Nach sieben ungeschlagenen Spielen endet Herthas Serie bei Abstiegskandidat Preußen Münster. Während auf dem Platz der Fokus fehlt, dreht sich abseits des Rasens das Personalkarussell immer schneller.

Alle Appelle von Stefan Leitl sollten nichts nutzen – die Serie ungeschlagener Spiele endete für Hertha BSC nach sieben Begegnungen am vergangenen Wochenende in Münster. Der Trainer der Berliner hatte nach dem Sichern des Klassenerhalts Ende April bereits gemahnt, den Fokus nicht zu verlieren und auch schon im Hinblick auf die nächste Spielzeit weiter zu punkten. Das war dann in der folgenden Partie gegen die SpVgg Greuther Fürth zumindest ergebnismäßig noch gelungen, dann aber riss die Serie doch noch kurz vor dem Ziel.
Preußen Münster – noch mitten im Abstiegskampf, aber mit dem Rückenwind eines 5:0-Siegs in Magdeburg nach einem Trainerwechsel – erwies sich als Gegner, der sein Ziel noch zu verfolgen hat und siegte am Ende verdient mit 2:0. Die Partie stand dabei aus Sicht der Hauptstädter bereits vor Anpfiff unter einem ungünstigen Stern – denn zusätzlich zu dem gelbgesperrten Abwehrchef Toni Leistner musste sich kurzfristig noch Torwart Tjark Ernst angeschlagen abmelden. Der 22-Jährige hatte sich beim Aufwärmen verletzt – und da Marius Gersbeck als etatmäßiger Ersatzmann ebenso nicht zur Verfügung stand, kam Dennis Smarsch zum ersten Mal seit Juni 2020 für Hertha BSC zum Einsatz. Der 26-Jährige sollte dabei das eine oder andere drohende Unheil verhindern, vor allem am zweiten Gegentor hatte er aber seine Aktien.
Zunächst aber gelang Hertha BSC ein verheißungsvoller Auftakt, als man die Hausherren mit einer einstudierten Anstoßvariante düpierte, die Jonjoe Kenny bereits nach nur acht Sekunden in Abschlussposition brachte – der Versuch des Engländers wurde jedoch in letzter Sekunde noch abgeblockt. Danach sollten die Blau-Weißen bis zur 74. Minute allerdings nicht mehr nennenswert vor dem gegnerischen Gehäuse in Erscheinung treten. Die Preußen wiederum kämpften sich ins Spiel und gingen verdient in Führung, als Angreifer Hendrix nach einer halben Stunde sehenswert mit der Hacke zur Führung traf. Möglich wurde das Tor allerdings erst durch einen Fehlpass von Linus Gechter, der sinnbildlich für den insgesamt fahrigen Hertha-Auftritt stand. Auch das zweite Gegentor 20 Minuten vor Schluss wurde dann in einer Form begünstigt, die man so länger nicht bei Hertha BSC gesehen hat: Denn ein weiter Einwurf fand Hendrix, der die Einladung zu seinem zweiten Tor des Abends dankend annahm – Diego Demme störte ihn dabei nicht entschlossen genug, und Smarsch ließ den Kopfball in der Torwartecke passieren.
Michal Karbownik, der für den erstmals diese Saison in der Startelf stehenden Leistner-Vertreter Andreas Bouchalakis eingewechselt worden war, ließ obendrein gleich darauf mit einem Lattentreffer die beste Gelegenheit der Berliner ungenutzt. Und als Gechter nach ungestümer Zweikampfführung die Rote Karte sah, war die Vorentscheidung eigentlich gefallen – zwar versuchten die Gäste es weiterhin nach vorne, blieben aber wirkungslos wie vor dem Platzverweis gegen defensiv sehr stabil agierende Preußen. So hatten die Gastgeber gerade Ibrahim Maza und Derry Scherhant praktisch aus dem Spiel genommen, wodurch auch Fabian Reese letztlich die meiste Zeit in der Luft hing.
Rund um das vorletzte Saisonspiel hatte sich dabei das Personalkarussell weitergedreht und der Trubel darüber die Konzentration mutmaßlich nicht gefördert. Was den Kader betrifft, hatte Hertha BSC angesichts des erwartbaren Abgangs von Maza bekanntlich mit der überraschenden Verlängerung des Vertrags von Michael Cuisance ein Zeichen gesetzt. Dann wurden weitere Zu- und Abgänge offiziell bestätigt: So endet für Florian Niederlechner und Smail Prevljak das Kapitel in der Hauptstadt– ebenso wie für Youngster Scherhant, dem Angebote aus der Bundesliga und England vorliegen sollen und der Hertha BSC mit einem Wechsel immerhin weitere zwei Millionen Euro in die Kassen spülen würde.
Lukratives Angebot für Fabian Reese
Im Gegenzug wurde die erwartete, aber bis dato noch nicht offiziell gemachte ablösefreie Bindung von Stürmer Sebastian Grönning (28, bisher FC Ingolstadt) vermeldet. „Sebastian ist ein klassischer Zielspieler, ein Angreifer, der mit seiner Größe und Physis viel Präsenz und Torgefahr im Strafraum ausstrahlt“, wurde Sportdirektor Benjamin Weber in diesem Zusammenhang zitiert. Zu den weiteren bekannten, aber noch unbestätigten Verpflichtungen zählen Eigengewächs Leon Jensen (aktuell Karlsruher SC) für das Mittelfeld sowie Innenverteidiger Niklas Kolbe vom SSV Ulm. Jüngst gehandelt wurde auch Paul Seguin, der momentan für den Ligarivalen FC Schalke 04 spielt, von 2019 bis 2022 jedoch unter Stefan Leitl bei Greuther Fürth unter Vertrag stand. Der 30-jährige Mittelfeldspieler besitzt allerdings nicht nur einen bis 2026 gültigen Kontrakt bei den Königsblauen, sondern für den blau-weißen Anhang möglicherweise auch einen „Makel“ – denn von Fürth verschlug es ihn einst zum Hertha-Rivalen 1. FC Union, wo er 2022/23 zum Kader der „Eisernen“ gehörte.

Dieses „Hindernis“ konnte allerdings bereits der frühere Köpenicker Toni Leistner aus dem Weg räumen, indem er durch seine unbändige Einsatzbereitschaft sogar alsbald die Kapitänsrolle bei der „Alten Dame“ übertragen bekam – eine Verlängerung mit dem Abwehrchef steht dabei ebenso auf dem Wunschzettel Leitls und der sportlichen Leitung wie die mit Allrounder Deyovaisio Zeefuik.
Dazu soll Führungsspieler Reese mit einem lukrativen Angebot überzeugt werden, allerdings könnte gerade ein Auftritt des Teams wie der in Münster beim 27-Jährigen Zweifel geweckt haben.
Nichts Konkretes gibt es auch von der ab Sommer vakanten Position des Geschäftsführers nach Ankündigung des Rückzugs von Thomas Herrich und den abgebrochenen Verhandlungen mit Jonas Boldt (früher unter anderem Sportdirektor des HSV). Die Spuren zu Jochen Sauer (aktuell Akademieleiter FC Bayern) und Rachid Azzouzi (zuletzt Greuther Fürth, FORUM berichtete in beiden Fällen) verdichteten sich jedenfalls zunächst nicht weiter – die dazu bekannt gewordene Kontaktaufnahme zu Alexander Rosen wurde inzwischen offenbar vonseiten des ehemaligen Hoffenheimer Sportvorstands beendet. Letztlich aber hat Hertha BSC in diesem Fall auch noch keine unmittelbare Eile– so kann zumindest von dieser Personalie unbelastet der Saisonabschluss am Sonntag gegen Hannover 96 (15.30 Uhr, Olympiastadion) möglichst versöhnlich gestaltet werden.