-Unternehmen tätig und coacht Menschen in Sachen Kryptowährungen. Doch in fünf Jahren möchte er von Gallus Bear leben können. „Die Firma soll organisch wachsen“, sagt der umtriebige Tausendsassa, der eigentlich Patrick heißt – „aber in der Grundschule gab es drei davon, also sagte ich, ich sei Paddy.“ Manschettenknöpfe und Hosenträger mit Stickereimotiven sind als Nächstes geplant, und auch Schals für Frauen stehen auf der To-do-Liste. Und dann wäre da ja noch der befreundete Harley-Fahrer, der für ihn gemodelt hat. Der ist eigentlich Tätowierer. „Mit ihm möchte ich eine Kollektion entwerfen – gestickte Tattoo-Kunst auf Seide“, schwärmt Gloor voller Begeisterung. Es wird bestimmt ein echter Hingucker.