Kölner Ford-Werk unter Druck
Nach Berichten der „Wirtschaftswoche“ und weiterer Medien steht das erst vor zwei Jahren eröffnete Elektrofahrzeugwerk von Ford in Köln massiv unter Druck. Erstmals seit seiner Gründung 1930 könnte es Streiks geben, um die Forderungen zu einem Sozialtarifvertrag durchzusetzen, so die IG Metall. Denn nach wie vor verkauft Ford in Europa nicht genügend Autos, um profitabel zu sein. Ford in den USA stellt zwar 4,4 Milliarden Euro bereit, die die deutsche Ford-Tochter benötigt. Vergangenen Monat strich der Mutterkonzern jedoch seine Bürgschaft dafür. Das Werk in Köln, das für den europäischen Markt Elektrofahrzeuge produzieren soll, erfuhr bereits in den vergangenen Jahren einen Stellenabbau. Trotz hoher Investitionen und einer Kooperation mit VW in Sachen E-Auto lahmt der Absatz batteriebetriebener Ford-Fahrzeuge in Europa. Bis 2027 sollen in Köln daher weitere 2.700 Stellen wegfallen.
Sprung nach Europa
Im französischen Scy-Chazelles trafen vergangene Woche die Spitzen des deutschen Bundesrates und der Europäischen Union zusammen. Anlass war der 75. Jahrestag der sogenannten Schuman-Erklärung. Frankreichs Außenminister Robert Schuman hatte die berühmte Rede vom 9. Mai 1945 in dem kleinen Ort im Département Moselle ausgearbeitet. In seiner historischen Ansprache schlug er damals die Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vor – die Schuman-Erklärung gilt seither als Geburtsstunde der Europäischen Union. Schuman nannte seinen Plan einen Sprung ins Unbekannte. Doch sei es ein Riesensprung in Richtung einer europäischen Einigung gewesen, so Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger. Auf Einladung des Präsidenten des Département Moselle, Patrick Weiten, nahmen neben Rehlinger auch Ehrengäste aus der Großregion teil. Zu ihnen gehörten unter anderem Oliver Paasch, Ministerpräsident der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien, die luxemburgische Forschungsministerin Stéphanie Obertin und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer.
Keine neuen AKWs
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hat eine Renaissance von Atomkraftwerken in Deutschland ausgeschlossen. Reiche leitete bis vor Kurzem noch den nationalen Wasserstoffrat. Sie ist eine ehemalige Managerin des Konzerns Eon und war dort Vorstand der Tochterfirma Westenergie. Reiche forderte nun einen verstärkten Zubau von Gaskraftwerken und stärkere Transparenz bei Systemkosten, also dem Ausbau von Netzen. Deshalb werde ihre erste Maßnahme als Ministerin ein Monitoring der Energiewende sein. Geplant sei ein Senken der Energiepreise: Dazu gehören ein Industriestrompreis, ein Senken der Gas-Speicher-Umlage und der Stromsteuer. Reiche zog als Abgeordnete 1998 in den Bundestag ein, war später Staatssekretärin im Verkehrs- und Umweltministerium. 2015 wechselte sie in die freie Wirtschaft.
Mehr Spielraum für Autohersteller
Das Europäische Parlament lockert die Vorgaben für Autobauer. Der Änderungsvorschlag der Kommission, den das Parlament laut Pressemitteilung annahm, bietet den Herstellern die Möglichkeit, ihren CO2-Verpflichtungen für die Jahre 2025, 2026 und 2027 nachzukommen, indem sie ihre Emissionsleistung über diese drei Jahre hinweg zu mitteln, anstatt jedes einzelne Jahr zu bewerten. Dies mache es möglich, Emissionsüberschreitungen in einem Jahr durch eine Übererfüllung der Ziele in einem der Folgejahre auszugleichen. Die derzeitigen Vorschriften legen jährliche Ziele für Fünfjahreszeiträume zur Reduzierung der durchschnittlichen CO2-Emissionen neuer Pkw und Transporter in der gesamten EU fest. Ab 2025 gilt für den Zeitraum von 2025 bis 2029 ein jährliches CO2-Reduktionsziel von 15 Prozent im Vergleich zu den Werten von 2021. Der Vorschlag ist Teil eines Maßnahmenpakets der Kommission für den europäischen Automobilsektor.
Durchatmen im Zollstreit
Die USA und China setzen einen Teil ihrer gewaltigen Zollschranken vorerst aus. Das ging aus einer gemeinsamen Erklärung beider Seiten hervor. Beide Seiten verhandelten in Genf miteinander, nachdem US-Präsident Trump zuvor absurd hohe Zölle auf Produkte aus China verhängte und China entsprechend reagierte. Die Zollpause soll vorerst 90 Tage lang gelten. In dieser Zeit wolle man einen Mechanismus entwickeln, um über Fragen von Handel und Wirtschaft zu beraten, so der stellvertretende chinesische Ministerpräsident He Lifeng. In einem Handelskrieg gebe es keinen Gewinner und China wolle keinen Handelskrieg, fürchte ihn aber auch nicht, hieß es. Auf US-Seite waren US-Finanzminister Scott Bessent und der Handelsbeauftragte Jamieson Greer beteiligt. Laut den beteiligten Parteien sinken US-Zölle auf chinesische Importe auf 30 Prozent. Zuvor lagen diese bei 145 Prozent. Die Aufschläge Pekings gegen Einfuhren aus den USA gehen von 125 Prozent auf 10 Prozent zurück.


SPD-Vorsitz
Bas möchte antreten
Bärbel Bas bewirbt sich um den Vorsitz der Sozialdemokraten. Dies hat zuerst die ARD gemeldet. Zuvor war bekannt geworden, dass Saskia Esken nicht mehr antreten wird. Die Unterstützung für die 63-jährige Informatikerin aus Baden-Württemberg hatte nach der Bundestagswahl Anfang des Jahres nachgelassen. In der neuen Bundesregierung war kein Platz für sie als Ministerin, auch nicht als Fraktionsvorsitzende im Bundestag. Sie gebe nun „Raum für Erneuerung“, so Esken im „Bericht aus Berlin“. Parteiintern gibt es jedoch Kritik an SPD-Chef und Finanzminister Lars Klingbeil wegen des Umgangs mit Saskia Esken. Auf einem Bundesparteitag Ende Juni soll nun ein neuer Parteivorsitz der Sozialdemokraten gewählt werden. Bas habe Interesse bekundet. Die ehemalige Bundestagspräsidentin und Krankenkassenbetriebswirtin zieht als Arbeitsministerin in die schwarz-rote Koalitionsregierung ein. Neuer Generalsekretär soll nach einem Beschluss des SPD-Präsidiums der Parteilinke Tim Klüssendorf werden.

EU senkt Schutzstatus von Wölfen
Wölfe können nun etwas leichter zum Abschuss freigegeben werden. Das EU-Parlament hat den Schutzstatus der Raubtiere von „streng geschützt“ auf „geschützt“ gesenkt. Vor allem Landwirte hatten dies gefordert, weil eine höhere Zahl von Wölfen in EU-Staaten immer mehr Tiere reißen. Nun könnte auch Deutschland sein nationales Recht ändern. Laut Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot sollen diese EU-Beschlüsse künftig in deutsches Recht umgesetzt werden. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, begrüßt die getroffene Entscheidung des EU-Parlaments zur Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes. „Die Dringlichkeit ist hoch. Das Reißen von Schafen, Ziegen, Rindern, Pferden und landwirtschaftlichem Gehegewild durch den Wolf ist ein existentielles Problem für unsere Weidetierhalter.“ Pauschal zum Abschuss freigegeben wird der Wolf damit nicht. Dennoch gibt es Kritik von Umweltverbänden und Parteien wie den Grünen und der Tierschutzpartei, die einen sorgsameren Umgang mit der sich erholenden Wolfspopulation fordern.
Kurden
PKK löst sich auf

Nach 40-jährigem, teils blutigen Kampf gegen die Türkei hat die kurdische Arbeiterpartei PKK ihre Auflösung bekannt gegeben. Das teilt die kurdische Nachrichtenagentur Firat mit. Die PKK gilt in der Türkei wie auch seit 2002 in der EU als Terrororganisation, ihr Mitgründer Abdullah Öcalan ist seit 1999 inhaftiert. Nun soll er den Übergangsprozess einleiten. Die Türkei bezeichnete diesen Schritt als „Wendepunkt“. Die Partei war 1978 als Reaktion auf die politische, soziale und kulturelle Unterdrückung der Kurden in der Türkei gegründet worden. In den 80er-Jahren wandelte sie sich zur Terrororganisation, verübte Sprengstoffanschläge und bewaffnete Angriffe. Ein erster Friedensprozess endete 2015 wegen türkischer Angriffe auf PKK-Stellungen. Laut der International Crisis Group sind in dem Kampf der Kurden gegen die Türkei insgesamt etwa 40.000 Menschen auf beiden Seiten getötet worden. Ob alle Teile der Partei dem Aufruf ihres Gründers folgen, ist unklar.
Wiegand will's wissen
Blickpunkt Europa
Habemus papam: Nach dem Argentinier Franziskus ist der US-stämmige Leo XIV. als weiterer Amerikaner zum Papst gewählt worden – erst der zweite Nichteuropäer seit rund 1.500 Jahren. Der 69-jährige Augustiner mit der Doppelstaatsbürgerschaft von Peru bricht die Europazentriertheit des Vatikans weiter auf. „Die Zeiten des italienischen Papstes sind vorbei, er ist ein globaler Papst“, bilanzieren Kenner.
Dennoch wird Leo XIV. an Europa nicht vorbeisehen. Der polyglotte Fünf-Sprachen-Kenner hat französisch-spanisch-italienische Wurzeln. Und er knüpft bewusst an Franziskus an. Dessen erstes Reiseziel war Lampedusa. Das Gedenken an ertrunkene Flüchtlinge rüttelte Europas Gewissen auf.
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen kündigt enge Zusammenarbeit mit dem Vatikan an – bei „globalen“ Themen. Aber Brüssel weiß, dass der Papst aus Chicago nicht nur in die Ferne schaut. Dieser Pontifex sieht auch Konflikte seiner neuen Nachbarschaft, etwa den Ukraine-Krieg. „Frieden“ war sein erstes Wort am Petersplatz.
Der Wunsch von Spaniens Premier Sánchez könnte sich erfüllen: ein Pontifikat „zur Verteidigung der Menschenrechte“. Das Thema ist Leo XIV. auf den Leib geschrieben. Er wirkte lange unter Armen in entlegenen Regionen Südamerikas.
Ob sich der 267. Papst dem Reformdruck etwa deutscher Bischöfe mit Kraft und Frische öffnet, ist offen. Im Zweifel muss Leo XIV. die Einheit der Weltkirche europäischen Befindlichkeiten vorziehen. Nur ein Fünftel der Katholiken lebt in Europa – Tendenz abnehmend. Am vor allem deutschen Wesen jenes Reformeifers wird die Kirche – für viele bedauerlich – nicht „genesen“.
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung.