Den Kaffeeautomaten, eine Musicbox oder einen 3D-Drucker mit Sprache steuern, ohne dass eine Sprachassistentin ausplaudert, wer dahinter steht – das können Anwendungen von Snips. Zu dessen Vision gehört es, einen dezenten KI-Assistenten in jedes Gerät einzubetten. Das Ziel: Technologie intuitiv und komplett „lokal" nutzbar zu machen.
Rand Hindi, Mitbegründer und CEO des französischen Start-ups Snips, hat eine klare Meinung: „Die heute verbreiteten Sprachassistenten zeigen, was im Internet gegenwärtig falsch läuft – die Zen-tralisierung persönlicher Daten, der Verlust an Privatsphäre und die Ausnutzung von Anwendern und Entwicklern." Der Informatiker und Unternehmer, der mit 15 Jahren sein erstes Start-up gründete, will mit heute 33 Jahren immer noch menschenfreundlichere IT betreiben als andere. Deshalb können Entwickler die Snips-Web-Konsole nutzen, um einfach Prototypen von Sprachassistenten zu erstellen. Snips soll auch Anwendern helfen, die Smart Home und Sprachsteuerung spannend finden, aber ihre Privatphäre nicht preisgeben wollen.
Ernsthafte Alternative zu Siri, Alexa und Co.
Im Sommer dieses Jahres kündigte das Unternehmen Snips Air einen cloud-unabhängigen Sprachassistenten an, bei dem die komplette Sprachsteuerung im Gerät verläuft. Sie bietet sowohl die automatische Spracherkennung (Automatic Speech Recognition, ASR), als auch das Verständnis natürlicher Sprache (Natural Language Understanding, NLU). Hinzu kommen die Erkennung von Schlüsselwörtern sowie das Dialogmanagement.

Das Spannende: Snips Air soll eine Private-by-Design-Alternative zu Siri, Alexa und Google Home und außerdem konform zu den Richtlinien der DSGVO konzipiert sein. Snips ist nach Unternehmensangaben die erste auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Sprachlösung, die vollständig lokal auf dem jeweiligen Gerät abläuft. Dies soll im Gegensatz zu bekannten Online-Assistenten die Datensicherheit im Sinne der Datenschutzverordnung DSGVO stärken, außerdem geringe Verzögerungen sowie die Kontrolle über die Markenidentität und Nutzerdaten garantieren.
FORUM-Reporterin Annegret Handel-Kempf hakte bei Rand Hindi, Mitbegründer und CEO von Snips, nach:
Herr Hindi, wann werden Geräte mit „dezenten" Sprachassistenten im Bauch verfügbar sein?
Wir sind dabei, die Marketingstrategie von Snips Air und ein Netzwerk von Vertriebspartnern zusammenzustellen. Wir planen, Snips Air über Online-Kanäle und große Einzelhändler zu vertreiben. Snips Air wird Ende 2019 auf dem Markt erhältlich sein.
Ist zu erwarten, dass die Geräte der gängigen Smart-Home-Hersteller wie Philips, Osram Lightif, Netatmo, hue, tp-link und Innogy mit der privaten Sprachassistentin interagieren?
Ja, es gibt zwei Möglichkeiten der Integration. Entweder das smarte Gerät selbst integriert Snips, in diesem Fall funktioniert es über Plug and Play. Andernfalls können Hersteller eine Snips-Air-App programmieren, die dann von unserem Shop aus installiert werden kann. Da wir bereits eine Gemeinschaft von 14.000 Entwicklern haben, die Apps erstellen, werden wir bis zum Start eine große Anzahl von Integrationen bereit haben. Zum Beispiel gibt es die Phillips Hue Lights App bereits im Snips App Store, zusammen mit einem Dutzend anderer Apps.
Wie lassen sich Snips-Sprachassistenten also real ausprobieren?
In der Tat kann jeder einen Sprachassistenten im Snips-App-Store (https://makers.snips.ai/kit/) erstellen und auf verschiedenen angeschlossenen Geräten einsetzen. Darüber hinaus arbeitet Snips mit Erstausrüstern zusammen (B2B-Angebot) und integriert Sprachassistenten in angeschlossene Geräte als sogenannte White-Label-Lösung. Der Heimroboter Keecker ist ein Beispiel für ein angeschlossenes Gerät mit Snips im Inneren. Wir werden weitere ähnliche Beispiele auf dem Markt sehen. Wir stehen in Kontakt mit mehr als 30 Geräteherstellern aus verschiedenen Branchen, die in den kommenden Monaten industrielle Sprachlösungen für die Bereiche Home Automation, Entertainment, Retail, Services, Connected Vehicle und ähnliches auf den Markt bringen werden.
Sprachassistenz-„Lautsprecher"-Geräte, beispielsweise der Alexa-„Familie", sind erstaunlich billig. Wie wird das bei Snips aussehen?
Wir haben noch keine Preise für Snips-Air-Geräte definiert, aber das Gerät und die Technologie werden für eine breite Palette von Verbrauchern zugänglich sein. Und wir werden niemals den Datenschutz der Benutzer aufs Spiel setzen.
Wie können die Nutzer sicher sein, dass ihre Gespräche, Infos und Daten bei ihnen bleiben und nicht in Clouds mit unbekanntem Schicksal verschwinden?
Genau darum geht es bei Snips. Dass alles, was Sie tun, privat ist und lokal auf Ihrem Gerät läuft, ohne dass Daten in die Cloud übertragen werden. Wir machen unseren Code auch Open Source, so dass jeder direkt überprüfen kann, ob wir die Wahrheit sagen.
Wie können dienstbare Datenmassen privat bleiben, obwohl sie auf Interaktionen angewiesen sind, um beispielsweise die Musik in einem anderen Stockwerk auszuschalten?
Snips Air kann natürlich mit dem Internet verbunden werden, und das ist für viele Anwendungsfälle wie Wetter, Musik und ähnliches auch notwendig. Was aber wirklich zählt, ist, dass die Stimme selbst nie in die Cloud geschickt wird. Tatsächlich besteht das Risiko der Privatsphäre darin, ein Mi-krofon zu haben, das Sie möglicherweise aufzeichnen und überwachen könnte. Durch die Verarbeitung der Stimme auf dem Gerät, wie es Snips Air tut, garantieren wir, dass niemand Ihnen oder Ihren Kindern ungewollt zuhören kann. Je mehr Menschen den Assistenten nutzen, desto besser wird er. Um dies ohne Beeinträchtigung der Privatsphäre zu erreichen, haben wir eine neue Technologie entwickelt, die föderales Lernen, Mehrparteienberechnung, geheime Freigabe und eine Blockchain nutzt, um ein neuronales Netzwerk zu trainieren, ohne dass jemals jemand Zugriff auf die eigentlichen Benutzerdaten hat.
Werden zunächst „Bastler" ihren Spaß haben?

Die Entwickler-Community wird zuerst Zugang zu Snips Air bekommen. Damit wollen wir jedoch die Benutzerfreundlichkeit und das Onboarding erheblich vereinfachen. Dies bedeutet, dass diese Technologie für eine sehr große Anzahl von Benutzern – also nicht unbedingt Entwickler – zur Verfügung stehen wird, die den Sprachassistenten zu Hause verwenden und sich keine Sorgen um Datenschutz machen möchten. Tatsächlich können Entwickler bereits jetzt den Snips-App-Store nutzen, verschiedene Apps erstellen und veröffentlichen und ihre Heimgeräte mit der Stimme steuern. Snips hat die größte Voice Community von Entwicklern außerhalb von Google und Amazon. Die aktuelle Community hat mehr als 25.000 Sprachassistenten mit dem Snips-Maker-Kit erstellt, das speziell von Snips ausgewählte Hardwarekomponenten enthält, um auf einfache Weise einen leistungsstarken AI Voice Assistant zu erstellen, Fähigkeiten zu entwickeln und auf ihrem angeschlossenen Gerät einzusetzen. Zwei aktuelle Beispiele von Apps, die von Mitgliedern der Snips-Community entwickelt wurden, sind eine Jalousiesteuerung mit Sprache (https://medium.com/snips-ai/control-your-windows-shades-with-voice-464e3931c22f) und eine Lichtsteuerung mit der Stimme (https://medium.com/snips-ai/voice-controlled-lights-with-a-raspberry-pi-and-snips-822e53d7ede6).
Gehen Sie davon aus, dass die Anwender ähnlich abhängig von Snips werden wie von Alexa?
Unser Ansatz ist anders. Wir wollen nicht, dass Menschen süchtig nach Snips werden. Heute treten wir in die Ära „Internet der Dinge" ein. Dann sind Uhr, Kühlschrank, Auto und Lampen angeschlossen. Es wird erwartet, dass es bis 2025 mehr als 100 Milliarden angeschlossene Geräte geben wird, das sind 14 für jeden Menschen auf diesem Planeten. Auf diese Art werden die Menschen von der Technik überwältigt. Sie müssen manuell interagieren und gleichzeitig auf 14 Geräten Benachrichtigungen erhalten. Wir glauben, dass es eine Lösung für dieses Problem gibt, nämlich KI und Stimme. Stimme ist die natürlichste Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Aus diesem Grund haben wir Snips ins Leben gerufen, um einen KI-Assistenten in jedes Gerät zu integrieren und die Technologie dahinter verschwinden zu lassen. Genau wie die Elektrizität davor, wird die künstliche Intelligenz allgegenwärtig werden und die Technologie aus unserem Bewusstsein verschwinden lassen. Dadurch werden die Beziehungen zu Maschinen „menschlicher" und der Zugang zu Technologie für eine Vielzahl von Menschen, die nicht in der Lage sind, herauszufinden, wie verschiedene Maschinen funktionieren, erleichtert. Anders ausgedrückt: Wenn wir unsere Arbeit gut machen, sollten die Leute uns gar nicht mehr bemerken.