Der Schanzenberg ist verkauft: Ein Investor aus Bayern will aus dem ehemaligen Saarbrücker Messegelände ein Gewerbegebiet machen. CDU und FDP im Stadtrat haben sich gegen den Verkauf ausgesprochen.
Von einem Eyecatcher ist die Rede, der gebaut werden soll, von angesiedelten Start-ups, citynaher Logistik, einem Gewerbepark mit Dienstleistungsbetrieben und Handwerkern. Die Zukunft des Schanzenberg-Areals sieht rosig aus, glaubt man der Landeshauptstadt. Die Stadtverwaltung von Saarbrücken klopft sich auf die Schulter. Kurz vor den so wichtigen Kommunalwahlen hat die Landeshauptstadt das seit einigen Jahren brachliegende Messegelände an der A620 verkauft. Ein Investor aus Bayern hat zugeschlagen, die mutmaßliche Höhe der Kaufsumme von knapp acht Millionen wollte die Stadt gegenüber den Medien nicht kommentieren, wohl aber die gesamte Investitionssumme: Es geht um 30 Millionen Euro, durch die aus dem 80.000 Quadratmeter großen Areal ein neuer Gewerbemagnet für die Stadt entwickelt werden soll. Bis Ostern 2019 soll der Verkauf endgültig abgewickelt sein.
Sebastian Kurth, Ex-Manager der Europagalerie und seit Juli 2018 oberster Wirtschaftsförderer der Stadt, hat den Prozess begleitet. „Wir hatten Präsentationen von drei finalen Bewerbern in zwei Runden. Folgende Dinge waren uns dabei besonders wichtig: die Höhe der Investitionen, die Anzahl der möglichen Arbeitsplätze, die Nutzungsart, städtebauliche Aspekte und die Zeit, in der das alles realisiert wird." Anhand dieser Kriterien habe sich die Stadt für den jetzigen Investor, der noch nicht öffentlich genannt werden möchte, entschieden. Neben der Investitionshöhe sprachen 250 mögliche neue Arbeitsplätze dafür, ebenso neue architektonische Visitenkarten, die sich der Investor anstelle der alten Messehallen vorstellt. Zuletzt die Realisierungszeit: Kurth rechnet mit drei bis fünf Jahren inklusive des Bebauungsplanes, der gerade erstellt wird und der die Bürger und einen Ideenwettbewerb miteinschließt. „Wir müssen uns für externe Investoren öffnen", ist der Amtsleiter überzeugt, „und wir wollen keinen Einzelhandel, keine Wohnungen, keine großflächige Logistik auf diesem Gelände." Stattdessen soll das Gelände für kleinteiliges Gewerbe wie Handwerk, IT, Gesundheit, für Starterzentren, ein Technologie-/Informationszentrum und stadtnahe Logistik verfügbar werden.
Für Herrmann Hoffmann (CDU), Sprecher im städtischen Ausschuss für Bau und Verkehr, ist die gefundene Lösung jedoch keine gute. „Wir haben uns als Fraktion gegen den Verkauf entschieden, weil Saarbrücken damit die Gestaltungshoheit über sein Messegelände-Areal abgibt", so Hoffmann. Die landeseigene Entwicklungsgesellschaft GIU wäre ein besserer Partner gewesen. Aber Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) sei skeptisch gewesen, habe geglaubt, die GIU könne das nicht stemmen, sagte Hoffmann. „Kurz: Die Stadt wollte Cash machen und einen schnellen Erfolg." Amtsleiter Sebastian Kurth entgegnet, die GIU hätte das Areal in der nun vorliegenden Investitionshöhe nicht entwickeln können.
Die FDP-Fraktion hatte eine europaweite Markterkundung vorgeschlagen, also eine Einschätzung von Angebot und Nachfrage nach dieser Art von Gewerbeflächen. Auch sie hat gegen den Verkauf gestimmt, geht jedoch milde mit dem politischen Gegner um. „Immerhin hat mit Baudezernent Heiko Lukas das Verfahren etwas an Fahrt gewonnen", hält FDP-Fraktionsgeschäftsführer Julien Simons der Verwaltung zugute. Drei Ergebnisse der Investorensuche hatten vorgelegen, letztlich entschieden habe man sich für einen vielversprechenden Entwurf mit einem architektonischen Blickfang, erklärt Linken-Fraktionsgeschäftsführer Peter Buwen.
Vollanschluss im Gespräch
Die alten Messehallen fallen wohl der Abrissbirne zum Opfer. Der Investor hat bislang noch kein Gelände dieser Größenordnung entwickelt, sondern nur kleinere Gewerbeflächen, etwa für Supermärkte. Die Referenzen hätten die Stadt dennoch überzeugt, so Sebastian Kurth. Nach dem Gesetz darf auf dem Messegelände nur sogenanntes „nicht störendes Gewerbe" entstehen, also Gewerbe ohne große Lärm- oder Geruchsbelästigung. „Denkbar sind also Lager oder öffentliche Betriebe. Ebenso kann es aber auch sein, dass dort eine neue Spedition auftaucht", befürchtet CDU-Ausschusssprecher Hoffmann. Die FDP-Fraktion dagegen träumt von Start-ups und Digitalunternehmen. Das Potenzial sei vorhanden, die Vorgehensweise aber kritikwürdig, so die Freien Demokraten: Vor der Vergabe sei der Druck der Oberbürgermeisterin hoch gewesen, rasch eine Entscheidung zu treffen, sagen Hoffmann und Simons übereinstimmend. „Letztlich hat die Stadt die Entscheidung übers Knie gebrochen", so Simons.
Aus seiner Partei kamen immer wieder Aufforderungen, zuerst die Verkehrssituation in diesem Bereich Saarbrückens anzugehen. Das aber wäre kaum machbar, das Gelände könnte sich jahrelang nicht weiterentwickeln. Damit der Eisenbahntunnel als einzige Zufahrt zum Messegelände aber nicht zum Nadelöhr wird, ist schon lange ein Vollanschluss, also Zu- und Abfahrt zur A620 zu beiden Seiten der Autobahn, im Gespräch – und zwar seit nunmehr zwölf Jahren. „Der Vollanschluss ist im Bundesverkehrswegeplan drin", so Simons, „aber die Stadt bleibt da vage". Peter Buwen von den Linken ist sich dagegen ziemlich sicher, dass der Vollanschluss kommt, „aber da hat noch der Bund ein Wörtchen mitzureden. Der betreibt schließlich die Autobahn". Von einer vollständigen Auf- und Abfahrt in jeder Fahrtrichtung würde auch das untere Malstatt profitieren, denn die seit Jahren angedachte Vorplanung beinhaltet unter anderem einen Brückenschlag vom Messegelände zur gegenüberliegenden Flussseite entlang der Bahntrasse. Seit Jahren kämpft zum Beispiel eine Bürgerinitiative darum, dass das Gewerbegebiet Wiesenstraße und die Saarterrassen auf diesem Wege von der A620 aus direkt erreicht werden. Das würde Verkehr, Lärm und Abgase in diesem Teil der Stadt erträglicher machen – erfordert nun allerdings auch die Zustimmung des neuen Besitzers des Ex-Messegeländes. Grundsätzlich, so der Chef der Wirtschaftsförderung, hätten aber sowohl Stadt wie auch der Investor ein Interesse daran, die Verkehrssituation am ehemaligen Messegelände zu ändern.
Vermarkter des künftigen Gewerbeparks wollen Investor und Wirtschaftsförderung der Stadt gemeinsam sein. „Wir sammeln bereits Anfragen von Interessenten", so Kurth. Genauere Angaben, wie viele Anfragen derzeit bereits vorliegen, wollte er jedoch nicht machen. Wann genau die Bagger rollen werden, ist im Augenblick noch unklar. Klar ist jedoch, dass die Zeit des Schanzenbergs als Messegelände damit endgültig zu Ende ist.