Berlin wächst. Das stimmt nur halb, denn die Fläche der zwölf Bezirke bleibt gleich. Die Herausforderung ist, neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ohne die Hauptstadt zur einengenden Betonwüste zu machen. „Orte zum guten Leben, nicht nur zum Wohnen“ will Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) mit 200.000 neuen Wohnungen errichten.
Berliner Wohnungsbau – sozial, kooperativ, nachbarschaftlich und für alle
Berlin müsste eigentlich 13 Bezirke haben: In den Jahren von 2011 bis 2016 sind etwa 245.000 Menschen neu nach Berlin gekommen. Es wird deshalb gerne gesagt: Berlin wächst. Nur wächst Berlin eben gerade nicht, sondern es teilen sich immer mehr Menschen die gleiche Fläche. Prognosen zufolge könnten bis 2030 weitere 200.000 Menschen, also noch ein weiterer Bezirk, dazukommen. Für all diese Neu-Berliner und -Berlinerinnen werden Wohnungen, Schulen, Verkehrswege und vieles mehr gebraucht. Gleichzeitig soll das Stadtgrün erhalten bleiben, auch Freiräume für Subkultur und Selbstorganisation werden für die Seele dieser Stadt gebraucht. Wir müssen also den Boden und die vorhandene Bebauung effizienter nutzen und so dafür sorgen, dass sich die unterschiedlichen Bedarfe nicht gegenseitig kannibalisieren. Deshalb haben wir den Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 entwickelt.
Von der Not zur Tugend
Ausgangspunkt des Stadtentwicklungsplans ist die Annahme, dass in Berlin bis 2030 rund 200.000 neue Wohnungen gebraucht werden. Um diese Anforderung zu erfüllen, wurden Kriterien entwickelt, die Wohnraum schaffen, ohne Siedlungen aus dem Boden zu stampfen, die baulich und sozial homogen sind. Wir wollen neue, tolle Kieze schaffen – Orte zum guten Leben, nicht nur zum Wohnen. Der Plan zeigt, welche Flächen für Neubau gut geeignet sind – beispielsweise dort, wo Flächen zeitnah bebaubar und mit Wasser, Elektrizität, Verkehrsanbindung erschlossen sind, die eine Nähe von Arbeitsplätzen, Wohnraum und Erholungsmöglichkeiten bieten. Insgesamt werden im Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 rund 250 Standorte für Wohnungsneubaupotenziale identifiziert. Darunter sind 14 neue Stadtquartiere, aber auch rund 30 Siedlungen, die behutsam weiter gebaut werden. Sowohl in der Weiterentwicklung als auch beim Bau der neuen Stadtquartiere liegen enorme Potenziale, bestehende Probleme anzugehen. Schlechte Verkehrsanbindungen zu verbessern, Defizite der Sport- und Grünflächenversorgung zu beheben, Einkaufsstraßen zu beleben und öffentliche Orte aufzuwerten.
Die Stadt für alle
Da insbesondere bezahlbare Wohnungen gebraucht werden, soll mehr als die Hälfte des erforderlichen Neubaus bis 2030, also rund 100.000 Wohnungen, als gemeinwohlorientierter Wohnungsbau entstehen. Partner sind die städtischen Wohnungsbaugesellschaften und Baugenossenschaften, aber auch soziale und karitative Einrichtungen und Private, die gemeinwohlorientierte Wohnungsbauten errichten. Dafür sind landeseigene Flächen von besonderer Bedeutung. Denn nur über diese Flächen kann das Land Berlin uneingeschränkt verfügen, um bezahlbare Wohnungen, aber auch die dringend benötigte Infrastruktur wie Schulen, Kitas und Sporthallen zu realisieren. Über eine aktive Liegenschaftspolitik vergibt Berlin bereits geeignete landeseigene Flächen an gemeinwohlorientierte Akteure. Zudem sind städtebauliche Verträge mit privaten Investoren ein zentrales Steuerungsinstrument, um gemeinwohlorientierten Wohnraum und öffentliche Infrastruktur zu schaffen.
Ausblick
Stadtentwicklungsplanung muss aber auch über das Heute hinausdenken, denn die Grundbedürfnisse bleiben auch in Zukunft bestehen: bezahlbarer Wohnraum, Arbeitsplätze, soziales Miteinander, Mobilität, Freiräume, Luft und Licht. Die Erfahrung aus der Vergangenheit lehrt eindringlich, wie bedeutsam eine vorausschauende Planung für eine zukunftssichere, sozial und räumlich ausgewogene Stadtentwicklung ist. Dafür ist Vorsorge zu treffen. Und zwar in einem Umfang, das auch unerwartete Entwicklungen aufgefangen werden können. All dies muss ein Stadtentwicklungsplan Wohnen leisten. Damit Berlin Berlin bleiben kann.