Kitas reduzieren Öffnungszeiten ebenso wie Gastronomen, Arztpraxen und so manche Geschäfte. Es sind die Alltagserfahrungen eines bekannten Problems, die deutlich machen: Es fehlt an allen Ecken und Enden an qualifizierten Fachkräften für den Standort.
Ministerpräsidentin Anke Rehlinger hatte bei ihrem Neujahrsempfang vor einem Jahr bereits angekündigt, eine Fachkräftestrategie für das Saarland vorzulegen. Qualifizierung und Ausbildung, bessere Bedingungen für Frauen, die arbeiten wollen, sowie Zuwanderung und Integration.
Im Herbst folgte dann eine umfassende Fachkräftestrategie. Mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, durch bessere schulische und berufliche Bildung oder durch Weiterbildung und Qualifizierung von Beschäftigten, ist dabei eine der Säulen. Dazu eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Und zum Dritten die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. Als konkrete Maßnahmen wurden genannt: Schülerinnen und Schülern in ihrer Schulzeit stärkere Einblicke ins Berufsleben zu ermöglichen, Weiterbildungen intensiver zu bewerben, Verfügbarkeit von Kinderbetreuung auszubauen und die Potenziale von arbeitslosen Menschen stärker zu nutzen.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hatte in ihren Forderungen an die Landesregierung im Wesentlichen an diesen Punkten angesetzt: bessere Bildung, mehr Kita- und Betreuungsplätze – und eine Stärkung der Forschung. Zudem geht es der IHK auch um qualifizierte Zuwanderung, wobei aus Sicht der Kammer andere Regionen da bessere Karten haben. Das Saarland sei nun einmal „nicht so sexy“, wie die IHK einst anmerkte.
Das alles hört sich nun nicht gerade nach allzu neuen Ansätzen an. An deren Verbesserung und Intensivierung muss gleichwohl noch weiter gearbeitet werden. Die Zahlen aus so gut wie allen Bereichen verdeutlichen, dass das Problem drängender wird.
Die Arbeitsagentur hatte schon vor einiger Zeit ausgerechnet, dass im Saarland aufgrund der demografischen Entwicklung mit einem Rückgang von etwa 75.000 Personen im erwerbsfähigen Alter zu rechnen ist, und gleichzeitig kommt es in den Betrieben und Unternehmen zu einer Verschiebung hin zu älterer Belegschaft.
Ein Ansatz, damit umzugehen, ist das „Demografie Netzwerk Saar“, das Unternehmen unterstützen soll.
Die Nachfrage nach Arbeitskräften im Saarland ist nicht zuletzt wegen der konjunkturellen Entwicklung zuletzt kontinuierlich rückläufig. Im Februar zeigte der regionale Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit im Saarland aber erstmals seit Monaten wieder nach oben. Der Index gibt die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen wieder. Im Februar wurden nach dem monatlichen Arbeitsmarktbericht 2.100 neue Arbeitsstellen von Unternehmen gemeldet, insgesamt waren damit bei der Arbeitsagentur rund 8.000 offene Stellen registriert. Die Zahl der Arbeitslosen war zugleich leicht rückläufig, aktuell sind damit 39.700 Menschen als arbeitslos registriert, was einer Quote von 7,5 Prozent entspricht.
Dass trotz hoher Arbeitslosigkeit viele Stellen nicht besetzt werden können und warum Unternehmen trotz wirtschaftlicher Flaute teils händeringend nach Personal suchen, hat auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) beschäftigt. Eine entsprechende Studie zeigt ein sehr differenziertes Bild.
Einerseits ist relativ viel Bewegung im Arbeitsmarkt, was Personen in der Arbeitslosenversicherung betrifft. Heißt: Es gibt einen ziemlich dynamischen Wechsel, Menschen finden verhältnismäßig leicht einen neuen Job.
Anders dagegen im Bereich der Grundsicherung. Dort ist die Langzeitarbeitslosigkeit ausgeprägter und der Anteil der Menschen erheblich größer, die „mindestens zwei Vermittlungshemmnisse“ aufweisen, wie beispielsweise keine formale Berufsausbildung. Die Folge ist ein Missverhältnis: Rund die Hälfte dieser Menschen suchen einen Job eher auf Helferniveau, während für 80 Prozent der offenen Stellen Fachkräfte gesucht werden.

Ansiedlungsargument: Qualifizierte Fachkräfte
Was die IAB-Studie schon vor knapp zwei Jahren zeigte, belegen auch die aktuellen Zahlen im Februar 2025 im Saarland. Von den knapp 40.000 arbeitslos Gemeldeten waren knapp 24.000 ohne abgeschlossene Berufsausbildung, also 60 Prozent. Dagegen waren von gut 8.000 offenen Stellen nur 20 Prozent für Ungelernte ausgeschrieben. „Dies zeigt eindeutig, wie wichtig eine fundierte Ausbildung oder ein Studium sind, um am Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein und sich weiterzuentwickeln“, unterstreicht Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland, und verweist zugleich auf die vielfältigen Angebote der Agentur.
Der zweite Punkt neben mangelnder Qualifikation ist ein Missverhältnis zwischen Berufsgruppen. Rund 190 Berufe und Berufsgruppen gelten als Engpassberufe, weitere rund 170 fallen zwar noch nicht in diese Kategorie, stehen aber sozusagen unter Beobachtung. Lediglich bei weiteren rund 170 gibt es keine Engpässe. Schwierig ist es noch in Pflegeberufen, im Bereich der medizinischen Berufe, in Bau- und Handwerksberufen und in IT-Berufen. Aber auch Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer sowie Erzieherinnen und Erzieher werden händeringend gesucht.
Ein Arbeitskräftepotenzial gibt es auch bei Geflüchteten und Migranten. Das aber stößt auf Verbote (bei Asylbewerbern), auf mangelnde Sprachkenntnis, aber auch auf bürokratische Erschwernisse. Migrationsforscher fordern schon lange, dass geflüchtete Menschen schneller die Möglichkeit erhalten sollten, auf dem deutschen Arbeitsmarkt anzukommen, was sowohl bei der Integration, aber eben auch den Unternehmen auf Fachkräftesuche helfen würde.
Zusätzlich steht das Land im Zuge der Transformation vor der Herausforderung, Arbeitskräfte für neue Berufsfelder zu qualifizieren. Im Standortwettbewerb spielt das Potenzial geeigneter Fachkräfte eine mitentscheidende Rolle. Alle Projekte waren und werden seitens der Landesregierung begleitet von Qualifikationskonzepten.
Die landeseigene Gesellschaft für Transformationsmanagement Saar (GeTS) hat zum Ziel, bei der schnellen und passgenauen Vermittlung von Arbeitskräften auf neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze zu unterstützen, übernimmt Koordinierung und Moderation betriebsspezifischer Lösungen bei der Fachkräftesicherung und unterstützt bei der Identifikation beruflicher Schlüsselkompetenzen und notwendiger Qualifizierung. Sie richtet sich an abgebende und aufnehmende Unternehmen, bezieht Beschäftigungsvertretungen mit ein und arbeitet mit Qualifizierungsanbietern zusammen.
Die GeTS ist auch mit der Durchführung des Projekts „TraSaar“ beauftragt, das von der Bundesregierung im Rahmen des Programms „Zukunftsfonds Automobilindustrie“ unterstützt wird und Strategien und Empfehlungen für die regionale Wirtschaft, für Politik und Institutionen entwickelt. Mit dabei sind Arbeitskammer, IHK, Autoregion, das Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik sowie die IG Metall. Ebenso spielt der Weiterbildungsverbund Saar (WBV) mit seinen nach eigenen Angaben 77 Netzwerkpartnern eine wichtige Rolle.
Fachkräfte und Qualifizierung in der Transformation sind als Thema im Grunde angekommen. Trotzdem wird Wirtschaftsminister Jürgen Barke nicht müde zu werben: „Die Sicherung des Fachkräftebedarfs ist eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Gerade die Frage nach Fachkräften ist zudem immens wichtig bei Standortentscheidungen von Unternehmen und geht uns damit alle an.“