Alle sind für den Schutz von Umwelt und Natur, aber wenn es konkret wird, wird es oft schwierig. In der FORUM-Serie zu zentralen Wahlthemen beantworten Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger Fragen zu den aktuell umstrittenen Themen.
Die Ausweisung von Naturschutzgebieten (Natura 2000) stößt oft auf Widerstand. Sind die Grenzen für weitere Schutzgebiete erreicht?
Annegret Kramp-Karrenbauer: Der Schutz von Natur und Umwelt liegt uns als CDU Saar am Herzen. Zurzeit sind 127 Gebiete, das entspricht etwa zwölf Prozent der Landesfläche, als "Natura 2000"-Fläche ausgewiesen. Die Anzahl an Flächen für dieses Schutzgebietssystem unterstreicht den Stellenwert, den der Schutz der Natur und der Erhalt der biologischen Vielfalt für uns haben. Klar ist aber auch: Der Naturschutz dient letztlich den Menschen und im Umgang mit der Natur treffen unterschiedliche ökologische Anschauungen und bisweilen auch divergierende Interessen aufeinander. Wir möchten einen offenen und konstruktiven Dialog mit den verschiedenen Akteuren und sie in die Gestaltung unserer Naturschutzpolitik einbeziehen und dadurch einen fairen Ausgleich der Interessen von Landwirten, Jägern, Anglern, Waldbesitzern und Naturschützern herbeiführen.
Anke Rehlinger: Wir meinen es ernst mit dem Schutz des Naturerbes. Das tun wir gern, aber es ist auch eine Verpflichtung. Wir müssen EU-Vorschriften folgen, wer es nicht tut, handelt sich Bußgelder ein. Jetzt werden Natura-2000-Gebiete rechtssicher gemacht, die vor vielen Jahren von der CDU-Regierung nach Brüssel gemeldet wurden. Das hätten auch die Umweltminister Stefan Mörsdorf und Simone Peter schon tun müssen, was sie aber unterlassen haben. Wir schließen jetzt also endlich ein langwieriges Verfahren ab. Dabei hat Umweltminister Reinhold Jost großen Wert auf Information und Beteiligung gelegt. Viele Einwendungen Betroffener wurden berücksichtigt, wenn dadurch der Schutzzweck insgesamt nicht infrage gestellt war. Wir reden hier übrigens von zehn Prozent der Landesfläche, auch da wird oft nicht ehrlich argumentiert. Meines Erachtens sollten aber keine weiteren Gebiete mehr ausgewiesen werden. Das gemeinsame Ziel bleibt aber: Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft. Dass die Naturschutzflächen unser Land insgesamt zu einem attraktiven Lebensraum, Erholungsgebiet und Urlaubsziel machen, ist ein schöner Nebeneffekt.
Ist ein Verbot von Tierversuchen in saarländischen Forschungseinrichtungen sinnvoll und notwendig?
Annegret Kramp-Karrenbauer: Die Förderung tierversuchsfreier Forschung ist eine Daueraufgabe, der sich die Medizinische Fakultät schon seit langen Jahren stellt und die schon seit geraumer Zeit mit einer größeren sechsstelligen Summe aus dem Forschungsförderungsprogramm der Staatskanzlei gefördert wird. Im Zuge der Neuregelung des saarländischen Hochschulrechts haben wir außerdem eine Tierschutzregelung aufgenommen. Auch das hat ein wichtiges und notwendiges Zeichen für den Tierschutz gesetzt. Trotz alledem bleibt es notwendig, dort Tierversuche durchzuführen, wo optimale Forschungsergebnisse für die Gesundheit und das Leben der Menschen anders bislang nicht zu erzielen sind. Wir setzen daher auf den medizinischen Fortschritt und neue Methoden, um die Anzahl notwendiger Tierversuche weiter zu reduzieren.
Anke Rehlinger: Da muss ein intensiver Dialog mit Hochschulen und Forschungsinstituten geführt werden. Tierversuche kommen einem heutzutage völlig anachronistisch vor. Es ist aber leider so, dass sie im Kampf gegen Krankheiten an vielen Stellen noch nicht durch Simulationen ersetzbar sind. Das muss aber unser Ziel bleiben. Innovation ist gefragt, damit alternative Forschungsmethoden Tierversuche möglichst oft überflüssig machen.
Die geplante Ansiedlung eines Globus-Marktes in Neunkirchen stößt auf Widerstand von Umweltschützern, Einzelhandel, Umlandkommunen und Anliegern. Soll Globus dennoch auf der "Betzenhölle" bauen dürfen?
Annegret Kramp-Karrenbauer: Globus beabsichtigt bisher auf dem Gelände der "LIK Nord" den Neubau eines SB-Warenhauses. Die Kreisstadt Neunkirchen hat Interesse daran, ihre Einkaufs- und Einzelhandelsstruktur so zu gestalten, dass sie ihre Funktion als Einkaufsstadt und Mittelzentrum erfüllt.
Gleichzeitig müssen die zuständigen Genehmigungsbehörden die Interessen der Umwelt und die der benachbarten Städte und Gemeinden nach Recht und Gesetz berücksichtigen. Eine entscheidende Frage ist auch, ob die beantragte Ausgliederung der Fläche "Betzenhölle" aus dem Naturschutzgroßprojekt LIK Nord möglich ist.
Die endgültige Entscheidung darüber obliegt den zuständigen Behörden die bis zur letzten Entscheidung noch viele schwierige Fragen klären müssen. Je transparenter und nachvollziehbarer dies abläuft, desto besser.
Anke Rehlinger: Das Projekt wird durch ganz unterschiedliche Brillen betrachtet, denn es sind ja auch unterschiedliche Interessen im Spiel. Das ist legitim, sowohl aus Verbrauchersicht wie aus Sicht des Unternehmens, des Handels und der Kommunen. Was ich nicht legitim finde ist, dass das Ganze zu einem plakativen Polit-Thema gemacht wird. Für das Vorgehen bei solchen Planungen gibt es nämlich klare Regeln. Ob das Unternehmen auf dem Gebiet "Betzenhölle" ein weiteres Warenhaus bauen kann, hängt von der Entscheidung des Bundesamts für Naturschutz und der Landesplanung im Innenministerium ab. Nur wenn diese keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Vorhabens erheben, wird die Ansiedlung möglich sein. Das Vorhaben wird von den zuständigen Behörden nach Recht und Gesetz geprüft. Nach aktuellem Kenntnisstand liegt am Standort "Betzenhölle" weder planungsrechtlich noch naturschutzfachlich ein K.-o.-Kriterium vor, sodass eine Ansiedlung grundsätzlich möglich erscheint.
Von Oliver Hilt
POLITIK
Dirk Guldner
Drei Fragen - Wahlthema: Umwelt
MEHR AUS DIESEM RESSORT
Nachrichten aus Wirtschaft und Politik (12.4.2024)
Drei Fragen ...
12.04.2024
Nach gedacht: Trennlinien
Der Mensch ist ein widersprüchliches Wesen, das alles ganz gerne einde ...
12.04.2024
Neuorientierung
Die Zeitenwende bei der Bundeswehr ist zwar finanziert, aber d ...
12.04.2024
Kinder müssen warten
Es sollte das große sozialpolitische Reformprojekt werden. Soz ...
12.04.2024
Mühsame Erfolgsgeschichte
20 Jahre ist die letzte große EU-Erweiterungsrunde her. Ein mü ...
12.04.2024
Nahaufnahme: Hass, Hetze, Gewalt
Die Sprache von Donald Trump wird noch aggressiver und sprengt ...
12.04.2024
Nachrichten aus Wirtschaft und Politik (5.04.2024)
In eigener Sache: unser Papier ...
05.04.2024
Nach gedacht: Schwierige Wahrheiten
Der Dauerregen kann schon ganz schön aufs Gemüt gehen. Das Saarland is ...
05.04.2024