Nicht nur auf der Leinwand war er ein Held: US-Filmstar Gregory Peck setzte seine Popularität ein, um an der Seite Martin Luther Kings gegen den Rassismus zu kämpfen. Am 12. Juni vor 20 Jahren starb die Hollywood-Legende in Los Angeles.
Zu sanft für einen vom Jagdfieber befallenen Walfänger? Gregory Peck, der „schönste Mann Hollywoods“, galt zunächst als Fehlbesetzung für die Rolle des Captain Ahab in John Hustons grandioser Verfilmung des berühmten Herman-Melville-Romans „Moby Dick“ aus dem Jahr 1956. Zu sehr war der 1,91 Meter große Mime mit der vertrauenseinflößenden Stimme und dem markanten Gesicht bisher auf das Fach des attraktiven, integeren und sympathischen Helden festgelegt worden. Und doch verstand es gerade dieser Schauspieler, aus seiner Figur einen komplexen Charakter zu machen – in einer Mischung aus aggressiver Männlichkeit und subtiler Melancholie. Gregory Pecks Schauspielkunst trug schließlich entscheidend dazu bei, dass dem Werk ein herausragender Platz in der Filmgeschichte sicher ist.
Gregory Pecks Filmografie umfasst mehr als 64 Filme. Mehrfach für den Oscar nominiert, erhielt er die begehrte Auszeichnung 1963 schließlich für die Darstellung eines Rechtsanwalts in „Wer die Nachtigall stört“ (Originaltitel: „To Kill a Mockingbird“) nach dem gleichnamigen preisgekrönten Roman von Harper Lee. Die Bestseller-Autorin war von Pecks Verkörperung des Juristen ergriffen, für den ihr Vater, Amasa Coleman Lee, als Vorbild diente. Peck spielt den Witwer und zweifachen Vater Atticus Finch, der als Pflichtverteidiger eines fälschlich der Vergewaltigung bezichtigten schwarzen Farmarbeiters bestellt wird. In einer von Rassismus geprägten Gesellschaft verteidigt der aufrechte Finch Recht und Gesetz gegen Vorurteil und Intoleranz – eine Überzeugung, für die sein Darsteller auch im richtigen Leben tatkräftig eintrat. 40 Jahre nach dem Oscar wurde dem als liberal bekannten Hollywoodstar eine weitere Ehrung für seine Rolle zuteil: Als Atticus Finch führt er die 2003 ins Leben gerufene „Liste der 50 größten Filmcharaktere des US-amerikanischen Films“ an.
Gregory Pecks Familie stammt aus Irland und wanderte in die USA aus. Dort wurde der Schauspieler als Eldred Gregory Peck am 5. April 1916 in San Diego in Kalifornien geboren. Eldred kam bereits als Dreijähriger zu seiner Großmutter mütterlicherseits, weil die Eltern sich scheiden ließen. Nach dem Besuch einer katholischen Militärschule begann Peck, an den Universitäten von San Diego und Berkeley Medizin und Englische Literatur zu studieren. Doch seine Liebe gehörte damals schon der Schauspielerei. Bald avancierte der Student zum Star des Universitätstheaters. Nach seinem Abschluss 1939 ging der begabte Peck nach New York, um die Schauspielkunst von der Pike auf zu lernen.
Angeblich zeitweise obdachlos
In New York schrieb sich Gregory – vom ungeliebten Namen Eldred hatte er sich endgültig getrennt – auf der Schauspielschule „Neighborhood Playhouse“ ein. Er versuchte, sich mit Jobs auf Messen und bei Fernsehsendern über Wasser zu halten und lebte meist von der Hand in den Mund. Die Legende will es, dass Peck zeitweise obdachlos war und im Central Park übernachten musste. 1942 hatte der Jungschauspieler in einem Stück des britischen Autors George Emlyn Williams seinen ersten Theatererfolg („Morning Star“); ein Jahr später wurde er am Broadway bereits als Newcomer gefeiert – in Irwin Shaws Drama „Sons and Soldiers“. Regie führte damals der berühmte österreichische Theatermann Max Reinhardt, der vor den Nazis in die USA geflohen war. Er gab dem Newcomer einen todsicheren Tipp zur Überwindung des Lampenfiebers, und der große, gut aussehende Schauspieler mit der sonoren Stimme startete eine Filmkarriere in Hollywood.
Seine Hollywoodkarriere schloss sich unmittelbar an seine Zeit am Broadway an, da er aufgrund eines Rückenleidens nicht zum Kriegsdienst eingezogen wurde und uneingeschränkt zur Verfügung stand. Gerne griff die männlich unterbesetzte Traumfabrik auf den attraktiven Hünen zurück. Zum ersten Mal stand Peck in dem Kriegsfilm „Days of Glory“ von Jacques Tourneur als Rebellenführer Wladimir vor der Kamera. Der Film kam 1944 ins Kino und erzählt die Geschichte sowjetischer Guerillakämpfer während der deutschen Invasion im Jahr 1941. Fortan gehörte Gregory Peck zu den gefragtesten Schauspielern Hollywoods und wurde 1944 für seinen zweiten Film „The Keys of the Kingdom“ („Schlüssel zum Himmelreich“) bereits für den Oscar nominiert. 1945 spielte Peck in „Ich kämpfe um dich“ („Spellbound“) von Alfred Hitchcock an der Seite Ingrid Bergmans einen Hochstapler. Der Streifen markierte seinen endgültigen Durchbruch.
Unterstützer von Martin Luther King
Verehrt wurde Gregory Peck vor allem wegen seiner aufrechten Persönlichkeit, seiner Würde und moralisch einwandfreien Haltung, die auf seine Charaktere abzufärben schienen. Der Gentleman unter den Weltstars stellte in vielen seiner Filme ritterliche Männer dar, denen die Frauen gerne zu Füßen lagen. In „Ein Herz und eine Krone“ aus dem Jahr 1954 verkörperte er einen Sensationsreporter, der sich in eine Prinzessin verliebt (dargestellt von Audrey Hepburn) und ihr zuliebe auf seine Sensations-Story verzichtet. Er wurde einer seiner erfolgreichsten Filme – neben „Der Fall Paradin“ (1947), „Des Königs Admiral“ (1950), „Schnee am Kilimandscharo“ (1952), „Weites Land“ (1958) und „Arabeske“ (1966). Aber er spielte auch Bösewichte wie den Ranchersohn Lewt in King Vidors melodramatischem Western „Duell in der Sonne“ (1946) oder den KZ-Arzt Josef Mengele in dem Thriller „The Boys from Brazil“ (1978). Aber selbst seine inhumansten Charaktere wirkten auf gewisse Weise noch vornehm.
In den 60er-Jahren war Peck zunehmend auch politisch aktiv. Er kämpfte mit Martin Luther King gegen Rassismus und für Bürgerrechte und sprach sich öffentlich gegen den Vietnamkrieg aus. Als die Demokraten ihn bei der kalifornischen Gouverneurswahl als ihren Gegenkandidaten zu Ronald Reagan aufstellen wollten, lehnte Peck dankend ab. 1972 produzierte er „The Trial of the Catonsville 9“, einen Film über den zivilen Ungehorsam von katholischen Nonnen und Geistlichen, die Einberufungsunterlagen für Vietnam verbrannten.
Gastauftritt bei Neuverfilmung
1980 nutzte Peck seine Popularität, um in der Krise des Chrysler-Konzerns für die Rechte der Arbeiterschaft und für den Erhalt tausender gefährdeter Arbeitsplätze zu demonstrieren. Peck hatte zudem viele Ehrenämter inne. 1964 wurde er in den „National Council Of Arts“ berufen, 1967 übernahm er die Präsidentschaft der „Academy Of Motion Picture Arts And Sciences“ und wurde im selben Jahr Mitbegründer des „American Film Institute“.
Gregory Peck sagte 1974 gegenüber dem Sender BBC: „Ich glaube, das Geheimnis der Filmschauspielerei besteht darin, dem Publikum gegenüber völlig offen zu sein und es sein wahres Ich sehen zu lassen.“ Das einzige Mal, dass Peck eine Rolle mit nach Hause nahm, war, als er 1976 mitten in den Dreharbeiten für die Rolle des Fünf-Sterne-US-Generals MacArthur („MacArthur – Held des Pazifik“) den festen Entschluss fasste, ein Haus zu kaufen: „Ich hätte gezögert – es war alles MacArthur.“
Wie kaum ein anderer Hollywoodstar kam der zweimal verheiratete Peck ohne publikumswirksame Skandale aus. Als ein Mann von Prinzipien verstand er es, sein Privatleben vor der Yellow Press zu schützen und zeitlebens unter Verschluss zu halten. Bis der älteste seiner drei Söhne 1975 Selbstmord beging – ein Ereignis, das Peck in eine tiefe Krise stürzte und das er einmal als die größte Tragödie seines Lebens bezeichnete.
In den 90er-Jahren nahm Gregory Peck nur noch wenige Film- und TV-Rollenangebote an. So spielte er in „Kap der Angst“ von Martin Scorsese und „Das Geld anderer Leute“ von Norman Jewison. Im Fernseh-Remake von „Moby Dick“ aus dem Jahr 1998 hatte er einen Gastauftritt als Pfarrer Mapple. Es war seine letzte Rolle. Gregory Peck starb am 12. Juni 2003 im Alter von 87 Jahren in Los Angeles. Auch die Deutschen liebten den charismatischen Star. Zu seinen zahlreichen Preisen und Ehrungen gehört der „Goldene Bär“ der Berlinale 1993 für sein Lebenswerk.