Sie stammen nicht von hier und breiten sich schnell und unkontrolliert aus. Andreas Werno, Entomologe am Zentrum für Biodokumentation in Landsweiler-Reden, erklärt warum manche Arten so gefährlich sind.
Herr Werno, wie betroffen ist das Saarland von invasiven Tier- und Pflanzenarten?

Es gibt die sogenannte Unionsliste, die die EU herausgebracht hat. Die beschäftigt sich mit diesen invasiven Arten und hat mittlerweile für ganz Europa 66 Arten festgelegt. Von diesen 66 kommen 17 Arten alleine im Saarland vor und zwar mit unterschiedlicher Häufigkeit. Einige sind flächig vorhanden, da wird es beinahe unmöglich, sie wieder herauszubekommen. Aber es gibt auch einige, die gerade erst Fuß gefasst haben und die könnte man versuchen, über gewisse Maßnahmen wieder wegzubekommen. Das wird auch von der EU mit ihrer Verordnung zur Bekämpfung der Arten so beschrieben. Auf dieser Liste stehen auch Arten, die in anderen Ländern bereits invasiv sind aber bei uns noch keinen Fuß fassen können, weil unser Klima dafür nicht geeignet ist.
Welche invasiven Pflanzenarten gibt es im Saarland?

Eine der bekanntesten ist der Riesenbärenklau. Das ist eine sehr große, imposante Pflanze, deren Blätter für Menschen nicht ganz ungefährlich sind. Da bekommt man bei Berührung eine starke Verbrennung, die auf der Haut richtig ätzt. Das Problem ist außerdem der Vermehrungstrieb dieser Pflanze, der sehr groß ist. Deshalb belagert der Riesen-Bärenklau mittlerweile ganze Ufer von Flüssen und Bächen und verdrängt dort unsere heimischen Pflanzen. Das ist ein Problem für unsere Naturschutzgebiete. Die Entfernung der Pflanzen ist allerdings sehr zeit- und kostenaufwendig. Das funktioniert nur durch mehrmaliges Mähen oder indem man Tiere auf diese Flächen stellt, die die jungen Pflanzen abfressen. Das gleiche Problem haben wir mit dem Drüsigen Springkaut.
Fällt unter diese Maßnahmen auch der Einsatz von Pestiziden?
Pestizide sind ja bis auf wenige Präparate schon fast alle vom Markt genommen worden. Das, was heute noch existiert, hilft auch nicht wirklich gegen solche invasiven Arten. Die Hämmer, die da helfen würden, sind offiziell nicht erlaubt und die sollte man dann auch vermeiden. Da bleibt eigentlich nur das regelmäßige Mähen, oder man gräbt die Wurzel aus. Die Bekämpfung dieser Pflanzenarten ist allgemein nicht ganz einfach. Man sollte allerdings bei der Entsorgung auf jeden Fall vermeiden, dass die Pflanze samt, damit sie sich nicht noch weiterverbreitet.

Welche invasiven Tierarten kommen im Saarland vor?
Da haben wir einmal den Waschbären. Der hat sozusagen zwei Hotspots in Deutschland, einmal in Hessen und einmal in Brandenburg. Im Zuge von Tierbefreiungen wurden da mal Waschbären und Nerze aus Fellfabriken freigelassen. Das hatte eher negative Auswirkungen, da die Tiere sich von da an in alle Richtungen ausgebreitet haben. Das Saarland liegt ja noch relativ weit von Hessen weg, daher haben wir noch relativ wenige von ihnen – aber sie kommen. Luxemburg ist auch schon sehr stark von Waschbären besiedelt, sodass wir von Rheinland-Pfalz und Luxemburg ziemlichen Druck haben.
Was ist die Problematik mit den Waschbären?
Der Waschbär wird von vielen als sehr putziges Tierchen empfunden, aber laut Unionsliste müssen wir ihn bekämpfen. Die Jäger tun sich sehr schwer damit, nicht nur, weil die Tiere sehr flink und schlau sind, sondern auch, weil man sie kaum zu Gesicht bekommt. Man kann sie leichter mit Fallen fangen, aber das ist hier im Saarland nicht sehr verbreitet. Der Waschbär ist hier als Allesfresser unterwegs und plündert Nester von Vögeln, frisst Eidechsen, Frösche und alles Mögliche, was wir zu schützen versuchen. Gerade Amphibien und Reptilien – die Artengruppen, die bei uns am stärksten zurückgegangen sind. Deswegen ist er für unsere Biodiversität sehr gefährlich.
Welche invasiven Tierarten gibt es noch?

Es gibt noch den Marderhund, ähnlich dem Waschbären, der ja aus Nordamerika kommt. Der Marderhund dagegen ist eine invasive Art aus dem asiatischen Bereich und im Saarland noch nicht so gängig. Beide stehen auf der Unionsliste. Dann gibt es noch die Nutria und die Bisamratte, die beide dem Biber ähnlich sind und ebenfalls auf der Liste stehen. Diese Tiere gelten auch als putzig und sind nicht so scheu. Aber ich rate sehr davon ab, Nutrias zu füttern, denn die wird man nie wieder los. Dann steht noch die Nilgans auf der Unionsliste, die ein sehr schlaues aber auch aggressives Tier ist – sowohl gegenüber Tieren als auch Menschen. Die lebt mittlerweile vor allem in der Umgebung von Städten, weil sie weiß, dass sie dort nicht geschossen wird. Sie vermehrt sich unkontrolliert. Auch die Verbreitung dieser Art ist auf den Klimawandel zurückzuführen. Der Buchsbaumzünsler wurde über Buchsbäume aus China eingeschleppt und kann das Klima hier sehr gut vertragen, weil er aus einer ähnlichen Zone kommt. Im Saarland haben wir vor einigen Jahren die ersten Buchsbaumzünsler in Perl entdeckt, und von dort aus ging die Ausbreitung rasend schnell. Die ganze Saarschiene wurde ziemlich schnell erobert. Bei den Schnecken gibt es die Spanische Wegschnecke, die unsere einheimische Art der Nacktschnecke mehr oder weniger komplett verdrängt und gefressen hat. Und das gleiche könnte uns jetzt passieren mit dem Asiatischen Marienkäfer, der gern als Blattlausschädling eingesetzt wird und sich mittlerweile unkontrolliert bei uns vermehrt. Dieser Käfer wird von Vögeln nicht gefressen, weil aus ihm ein giftiges Sekret austritt, wenn er gepresst wird. Das ist übrigens auch ein Problem für unsere Weinbauern. Ebenso ist es mit unseren Gewässern. Unsere heimischen Krebse, den Edelkrebs und den Steinkrebs verdrängen die amerikanischen und die asiatischen Krebse fast vollständig. Unter anderem auch wegen der Krebspest, die die amerikanischen Exemplare mitgeschleppt haben und gegen die sie immun sind – unsere Krebse allerdings nicht.
Was wäre denn sozusagen der Worst Case?
Das ist schwer zu sagen, aber im Grunde genommen eine starke Ausbreitung von Monokulturen und eine gänzliche Verdrängung unserer Biodiversität. Denn die Tendenz von invasiven Arten ist definitiv steigend, und aufgrund des Klimawandels können wir auch davon ausgehen, dass sie weiter steigt.