Die geplante Globus-Ansiedlung an der Neunkircher Betzenhölle erregt die Gemüter: Fünf Hektar Wald sollen dem neuen Warenhaus zum Opfer fallen, Naturschützer protestieren, Illingens Bürgermeister Armin König läuft Sturm und hat Angst um den Einzelhandel seiner Stadt. Ob das gerechtfertigt ist, stellt Globus allerdings infrage.
Zhomas Bruch ist guter Dinge: Bei der jährlichen Pressekonferenz kann der geschäftsführende Gesellschafter der Globus Holding gute Zahlen für sein Familienunternehmen verkünden. Der Umsatz ist gestiegen, vor allem die Baumärkte machen ein sattes Plus, das Geschäft in Russland brummt. Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Wäre da nicht das Kernland der Bruchs, der Stammsitz von Globus, das Saarland. "Die Situation hier ist schwieriger geworden", so Bruch im Gespräch mit FORUM. Mächtige Wettbewerber drängen auf den Markt und drohen, der Kette Marktanteile streitig zu machen.
Harter Kampf der Supermarkt-Ketten auch im Saarland
Aldi, Lidl, Edeka und Rewe sind die großen Player, nicht nur in Deutschland, sondern auch im Saarland. Mit seinem Marktanteil von 1,7 Prozent gehört Globus zu den Winzlingen in der deutschen Supermarktbranche, hat allerdings das Saarland mit Märkten ganz gut abgedeckt. Das ganze Saarland? Nein, ein Flecken ist noch nicht Globusland: die Region um Neunkirchen. Seit mehr als 25 Jahren schon gibt es den Plan, eine Niederlassung dort zu errichten; erstmals gescheitert ist er, als das Saarpark-Center geplant wurde. Die Neunkircher Stadtverwaltung wollte mehr als einen Supermarkt, allerdings fehlte Globus das Know-how, um ein vollwertiges Einkaufszentrum mit gemischtem Sortiment, mit Mode- oder Elektroläden, zu errichten. Sie holten sich dafür Unterstützung, die ECE-Gruppe der Versandhausfamilie Otto aus Hamburg und wurden danach ausgebootet. ECE übernahm das Saarpark-Center selbst.
Seither ruhte der Plan, Globus in den Landkreis Neunkirchen zu bringen. Gescheitert ist er ein zweites Mal, als sich die Pläne zerschlugen, ein Globus-Warenhaus in Elversberg zu errichten "aus Naturschutzgründen", so Andreas Bohlen, bei Globus Regionalleiter für Expansion. Auch der dritte Anlauf nun hat einen Haken namens "Landschaft für Industriekultur Nord" (LIK Nord). "Es war nicht einfach, etwas Passendes zu finden", so Bruch, "und wir wissen, dass es viel zu berücksichtigen gibt: von den Eingriffen in die Natur bis hin zur Frage, wie sich das auf Stadt und Menschen auswirkt."
Der Aufwand lohne sich jedoch, trotz sinkender Einwohnerzahl der Stadt, trotz einer Kaufkraft unter Bundesdurchschnitt. "Durch unseren geringen Marktanteil sind wir für jeden Lieferanten vernachlässigbar, auf europäischer Ebene erst recht. Das bedeutet: Wir brauchen in unserem Kerngebiet eine starke Marktposition. Die ist im Saarland durch die Wettbewerber nur noch begrenzt gegeben, deshalb ist unser Marktanteil im Saarland kontinuierlich gesunken. Das ist für uns problematisch." Seit 1987 wurde kein neuer Globus-Lebensmittelmarkt im Saarland genehmigt, dafür bauten Supermarktketten wie Rewe und Aldi ihre Verkaufsflächen immer weiter aus. "Fast in jeder Gemeinde zwischen Eppelborn und Neunkirchen gibt es zwei Rewe-Märkte und einen Wasgau-Markt", rechnet Regionalleiter Andreas Bohlen vor. Wasgau gehört zum großen Teil zu Rewe, ebenso Penny. Alle drei Marken bringen es insgesamt auf mehr als 110.000 Quadratmeter Verkaufsfläche im gesamten Saarland, Globus auf circa 80.000 Quadratmeter. Ein Globus-Markt in Neunkirchen könnte also die zunehmende Marktkonzentration in dieser Region aufbrechen, "zugunsten der Preise für die Kunden", so Bohlen. Natürlich zieht ein Neunkircher Markt auch Kunden von den Globus-Niederlassungen in den umliegenden Landkreisen ab. Aber das Handelsunternehmen scheint eher bereit, sich selbst zu kannibalisieren, als im zunehmend härter werdenden Kampf der Supermarktgiganten der Konkurrenz den Vortritt zu lassen. Die Neuansiedlung, die der Konzern der Neunkircher Stadtverwaltung vorgeschlagen hat, schlägt also für Globus zwei Fliegen mit einer Klappe: Damit schließt sich die letzte Standortlücke im Saarland, zusätzlich investiert das Unternehmen die rund 50 Millionen für ein neues Warenhaus, um seine Marktposition zu verteidigen. Das schafft nach Konzernangaben rund 400 Arbeitsplätze. Dass er dabei größere Verantwortung als nur für sein Unternehmen trägt, ist Thomas Bruch klar. "Ein erfolgreiches Unternehmen darf nicht nur wirtschaftliche Ziele verfolgen, sondern in seinem Handeln muss sich auch der ökologische und soziale Gedanke wiederfinden." Kritik sei keine gute Basis, um später erfolgreich Kunden zu werben.
Globus bietet Überkompensation an
Deshalb biete Globus nicht nur ein Austauschgebiet nördlich von Neunkirchen, den sogenannten Katzentümpel, das derzeit noch der RAG-Stiftung gehört. "Wir sind bereit zur Überkompensation", so Rolf Alles, der die Projektentwicklung von Globus leitet. Globus bietet außerdem an, ein zusätzliches Gebiet innerhalb der Bergbaufolgelandschaft im Sinne der Ziele der LIK Nord zusammen mit allen Akteuren, aber mit eigenem Geld zu gestalten.
Der Protest der Naturschützer, die mit dem Flächentausch keinen Präzedenzfall schaffen wollen und auf die Verträge pochen, stößt zwar auf ein gewisses Verständnis, doch das ist nicht unbegrenzt. "Klar ist: die Betzenhölle, die an der am stärksten befahrenen Bundesstraße im Saarland liegt, ist derzeit überhaupt kein Naturschutzgebiet", erklärt Andreas Bohlen, "sondern wird es wohl erst werden, wenn die Maßnahmen der LIK Nord abgeschlossen sind." Die Größe des von Globus ins Auge gefassten Fläche an der Betzenhölle sei im Gesamtverbund LIK Nord ohnehin gering: Das fragliche Gebiet umfasse gerade mal 0,2 Prozent der LIK-Fläche.
10.000 Quadratmeter der benötigten Fläche lägen überdies nicht im Gebiet der LIK Nord, so Rolf Alles. Illingens Bürgermeister Armin König, der nun die Kommunalaufsicht eingeschaltet hat, um Globus zu stoppen, befürchtet nicht nur eine Vertragsverletzung. Er glaubt, dass ein solches Warenhaus der Einzelhandelslandschaft in Illingen massiv schade. "Nach unserem Gutachten liegen wir bei einem Abfluss der Kaufkraft von siebeneinhalb Prozent", entgegnet Alles dieser Kritik. "Also unter der kritischen Grenze von zehn Prozent." "Außerdem ziehen wir nicht dem kleinen Einzelhändler die Kaufkraft ab", ergänzt Bohlen, "sondern Ketten wie Rewe, von denen es in Illingen im Übrigen bald zwei geben wird." Und schließlich: Seit dem Weggang von Real aus Neunkirchen hat das Mittelzentrum als einziges im Land keinen großen Supermarkt mehr.
Jetzt geht es für Thomas Bruch, für Rolf Alles und Andreas Bohlen darum, die unterschiedlichen Probleme, Interessen und Perspektiven auf einen Nenner zu bringen. "Wir wollen unser Anliegen verständlich darlegen, unter anderem dem Bundesamt für Naturschutz." Ein Dialogangebot an alle Beteiligten im Saarland steht.
Von Falk Enderle