Eigene Fantasy-Geschichten, Shootings mit Tieren und Engagement im Tierschutz ergeben zusammen ein besonderes fotografisches Schaffen. Christiane Becker aus Heusweiler spricht über die Entstehung ihrer magischen Fotos, besondere Begegnungen und ihren Einsatz für Tiere.

Liebe Christiane, was fasziniert Dich an Fantasy-Outfits und -Fotos?
In der Fantasy-Fotografie gibt es keine festen Regeln. Man kann mit fantastischen Szenarien, fiktiven Kreaturen, geheimnisvollen Landschaften oder surrealen Elementen spielen, die in der realen Welt nicht existieren. Diese unendliche kreative Freiheit lässt Raum für erstaunliche Konzepte.
Das Eintauchen in eine Welt aus Helden, Abenteuern oder fantastischen Ereignissen lässt den Alltag vergessen. Die Bilder erzählen eine Geschichte, wecken Emotionen und bringen uns visuell dem nahe, was sonst nur in Büchern oder Filmen vorkommt. Meine Rolle ist die der Regisseurin oder Autorin, die anleitet, und gemeinsam mit dem Charakter die Geschichte umsetzt und mit der Kamera festhält.
Ich finde es reizvoll, wenn Menschen in andere Rollen schlüpfen – sei es ein Zauberer, eine Elfe oder ein mutiger Krieger. Die Gewandungen sind oft liebevoll handgemacht und detailverliebt gestaltet. Ich bewundere die Kreativität und bin oft begeistert, wie viel Zeit und Mühe in die Kostüme gesteckt werden. Menschen wählen oft Charaktere, mit denen sie sich identifizieren – eine Art Spiegel der eigenen Persönlichkeit. Es begegnet mir aber auch, dass jemand erst mit der Zeit zu seiner Rolle beziehungsweise seinem Charakter findet. Es ist einfach eine spannende Welt.
Hast Du Vorlieben für bestimmte Fantasy-Wesen und Outfits?
Meine absolut liebsten Fantasywesen sind Drachen. Ich denke, ich habe alle Filme über oder mit Drachen gesehen. „Dragonheart“ und „Game of Thrones“ sind meine Favoriten. Zudem spiele ich seit neun Jahren „World of Warcraft“, ein PC-Spiel, in dem man Drachen als sogenannte Mounts erspielen kann, mit seinem Spielecharakter aufsattelt und durch die Lüfte dieser Welt segelt. Ein Highlight, das kein anderes Spiel in dieser Form bietet. Drachen eignen sich hervorragend für eine Bildmontage/ein Composing. Es sind perfekte Eyecatcher und geben dem Bild sofort eine dramatische, epische Note. Durch ihre Symbolkraft wie Weisheit, Macht, Zerstörung oder uralte Geheimnisse erzeugen sie verstärkt eine Stimmung. In Kombination mit Feuer lassen sich eindrucksvolle Effekte erzielen. Allein das Auftauchen eines Drachens im Bild ruft beim Betrachter Erstaunen und Emotionen hervor. Neben den Fabelwesen bin ich ein absoluter Fan der Serien „Outlander“ und „Vikings“. Alles Nordische ist so durch und durch mystisch, ob in Island die Steine der Kobolde und Elfen oder das Einhorn, Wappensymbol von Schottland. In diesen Ländern ist man noch sehr mit den Naturgeistern verwurzelt. „Outlander“ versprüht zudem durch die Zeitreise in die Vergangenheit der Jakobitenaufstände in Schottland eine besondere Magie. Schottische Kostüme, wie sie in der Serie „Outlander“ getragen werden, sind nicht nur hübsch anzusehen, sie haben auch – etwa der Kilt – eine funktionelle Bedeutung. Jedes der Tartanmuster ist mit einem Clan verbunden und erzählt eine Geschichte. Ein besonderes Accessoire ist der Sporran, eine kleine Tasche, in der Männer auch mal kleine Haferkugeln bei sich trugen, um ihre Angebetete damit zu beeindrucken, sozusagen die „Pralinen“ dieser Epoche. Meine besondere Verbindung zu „Outlander“ liegt an meiner Leidenschaft für Schottland und seiner Geschichte. Bei meinen Trips in die Highlands habe ich auch einige Original-Drehorte besucht. Nirgendwo habe ich mich so sehr in der Zeit zurückversetzt gefühlt – einfach magisch und unbeschreiblich, dieses Land. Auch die Schotten selbst sind sehr liebenswert und hilfsbereit. Die Serie „Vikings“ ist ein gewaltiges Familiendrama in atemberaubender wilder Landschaft und angelehnt an den legendären Ragnar Lodbrok und die historischen Ereignisse dieser Zeit. Die authentischen Gewandungen oder zauberhaften Kostüme aus Legenden und Mythen tragen dazu bei, die historische Kulisse lebendig zu machen. Wenn dann bei Gewandeten eine Ähnlichkeit mit bestimmten Charakteren besteht wie bei Andreas Bossmann von Viking Saar, der den Schiffsbauer Floki aus der Serie „Vikings“ dargestellt, kann mich nichts für ein Shooting zurückhalten. Andy stellt alle Rüstungsteile und Requisiten liebevoll selbst her, und auch die Runentattoos links und rechts an seinem Kopf werden identisch aufgemalt wie im Original.

Was magst Du weniger?
Wichtig ist mir, dass ein Kostüm nicht in Kitsch untergeht durch grelle Farben, Faschingsstoffe oder eine überladene Anzahl an Accessoires. Auch Schuhwerk wie Turnschuhe oder lackierte Nägel passen nicht zu historischen Gewandungen.
Du besuchst gern Veranstaltungen mit Besuchern in außergewöhnlichen Gewandungen und fotografierst diese – welche Veranstaltungen magst Du besonders gern?
Steampunk übt eine ganz besondere Anziehung auf mich aus. In meiner Jugend habe ich die Bücher von Jules Vernes geliebt und Filme wie „Die Zeitmaschine“ oder „Hugo Cabret“ kann ich mir immer wieder ansehen. Die Kombination futuristischer Technologien mit dem Viktorianischen Zeitalter, dem Erfindergeist dieser Epoche, ist absolut fantastisch. Wenn dann die Eventlocation wie etwa bei der Anno 1900 in Fond-de-Gras – eine alte Bahnumladestation in Luxemburg – die passende Kulisse bietet, kann es fotografisch gesehen nicht perfekter sein. Die Vielfalt an Kostümen, vor allem aber auch der Erfindergeist, diese etwa mit Accessoires wie einem Teeservice in Schränkchen, getragen auf dem Rücken, zu verzieren, ist einmalig. Allein die Fahrt am Morgen mit der alten Dampflock von Pétange nach Fond-de-Gras durch den Wald, das typische Schnaufen, wenn Dampf durch den Schornstein geblasen wird, ist eine Zeitreise durch den Äther zur Steampunkwelt. Neben Steampunk lasse ich mich gerne von der etwas düsteren Szene verzaubern. Hexen, Zauberer und die viktorianisch angehauchte Gothicszene üben ebenfalls große Anziehung auf mich aus. Im letzten Jahr besuchte ich erstmals den „Dunklen Szenemarkt“ auf der Burg Satzvey in der Eifel, eine der schönsten Wasserburgen von Deutschland. Auf dieser Veranstaltung sind auch Steampunker und Fantasy-Charaktere gerne gesehen und die vielen tollen Verkaufsstände bieten jede Menge Accessoires für ihresgleichen. Eine Führung durch die Burg, die bis heute in Privatbesitz geführt wird, ist sehr empfehlenswert, und die Idee, durch Veranstaltungen die Kosten für Renovierung und Erhaltung der Burganlage zu finanzieren, finde ich eine tolle Sache. Die ganze Atmosphäre innerhalb des Geländes, die wunderschöne Kulisse der Burg, die von einem See umrandet ist, verleiht dieser Veranstaltung ein ganz besonderes Flair.

Die Tiere, die man in Deinen Bildern sieht, wurden nicht mit Photoshop hineingesetzt, sondern sind echt. Was muss man alles beachten, wenn man mit Tieren arbeitet?
Ich bin Tierliebhaberin, besitze ein Pferd und zwei Katzen, engagiere mich mit Spendenshootings oder kleinen Verkaufsaktionen für den Tierschutz und fotografiere daher Tiere auch leidenschaftlich gerne. Der Umgang mit Pferden bei einem Shooting ist eine ganz andere Liga als bei einem Hund oder auch einer Eule. Pferde sind Fluchttiere, und wenn sich etwa 500 Kilo ungewollt in Bewegung setzen, kann es schon mal brenzlig werden. Wenn man Pferde professionell fotografieren möchte, sollte man mit den jeweiligen Vierbeinern vertraut sein. Wir möchten alle stets schöne Fotos mit toller Kulisse, entspannter Atmosphäre von Mensch und Tier und natürlich bestes Wetter. Ein gutes Maß an Wissen über Pferde, ihr Verhalten und die richtige Positionierung für die Fotos sind Voraussetzung, um alle Kriterien für ein harmonisches Bild festzuhalten. Zum Beispiel sollten bei Verwendung von Zügeln oder Strick diese beziehungsweise dieser nie auf Zug sein, oder bei Bewegungsbildern im Galopp sollte man darauf achten, die Vorwärts-Aufwärtsbewegung (Aufrichtung) des Pferdes festzuhalten und nicht die Schwebephase beim Galoppieren. Durch die Beachtung dieser Kriterien wirkt das Bild harmonischer auf den Betrachter. Hunde sind da etwas einfacher zu händeln, auch wenn Kommandos meist nicht so funktionieren. Im Freilauf, mit Spielzeug oder Seifenblasen kann man schöne einmalige Szenen festhalten. Ich achte auch sehr darauf, dass keine Äste oder Bäume „aus dem Kopf wachsen“, das heißt der Hintergrund soll homogen mit schöner Unschärfe (Bokeh) sein, um den Fokus voll auf das Motiv zu lenken. Habe ich ein imposantes Gebäude oder Schauspiel im Background, wird dies aber natürlich durch dementsprechende Schärfe und Perspektive im Fokus des Bildes integriert. Am Wichtigsten bleibt zu beachten, dass Tiere eine begrenzte Aufmerksamkeit haben, oft nur einige Minuten. Dann sollte es auch gut sein. Ich plane im Vorfeld dennoch viel Zeit mit ein, denn Tiere brauchen manchmal erst eine Rennrunde oder müssen runterkommen, bevor man loslegen kann. Zeitdruck nach dem Motto „Ein Tier, drei Bilder, 30 Minuten“ kann ich nicht nachvollziehen. Zu guter Letzt gehört das Leckerchen im Nachgang natürlich auch dazu.
Zu wem gehören die Tiere auf den Fotos?
Die Tiere auf meinen Fotos gehören immer den Besitzern. Ich bin kein Freund von der Vermarktung von Wildvögeln beziehungsweise Wildtieren. Einen Fuchs neben einem Model in Abendkleidung zu fotografieren ist nicht mein Ding. Genauso wenig mag ich Holopulver an Tieren oder irgendwelches Blattgold an Pferden. Die Eulen auf meinen Fotos gehören zu der liebenswerten Kyra aus Rheinland-Pfalz. Sie ist Falknerin und Jägerin, hält ihre drei Eulen allerdings privat und bietet ihre Tiere nicht für Fotosessions an. Es ist eine schöne Geste von ihr, wenn ich hin und wieder ihre Eulen für ein Fotoprojekt einsetzen darf. Wenn wir uns treffen steht das Wohl der Tiere im Vordergrund, und wir nehmen uns viel Zeit. Eine Anleitung vor dem Shooting gibt es grundsätzlich, egal ob ich nur Mensch oder Mensch und Tier fotografiere. Keiner ist zum Posen geboren, und die meisten Menschen fühlen sich zunächst unsicher vor der Kamera. Wie ein Regisseur versetze ich sie mit genauer Anleitung und viel Spaß in ihre Szene.
Neben Fantasy und Outdoor-Aufnahmen fotografierst Du auch traumhafte Tierporträts und hast schon Foto-Aktionen für den Tierschutz umgesetzt …

Da mir Tierschutz sehr am Herzen liegt, biete ich zeitweise Spendenshootings an, die immer zu hundert Prozent an eine Organisation gespendet werden. Durch eine Bekannte, die Galgos besitzt, wurde ich auf das Leid dieser Hunderasse aufmerksam. Diese zarten, liebenswerten Vierbeiner werden in Spanien für die Jagd gezüchtet und nach Beendung der Saison, falls nicht erfolgreich, von ihren Besitzern getötet oder in Tierheimen abgegeben, oft auch krank und misshandelt ausgesetzt. Das Schicksal und Leid dieser Hunde ist unbeschreiblich. Anfang September letzten Jahres sah ich spät abends bei Facebook auf der Seite der Galgofriends e.V. ein Foto einer vier Monate alten Galgahündin, beide Vorderbeine und der Kiefer waren gebrochen. Man fand sie ausgesetzt zum Sterben auf einem Feld. Gleich am nächsten Morgen rief ich zu Spendenshootings für die kleine Chavela auf. Ich dachte, wenn ich nur ein paar Hundert Euro zusammenbekomme, wäre schon ein Anfang für die OP-Kosten und die Behandlung gemacht. Die Reaktion war überwältigend – nach zwei Tagen kamen schon zehn Teilnehmer für den guten Zweck zusammen. Nun begann eine fast tägliche, dreiwöchige Shootingzeit – von der Mehlinger Heide bei Kaiserslautern bis hin zur Burg Nanstein nach Landstuhl und mehrfach im DFG Saarbrücken fanden die Shootings statt. So viele Hunde zu fotografieren, Bilder zu sichten, Auswahl treffen, Bilder bearbeiten und so weiter war schon anstrengend und mit einigen „Shootingstars“ auch herausfordernd. Dennoch machte es mich unheimlich glücklich, am Ende einen Betrag von weit über 1.000 Euro zu überweisen. Wäre nicht eine Regenperiode dazwischengekommen, wäre es ein Tick mehr gewesen. Für Tierschutz ist es nie genug. Highlight war letztendlich die Veröffentlichung eines Videos der Orga von der kleinen Chavela in ihrem neuen Zuhause in Deutschland. Man hatte es im Dezember gepostet, und Chavela flitzte mit einem Spielzeug über ein großes eingezäuntes Grundstück zu ihrem Besitzer. Da verdrückt man schon mal ein Freudentränchen …
Worauf legst Du beim Fotografieren Wert?
Dass der Fotografierende seine Kamera beziehungsweise Technik beherrscht, zu den Themen Bildaufbau, Bildkomposition und Farblehre ein angemessenes Wissen mitbringt, sollte selbstverständlich sein. Neben diesen grundlegenden Attributen ist ein „fotografisches Auge“, sprich die Fähigkeit, interessante und ansprechende Kompositionen zu erkennen und umzusetzen, sehr von Vorteil. Man kann sich durchaus darin üben, indem man lernt, bewusst Details wahrzunehmen und Stimmungen und Emotionen einzufangen. Auf Events entstehen eher spontane Aufnahmen und die Lichtsituation ist oft nicht besonders gut. Ich fotografiere am liebsten bei Bewölkung oder in den frühen Morgen- beziehungsweise Abendstunden. Die besten Ergebnisse erzielt man jedoch, wenn man im Voraus Locations, Posen, Kostüme und Requisiten bis ins Detail plant. Es ist angenehmer für beide Seiten und man erlebt keine bösen Überraschungen. Ich lege großen Wert darauf, das Bild so korrekt zu fotografieren, dass ich wenig nachbearbeiten muss. Ein Shooting ist auch immer Teamarbeit, und egal wer vor meiner Kamera steht, soll sich wohlfühlen, entspannt sein und Freude empfinden. Gemeinsam besprechen wir eine Szene, und danach zeige ich die Fotos in der Kamera direkt. Die Kommunikation ist daher äußerst wichtig.

Hast Du Lieblingsfotos oder Bildserien von Dir?
Ja, da gibt es einige. Zum Beispiel die mit Andy als Floki aus der Serie „Vikings“ mit Uhu-Dame Elsa. Das war magisch, und ich konnte danach nicht schnell genug am PC sein zum Sichten der Fotos.
Mit der lieben Birgit K. hatte ich ein Projekt in Sierck-les-Bains/Frankreich, das Flair dieses Ortes aus vergangener Zeit passte hervorragend. Die TV-Serie „Carnival Row“ handelt von Feen und Fabelwesen in einer Fantasywelt, die viktorianisch angehaucht und etwas düster ist. Birgit steckte viel Zeit in die Fertigung der aufwendigen Flügel und das authentische Kostüm. Wir konnten einige Szenen umsetzen, die eine Verbindung zu der Serie widerspiegeln. Auch das Shooting in ihrem selbst genähten Drachenkleid auf der Grimburg bei Hermeskeil war ein Erlebnis. Als „Dragonqueen“ stellten wir Szenen nach, die ich im Anschluss am PC mit Bildelementen wie Drachen und Drachenei ergänzte. Bei einer Szene sollte Birgit einen auftauchenden Drachen, der natürlich nicht vorhanden war, an der Nase berühren. Also habe ich sie durch Anweisung in die Situation versetzt und den Drachen am PC eingefügt. Manchmal muss man schon ein bisschen schauspielern, ich gebe dann die Regieanweisung, wenn gewünscht. Man muss mit Herzblut und Leidenschaft dabei sein, nur so gelingen magische, faszinierende Aufnahmen.