Der aktuelle Trend in der Kosmetikbranche nennt sich Clean Beauty. Dahinter verbirgt sich viel mehr als die Entwicklung spezieller Produkte: eine ganze Bewegung der Umwelt und der eigenen Gesundheit zuliebe.
Frei übersetzen lässt sich der englische Begriff Clean Beauty mit „saubere Kosmetik“. Nicht, dass frisch im Handel gekaufte Kosmetik sonst im wörtlichen Sinne verschmutzt wäre. Vielmehr geht es den Herstellern ums Detail: Viele Produkte enthalten heute problematische Inhaltsstoffe wie zum Beispiel Parabene, Silikone und vieles mehr. „Problematisch“ meint die potenziell negative Wirkung auf die eigene Gesundheit. Und die liegt schließlich jedem am Herzen.
Siegel für „saubere“ Kosmetikprodukte
Wer zuerst den Begriff Clean Beauty verwendet hat, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Nach wie vor handelt es sich dabei auch nicht um eine geschützte Bezeichnung. Das bedeutet, was genau Clean Beauty ist, und wer sich den Slogan wirklich auf seine Kappe schreiben darf, darüber herrscht kein offizieller Konsens. Inzwischen gibt es allerdings Prüfsiegel für cleane Produkte wie Ecocert, Cosmos NaTrue, Soil Association, USDA, Demeter und EWG. Jedes Siegel verfolgt dabei individuelle Kriterien hinsichtlich der Einordnung der „sauberen“ Bestandteile in den Kosmetika. Doch ihre Einführung macht deutlich, wie stark die Bewegung inzwischen ist, denn die Nachfrage steigt stetig. Längst haben viele große Drogerieketten und Parfümerien online wie offline eigene Clean-Beauty-Abteilungen eingerichtet, was die Suche der Kunden erleichtern soll. Verbraucher müssen dennoch genau hinschauen und selbst recherchieren, ob die Produkte wirklich so „clean“ sind, wie es die Hersteller vorgeben. Eines steht dabei sicher fest: Seit die Bewegung vor einigen Jahren immer mehr an Präsenz zugenommen hat, geht der Trend bei den Labels mehr in Richtung Transparenz als jemals zuvor. Das ist gut, denn was nicht auf der Packung steht, das ist zumindest online auf einschlägigen Portalen oder via App in den meisten Fällen leicht nachzulesen. Information ist das Schlüsselwort. Und die ist vielfältig. Zwar variieren weiterhin die Zusatzstoffe, die als schwierig und gesundheitsschädlich einzustufen sind, trotzdem finden sich online diverse Auflistungen.
Da wären etwa die Silikone, wie sie meist in Haar- und Hautpflegeserien enthalten sind. Dabei handelt es sich um einen synthetisch hergestellten Stoff, der aufpolsternd und glättend wirkt. Außerdem sollen Silikone Frisur und Teint zum Strahlen bringen, weshalb sie äußerst beliebt sind. Feines Haar wirkt dadurch allerdings schnell schwer und stumpf, außerdem können sie Poren verstopfen und dadurch zu Hautunreinheiten führen. Diesen Effekt haben synthetische Duftstoffe nicht. Trotzdem möchte diese niemand gern in seinen Kosmetika haben, da sie empfindliche Haut reizen können und allergische Reaktionen begünstigen sollen. Solche Auswirkungen werden auch sogenannten PEGs zugeschrieben. Das ist die Abkürzung für Polyethylenglykol. Es gilt als umweltschädlich, da es aus Erdöl gewonnen wird. In Cremes und Kosmetika verbessert es die Konsistenz, weshalb trotzdem viele Hersteller es einsetzen. Dabei gilt sein Ausgangsstoff Ethylenoxid potenziell als krebserregend. Krebs ist aber nicht die einzige „Nebenwirkung“, die einige Substanzen mitbringen. Hormonstörungen sind ebenfalls ein mögliches Resultat der Nutzung von Kosmetika und Pflegeprodukten. Dafür verantwortlich sind Parabene wie Isobutyl, Thyl, Butyl, Methyl und Propyl. Sie erfüllen Konservierungszwecke, machen die Cremes also haltbarer und halten Bakterien fern. Sie wirken auf den weiblichen Organismus ähnlich wie körpereigenes Östrogen und stören deshalb den Hormonhaushalt nachhaltig. Ähnliches kann auch bei den sogenannten Phthalaten passieren. Diese Weichmacher gelangen sehr leicht in den Organismus, genauso wie chemische UV-Filter. Die stecken in Cremes, aber auch in einigen Lidschatten, Lippenpflegestiften, Make-ups und vielem mehr. Die UV-Filter sollen die Haut vor schädlicher UV-Strahlung schützen. Auf der Packung sind sie zum Beispiel unter der Bezeichnung Oxybenzon aufgeführt. Was hilfreich sein soll, kann trotzdem schädliche Auswirkungen auf das Hormonsystem und die Hautbalance haben. Allergien können die Folge sein. Darüber hinaus lassen sich UV-Filter nicht im Wasser lösen und verschmutzen deshalb die Meere mit Mikroplastik. Im weitesten Sinne gehören mit Petrolatum, Erdöl und Paraffinum liquidum auch Mineralölprodukte zu den verwendeten Problemstoffen. Sie sind aus fragwürdiger Produktion, nicht nachhaltig und trocknen empfindliche Haut überdies aus. Zu finden sind sie häufig in Lippenpflegeprodukten, Gesichtscremes und Vaseline. Sulfate trocknen ebenfalls aus, sie wirken zudem reizend bei sehr sensibler Haut. Sie bilden Schaum und sind deshalb beliebte chemische Helfer bei den Herstellern. Speziell in Duschgels, Shampoos und Reinigungsgels für das Gesicht stecken Sulfate und können den Nutzern einige Probleme bereiten. Die Liste an potenziell schädlichen Stoffen ist lang, noch nicht erwähnt wurden hier künstliche Farb- und Duftstoffe sowie Chemikalien wie Siliciumdioxid und Hydrochinon.
Ausschließlich natürliche Rohstoffe
Inwiefern die schädlichen Auswirkungen auf jede Person zutreffen und wie gefährlich die genannten Zusatzstoffe tatsächlich sind, das bleibt weiterhin reine Vermutung. Noch fehlen belastbare wissenschaftliche Studien zu diesem Thema. Seit den ersten Gesetzeserlassen in Europa und den USA im Jahr 1938 ist nicht viel passiert. Wer auf Nummer sicher gehen will, der verzichtet auf fragwürdige Inhalte und wählt bewusst Clean-Beauty-Kosmetika aus. Dabei fällt es allerdings schwer, eine feste begriffliche Definition zu finden, denn nicht alle Naturprodukte zum Beispiel fallen in das Segment „Clean Beauty“. Hier geht es nämlich rein um den Fakt, dass eben keine bedenklichen Inhaltsstoffe verwendet werden. Die Wirkstoffe können aber grundsätzlich synthetischen und auch tierischen Ursprungs sein, sogar der Punkt der Nachhaltigkeit darf vernachlässigt werden. Während es bei reiner Naturkosmetik darum geht, ausschließlich natürliche Rohstoffe zu verwenden, muss das bei Clean Beauty nicht unbedingt eine Rolle spielen. Der Nachteil von natürlichen Produkten wiederum ist zum Beispiel, dass hier ätherische Öle für einen angenehmen Duft und ein hohes Maß an Pflege enthalten sind. Auch die können problematisch sein, die Haut irritieren und austrocknen. Da helfen synthetische Alternativen unter Umständen sogar besser. Die sind dafür nicht bio. Bei Bio-Kosmetika sind die Richtlinien noch strenger als in der Naturkosmetik, denn alles muss aus Bio-Produktion kommen. Bei veganer Kosmetik gilt das nicht, hier dürfen allerdings keine Wirkstoffe enthalten sein, die tierischen Ursprungs sind wie zum Beispiel der Farbstoff Karmin, Seidenproteine oder Bienenwachs. Tierversuchsfrei müssen die Produkte ebenfalls sein. Nachhaltige Kosmetik schließlich kommt ohne umweltschädliches Mikroplastik aus. Bei den Verpackungen achten die Hersteller ebenso auf Nachhaltigkeit, verwenden kein Plastik und möglichst wenig Umverpackungen.
Clean Beauty spannt einen Bogen um alle diese unterschiedlichen Kosmetikfelder. Sie ist unbedenklich hinsichtlich der verwendeten Wirkstoffe, macht aber keine Einschränkungen dahingehend, woher diese Stoffe stammen. Im Vordergrund der Bewegung steht der Wunsch, dem eigenen Körper etwas Gutes zu tun und ihm hochwertige Nährstoffe zuzuführen. Hersteller wie Sober, Drunk Elephant, Gegengift, Caudalie Paris, Bioniva, Deep Seoul und viele mehr verbreiten ein gutes Gefühl im Badezimmer. Noch immer achten viele Menschen bei der Ernährung durchaus auf die Verarbeitung, die Herkunft und den Inhalt ihrer Einkäufe im Einkaufswagen. Bei ihrer Beauty- und Pflegeroutine aber (noch) nicht. Dabei lohnt es sich hier achtsam zu sein – zum Wohle des eigenen Körpers und der Umwelt.