Im Saarland gibt es 1.700 aktive Boule- beziehungsweise Pétanque-Spieler. Hinzu kommen Unzählige, die ohne sportliche Ambitionen zu den Kugeln greifen. Volker Jakobs ist gerade mit den Pétanque-Freunden Saarbrücken in die Bundesliga aufgestiegen und hat gleich ein großes Ziel: sie zu gewinnen.
Gefühlt jeder Saarländer hat schon einmal Eisenkugeln auf ein „Wutzje" geworfen. Nicht etwa, um aus niederen Beweggründen ein Tier zu verletzen, sondern, um ein beliebtes Freizeitspiel zu spielen: Boule. Genauer gesagt: Pétanque. Dabei versucht man, mit den Kugeln möglichst nah an das Zielkügelchen – auch „Wutzje" genannt – heranzukommen. Dass das Saarland eine der Pétanque-Hochburgen Deutschlands ist, verwundert aufgrund der Nähe zu Frankreich, wo diese Spielform Anfang des 20. Jahrhunderts erfunden wurde, nicht wirklich.
Die Pétanque-Freunde Saarbrücken sind darin sogar so gut, dass sie ihrem Lieblingsspiel auf Leistungssportniveau in der 2007 gegründeten Bundesliga nachgehen. Im April legte der amtierende Saarlandmeister und Bundesliga-Aufsteiger in Rastatt mit Siegen gegen den BC Tromm, PC Burggarten Horb und BC Herxheim einen Traumstart hin. „Das war für den Anfang schon ganz gut", sagt Volker Jakobs bescheiden, nennt aber zugleich die ehrgeizige Zielsetzung: „Wir wollen dieses Jahr Deutscher Meister werden."
Lieblingssport auf Leistungsniveau
Jakobs ist der Kopf der PF Saarbrücken und als neunzehnfacher Saarlandmeister, fünfmaliger Deutscher Meister und Teilnehmer an Welt- und Europameisterschaften einer der erfolgreichsten Spieler des Saarlandes. Am 25. Mai ging es für sein Team in Mülheim weiter, wo die nächsten drei der insgesamt elf Saisonspiele der PFS gewonnen werden konnten. Die Gegner dort hießen VFPS Osterholz-Scharmbeck, SV Siemens Mülheim und BV Ibbenbüren. Mit dem BC Niedersalbach, auf den die Saarbrücker am abschließenden Doppelspieltag (31. August/1. September in Denzlingen) treffen, gehört ein weiterer Saar-Club der Bundesliga an.

Um die Spannung zwischen den recht weit auseinanderliegenden Bundesliga-Spieltagen hochzuhalten, nehmen die Sportlerinnen und Sportler an unterschiedlichen Turnieren und Meisterschaften teil. Diese Wettkampfdichte erspart den Pétanquern auch klassische Trainingseinheiten. Obwohl die PFS gerade erst wieder in die Bundesliga aufgestiegen sind, ist Jakobs zuversichtlich, das hochgesteckte Saisonziel erreichen zu können: „Wir haben einfach ein richtig gutes Team zusammen – auch mit einigen jungen Spielern wie Manuel Strokosch, der bei der letzten Europameisterschaft die Bronzemedaille gewinnen konnte", erklärt Jakobs, der sich schon 30 Jahre lang beim Saarländischen Boule-Verband engagiert hat – davon zehn Jahre an der Spitze des Landesverbands.
Selbst greift Trainer Jakobs in der Bundesliga nur noch als Ergänzungsspieler zu den Kugeln und nimmt vorwiegend an Wettkämpfen seiner Altersklasse 55+ teil. Der 62-jährige Regionaldirektor bei der Victor’s Unternehmensgruppe kam im Zuge der Camping-Bewegung vor über 50 Jahren zu seiner Sportart. „Damals machten wir als Familie mit dem Wohnwagen Urlaub auf unterschiedlichen Campingplätzen – sehr oft in Frankreich. Und dort war es üblich, dass man bei jedem Treffen Boule spielte", erinnert sich der Kaufmann aus Sulzbach. Im Alter von etwa zehn Jahren trat er einem Verein bei, in dem er das Spielen perfektionierte. Mit den Erfolgen stiegen Motivation und Erfahrung, was 1980 zum ersten Gewinn der Deutschen Meisterschaft führte. Die Faszination für diese Sportart ist seither ungebrochen. „Zu 50 Prozent ist dieses Spiel von Taktik geprägt. Hinzu kommt mentale Stärke. In den entscheidenden Momenten dürfen die Nerven nicht flattern, zumal die Präzision ausschlaggebend ist. Spielerische Klasse allein reicht nicht", beschreibt Jakobs, „All das muss funktionieren, sonst kann man keine Titel gewinnen."
Die Meisterschaft ist das große Ziel
Als Mannschaftssportart kommt auch noch der Team-Faktor dazu. Neben dem direkten Duell zweier Kontrahenten, dem „tête-à-tête", treten in der Spielform „Doublette" Zweier-Teams mit drei Kugeln pro Spieler gegeneinander an. Einer fungiert als „Setzer", einer als „Schießer". Beim „Triplette", also mit drei Spielern pro Team, gibt es zwei Schießer. „Je nach Variante ändern sich die taktischen Überlegungen. Spielt man offensiv oder eher zurückhaltend, wie ist die Bodenbeschaffenheit? Diese Aspekte können in der Spitze schon entscheidend sein", erklärt Jakobs. Je größer die Erfahrung, desto leichter fällt es, auch in Drucksituationen die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Mindestens noch einmal möchte Volker Jakobs in einem Saarlandmeisterschafts-Finale die richtigen Entscheidungen treffen. „Dann hätte ich die 20 Titel voll, das wäre eine runde Sache", sagt er schmunzelnd. Aber auch sonst würde er ganz gern noch den einen oder anderen Titel gewinnen – zum Beispiel die Deutsche Meisterschaft in der Altersklasse 55+. „Ansonsten will ich unseren Verein zusammenhalten und die jüngeren Spielerinnen und Spieler technisch und taktisch fit machen", nennt der 62-Jährige seine weiteren sportlichen Ziele. Um diesen gerecht zu werden, hält sich Jakobs auch außerhalb des Saarlandes fit. Beruflich weilt er oft in Ulm – aber auch dort kennt man das Spiel mit den Kugeln. „Ich habe mich dort einem Verein angeschlossen und kann nach Dienstschluss noch die eine oder andere Partie spielen", verrät er. Zwar ist die individuelle Qualität nicht so groß wie bei seinen Pétanque-Freunden in Saarbrücken, aber „die sind ganz froh, dass ab und zu mal einer mitspielt, der etwas besser ist als sie", sagt Jakobs und ergänzt: „Und für mich ist es eine hervorragende Gelegenheit, am Ball zu bleiben. Andernfalls fehlt auf Dauer schon die Präzision, ganz vorne mitzuspielen."
Und die braucht es natürlich, wollen Volker Jakobs und seine Pétanque-Freunde Saarbrücken ihr großes Ziel erreichen und als Aufsteiger die Deutsche Meisterschaft gewinnen. Laufen die restlichen Spieltage so wie die ersten, an denen die PF alle Begegnungen für sich entscheiden konnten, ist ihnen der Titel sicher. Doch dafür müssen die Eisenkugeln noch ziemlich oft möglichst nah ran ans Wutzje. Am Doppelspieltag Ende August/Anfang September in Denzlingen fällt die Entscheidung.