Die Ansiedlung Teslas in Brandenburg ist keinesfalls ein Selbstläufer
Elon Musk hat Anfang November in Berlin den Bau einer neuen Giga-Automobilfabrik für Elektroautos in Deutschland bekannt gegeben. Genau genommen in Brandenburg auf der grünen Wiese. Neben der Giga-Fabrik plant Tesla in Berlin der Fachkräfte wegen ein Entwicklungs- und Designzentrum. Die Gigafactory von Tesla soll nach dem Vorbild von Vorgängerfabriken in Nevada und zuletzt auch in Shanghai etwa 6.000 bis 7.000 Beschäftigte haben, die dort Batterien für Elektroautos und ein noch nicht entwickeltes Modell Y produzieren. Baubeginn der Fabrik soll bereits im ersten Quartal dieses Jahres sein. Schon ein Jahr später, im Frühjahr 2021, sollen die ersten Autos vom Band rollen. Atemberaubend, denn das wäre ein bis dato noch nicht da gewesenes Wunder in der Automobilindustrie!
Die Landesregierung Brandenburg war überglücklich ob dieser geplanten Ansiedlung – vor allem wegen der Beschäftigungsperspektiven. Wie am Rande bekannt wurde, hatte man über ein halbes Jahr hart mit Elon Musk (Foto unten) gerungen, der ursprünglich in Berlin siedeln wollte. Und hatte sich dann auch noch im Standortwettbewerb gegenüber Niedersachsen und dem Saarland durchgesetzt.
Auch dort hatte man sich um Tesla beworben. Zumindest die Dichte an Künstlicher Intelligenz und IT-Wissenschaft wäre im Saarland dank der exzellenten Universität jener in Berlin sicherlich überlegen gewesen. Aber Saarbrücken ist eben nicht Berlin, und vor allem war das Siedlungsareal in Grünheide schon präpariert, weil vor einigen Jahren ein Werk von BMW im Gespräch war – für das dann aber Leipzig den Zuschlag erhielt. Ist das Saarland jetzt der Verlierer im Standortwettbewerb? Muss sich die Landesregierung um entgangene Arbeitsplätze grämen, die doch so dringend benötigt würden, wenn die Rückzugspläne der großen Zulieferer aus der Verbrennungstechnologie Wirklichkeit würden?
Nein, als langjähriger in Saarbrücken „studierter" Ökonom und (fast) ebenso langer Kenner der Autoindustrie und vor allem der globalen Automärkte muss ich feststellen, dass die saarländische Ansiedlungspolitik keinen Grund zur Trauer hat. Im Gegenteil: Wenn man die langfristigen Perspektiven betrachtet, zählt sie sogar zu den Gewinnern. Denn so schön und öffentlichkeitswirksam eine Ansiedlung von Tesla im Saarland auch gewesen wäre: Die Investitionspläne von Elon Musk stehen unter keinem guten Stern. Denn ein Selbstläufer wird der Bau einer Tesla-Fabrik für Elektroautos nicht – weder in Brandenburg noch sonst wo. Der VDA verweist mit Stolz darauf, dass die deutsche Automobilindustrie – Hersteller wie Zulieferer – bereits massiv in die Elektromobilität investiert und ihr E-Modellangebot bis zum Jahr 2023 auf über 150 verfünffachen wird. Dem hat Tesla mit seiner Schmalspur-Palette wenig entgegenzusetzen.
Mehr noch: Das größte Risiko liegt in einer Fehleinschätzung des künftigen Marktes für E-Autos generell, nicht nur für Autos der Marke Tesla. In Deutschland, in Europa, überall. Alle bisherigen euphorischen Bewertungen der künftigen Elektromobilität beruhen auf den geplanten Produktionszahlen von E-Autos der Hersteller. Die sind optimistisch, natürlich, das müssen sie auch sein. Auf das Angebot von E-Autos kommt es aber nicht an, sondern auf die Nachfrage! Und die Kunden wollen bislang offensichtlich keine Elektroautos. In Deutschland wurden 2019 rund 3,5 Millionen Autos neu zugelassen. Weniger als 80.000 davon Elektroautos. Der Marktanteil von E-Autos in Deutschland liegt bei kümmerlichen zwei Prozent.
Hinzu kommt: Etwa drei Viertel aller in Deutschland verkauften E-Autos sind Hybrid-Autos, verfügen also über einen zusätzlichen Verbrennungsmotor. Tesla beherrscht die Verbrennungstechnologie aber nicht und hat kein einziges Hybrid-Auto im Programm. Sein Angebot besteht ausschließlich aus hochpreisigen E-Autos mit Batterien.
Und zum Schluss, als letztes Argument: Tesla hat es in Deutschland, anders als in den USA, mit einem Wettbewerb zu tun, der durch neue E-Modelle von BMW, Daimler, Porsche und VW täglich knüppelhärter mit qualitativ deutlich überlegenen Autos wird. Es besteht also wahrlich kein Grund zur Traurigkeit.