Ein Drittel der Vereine aus der 2. Fußball-Bundesliga hat kurz vor dem Saisonende noch einmal den Trainer gewechselt. Die Gründe dafür sind unterschiedlich.

Dass Vereine ihre Trainer wechseln, um den Abstieg zu vermeiden, ist im Profi-Fußball inzwischen gang und gäbe. Doch in der 2. Bundesliga gibt es in diesem Jahr auch noch einen fast schon absurden Kampf um den Aufstieg. Drei Spieltage vor Schluss lagen zwischen dem Ersten und dem Zehnten ganze neun Punkte. Der 1. FC Kaiserslautern war als Siebter einen einzigen Punkt vom 1. FC Magdeburg auf dem Relegationsplatz entfernt. Dieses seltsame Konstrukt führte dazu, dass im Saisonfinale auch Vereine aus der oberen Tabellenhälfte den Trainer wechselten. Letzter Strohhalm im Kampf um den Aufstieg. Klingt seltsam, war aber so. Selbst beim Hamburger SV, wo Merlin Polzin den Verein im Herbst übernommen hat und klar Kurs auf den ersehnten Aufstieg hielt, wurde Sportvorstand Stefan Kuntz nach drei Spielen ohne Sieg nach der Zukunft des Trainers befragt. Für Kuntz war das kein Thema.
Manche Vereine wechseln zweimal

Alles in allem gab es zwischen Ende April und Anfang Mai aber gleich sechs Trainerwechsel in der 2. Liga – drei Teams, die um den Aufstieg kämpfen. Und drei, die den Abstieg vermeiden wollen. Die bereits abgestiegenen Regensburger wollten nicht mit Andreas Patz in die 3. Liga gehen. Der trat daraufhin noch vor Saisonende zurück. Ansonsten waren die Gründe unterschiedlich.
1. FC Kaiserslautern: Markus Anfang hat eine der seltsamsten Trainer-Karrieren im Profi-Fußball. Der 50-Jährige hat in weniger als zehn Jahren mit Holstein Kiel, dem 1. FC Köln, Darmstadt 98, Werder Bremen, Dynamo Dresden und nun dem FCK gleich sechs große Profi-Clubs trainiert. Überall hatte er sehr erfolgreiche Phasen. Doch oft ging es seltsam und vorzeitig zu Ende. In Bremen trat er wegen eines falschen Impf-Dokuments zurück, in Köln wurde er drei Spieltage vor Saisonende auf Platz eins beurlaubt, in Dresden vier Spiele vor Ende auf Rang vier, in der Pfalz nun vier Spiele vor Ende bei drei Zählern Rückstand auf den Relegationsplatz. Es erwischte ihn am 20., 22. und 27. April. In Lautern hatte man kurz gesagt das Gefühl, dass Anfang nicht genug pusche und den möglichen Aufstieg nicht mit genug Vehemenz angreife. Zudem war mit Torsten Lieberknecht ein gestandener Bundesliga-Coach frei, der seine Profi-Karriere auf dem Betze begonnen hatte und es als gebürtiger Pfälzer stets als „Traum“ beschrieben hatte, mal den FCK zu trainieren. Mit einem 2:1 gegen Schalke brachte er tatsächlich neue Euphorie.

Preußen Münster: Wie beim Ulmer Thomas Wörle hat man bei Sascha Hildmann aus der Entfernung das Gefühl, als sei dieser Opfer seines eigenen Erfolgs geworden. Der Pfälzer hatte die Münsteraner wie Wörle die Ulmer fast sensationell zum Durchmarsch von der 4. in die 2. Liga geführt und erlebte nun das Saisonende nicht. Dabei waren die Münsteraner drei Spieltage vor Saisonende punktgleich mit dem Relegationsplatz. Doch auch in Münster hatte man den Glauben verloren, in dieser Konstellation das Saisonziel zu erreichen. Und man wollte nichts unversucht lassen. In der Woche zuvor hatte es eine Krisensitzung ohne den Trainer gegeben, danach wurde ihm das Vertrauen ausgesprochen. Nach einem 1:1 gegen Darmstadt wurde es ihm entzogen. Die „Bild“ schrieb, dass „Risse zwischen Mannschaft und Rekord-Coach in den letzten Wochen und Monaten immer größer geworden und nicht mehr zu kitten waren.“ Müßig zu diskutieren, ob Hildmann noch Trainer wäre, wenn er im Vorjahr nicht so erfolgreich gewesen wäre und nun auf Rang fünf in der 3. Liga läge. Doch im ersten Spiel unter Teamchef Christian Pander und Trainer Kieran Schulze-Marmeling gab es ein befreiendes 5:0 beim Dritten Magdeburg.

Schalke feuert Sympathieträger
Hannover 96: Als sich Hannover im Winter von Trainer Stefan Leilt trennte, hatten die Niedersachsen als Siebter zwei Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz. Aus verschiedenen Gründen sah man sich aber zum Handeln gezwungen. André Breitenreiter wurde teilweise euphorisch empfangen. Er ist vor den Toren Hannovers geboren, ist bei 96 zum Profi geworden und führte die Niedersachsen als Trainer schon mal in die Bundesliga. Doch die Bilanz war ernüchternd. Nur drei Siege in 13 Spielen, darunter kein einziger zu Hause, das war trotz vieler Unentschieden zu wenig. Breitenreiters Vertrag lief nur bis zum Saisonende, dass er darüber hinaus nicht bleiben würde, war schnell klar. Also wurde die Trennung vier Spiele vor Saisonende vollzogen. Der Aufstieg schien da als Zehnter sechs Zähler hinter Rang drei utopisch. Doch nach zwei Siegen unter einem Interims-Trio um Lars Barlemann war Hannover plötzlich wieder vorsichtig im Rennen.
FC Schalke 04: Sympathien im Umfeld und der Mannschaft hat Kees van Wonderen in Schalke viele gewonnen. Doch insgesamt war die Amtszeit des stillen Niederländers selbst für Schalker Verhältnisse eine kuriose. Van Wonderen schienen die Wucht und manch chaotischer Umstand in diesem großen Club manchmal zu erdrücken, er zauderte einige Male. Schon im Winter soll er seinen Rücktritt angeboten haben. Als dies im Frühjahr an die Öffentlichkeit kam, hatte er es noch schwerer. Die Mischung aus den Ansprüchen des Clubs, der zu den zehn mitgliederstärksten der Welt gehört und vor einigen Jahren noch Stammgast in der Champions League war, und einer nicht aufstiegsreifen Mannschaft ließ ihn ebenfalls verzweifeln. Ausgerechnet als sein Team gegen Tabellenführer Hamburger SV trotz einer Roten Karte in der dritten Minute ein 2:2 erkämpfte, ließ van Wonderen weit nach Spielschluss in den Katakomben seinem Frust freien Lauf. „Wir haben nicht so darüber gesprochen – aber für mich ist klar, dass ich nach dieser Saison nicht mehr hier bin. Alle Signale dafür sind da“, sagte er vor Journalisten. Er beklagte auch fehlende Unterstützung durch die Bosse. „Wenn wir auf demselben Weg wären, dann würde man sich besser austauschen. Aber das ist nicht so“, sagte er. Nach dem 0:2 beim Letzten Regensburg habe er sich ein Bekenntnis erhofft: „Stattdessen hört man nichts, und es heißt hinter den Kulissen, dass es Zweifel gibt. Das finde ich enttäuschend und nicht gut. Das ist schade.“ Zwei Tage später gaben die Schalker die Trennung zum Saisonende bekannt. Zwei Niederlagen später vollzogen sie sie sofort. Nachwuchs-Coach Jakob Fimpel, der im Herbst schon für zwei Spiele aushalf und vier Punkte holte, musste wieder ran, um die letzten theoretischen Zweifel am Klassenerhalt zu beseitigen.

Mal wieder Chaos in Köln
1. FC Köln: Bis zum Herbst spielte der 1. FC Köln den erfrischenden Offensiv-Fußball, den sich Trainer Gerhard Struber und die Fans eigentlich vorstellen. Das Problem: Die Kölner kassierten viel zu viele Gegentore. Und holten dadurch viel zu wenig Punkte. Nach zehn Spielen war Köln Zwölfter. Struber stellte auf kompletten Pragmatismus um. Es folgten drei 1:0-Siege in Folge, fünf weitere im Saisonverlauf. Köln war wieder auf Kurs. Doch die Fans erwarteten irgendwann auch wieder ansehnlichen Fußball, und der Schritt, aus der gewonnenen Sicherheit wieder zur Offensive zu finden, gelang nicht. Das Murren gegen Struber wurde mehr und mehr, auch die Ablösung von Sportchef Christian Keller, auf den sich ein Teil der Fans über alle Maßen eingeschossen hatte, wurde mehr und mehr gefordert. Als irgendwann auch die Ergebnisse ausblieben – nach einem 0:1 in Hannover und einem 1:1 gegen den abgeschlagenen Letzten Regensburg waren es nur noch drei Punkte Vorsprung auf Rang drei – wurden Struber und Keller gemeinsam beurlaubt. „Zuerst haben die Leistungen gestimmt, dann die Ergebnisse. Zuletzt haben aber weder die Leistungen noch die Ergebnisse gestimmt“, sagte Präsident Werner Wolf. Die Wahrheit: Der Vorstand wollte Keller davon überzeugen, Struber, der schon im Vorjahr in Salzburg in guter Ausgangslage kurz vor dem Saisonende gehen musste, zu beurlauben. Der „konnte das nicht mittragen“, und musste mitgehen. Routinier Friedhelm Funkel soll nun den Aufstieg ins Ziel bringen. Und im Sommer muss sich der FC wieder komplett neu sortieren. Im Herbst kommt dann auch noch ein neuer Vorstand dazu.

SpVgg Greuther Fürth: Für Jan Siewert ist es wie für Struber ein Déjà-vu. Bei Erstligist Mainz kam er im Vorjahr erst in der Saison und erlebte das Saisonende nicht. So nun auch in Fürth. Als 13. mit zwei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz kam er, als 14. mit drei Zählern Vorsprung musste er wieder gehen. Es folgt ein Duo mit Stallgeruch: Thomas Kleine, schon insgesamt sieben Jahre als Spieler und Co-Trainer ein Kleeblatt, und Milorad Pekovic, drei Jahre Fürther Mitspieler von Kleine, sollen den Absturz verhindern. Es ist die letzte Patrone.