Das 125. Deutsche Traber-Derby findet in diesem Jahr wegen Corona ausnahmsweise erst im September statt. Auf der Trabrennbahn Mariendorf kämpfen die besten Pferde um den Sieg – die besten Aussichten haben erneut die Gäste aus den Niederlanden.
Über Mallorca heißt es häufig, es wäre das 17. Bundesland, angesichts der zahlreichen Touristen aus Deutschland, die normalerweise dort Urlaub machen –
wenn nicht gerade Corona herrscht. Die Trabrennbahn Mariendorf im Süden Berlins könnte man analog dazu als 13. Provinz der Niederlande bezeichnen, fühlen sich die Gäste aus dem Nachbarland dort doch immer ganz besonders zu Hause. Beim Deutschen Traber-Derby, dem wichtigsten Trabrennen hierzulande, können die Niederländer jedenfalls eine beachtliche Erfolgsbilanz vorweisen: siebenmal in Folge stellten sie zuletzt den Derbysieger – 2019 war es Weltmeister Rick Ebbinge, der mit Velten von Flevo den mit 188.000 Euro dotierten Lauf für sich entschied. In den Jahren zuvor hatte mit Robin Bakker ebenfalls ein Niederländer Geschichte geschrieben, als er 2018 als erster Fahrer zum vierten Mal hintereinander das Derby gewann und dabei ganz nebenbei eine neue Rekordzeit für das Rennen aufstellte. Damals komplettierten Rick Ebbinge und Dion Tesselaar ein rein niederländisches Podium – deutlicher hätte man die Traber-Dominanz von Oranje nicht ausdrücken können.
Doch es liegt nicht nur an den Fahrern, dass die Niederländer im Trabrennsport derzeit eine Klasse besser sind. Der Hauptgrund sind die besseren Trainingsbedingungen, die es ihnen erlauben, die Pferde auf den Punkt fit zu bekommen, was im Trabrennsport bereits die halbe Miete ist. „In den Niederlanden verfügt fast jeder erfolgreiche Trainer neben einer Rundbahn auch über eine 1.000-Meter-Gerade, was heutzutage einfach Voraussetzung ist, wenn man vorne dabei sein will. In Deutschland gibt es dagegen nur sehr wenige wirklich gute Anlagen", erklärte Mariendorfs Bahnbesitzer Ulrich Mommert, zugleich Vizepräsident des nationalen Verbands, im vergangenen Jahr der „Berliner Morgenpost". Einige Fahrer wie Hugo Langeweg Jr. sind mit ihren Pferden zudem gern am Nordseestrand oder bei Ebbe sogar direkt im Watt unterwegs, wodurch die Tiere entsprechend starke Beine bekommen. Auf der Zielgeraden kann das am Ende den entscheidenden Vorteil bedeuten.
Auch bei der diesjährigen 125. Auflage des Traber-Derbys ab 5. September sind die Niederländer wieder in der Favoritenrolle. Vor allem zwei Pferde werden hoch gewettet: Keytothehill und Wild West Diamant, die in den beiden bisherigen großen Jahrgangsrennen – dem Adbell-Toddington-Rennen im Juli und dem Buddenbrock-Rennen im August – in dieser Reihenfolge jeweils die ersten beiden Plätze belegten. Beide Läufe gelten als wichtige Vorprüfungen für das Derby: Wer dort gut abschneidet, hat auch beim Saisonhöhepunkt beste Aussichten.
Der Hauptgrund sind die besseren Trainingsbedingungen
Zusammen mit dem Derby bilden das Adbell-Toddington- und das Buddenbrock-Rennen zudem die sogenannte „Dreifache Krone", die sich der König des Derby-Jahrgangs mit Siegen in allen drei Läufen aufsetzen kann. Zuletzt gelang das in den Jahren 2013 und 2014 den Pferden Tiger Woods As und Expo Express. Gesteuert wurden beide übrigens, man ahnt es schon, von niederländischen Fahrern: dem schon erwähnten Robin Bakker und Arnold Mollema.
Letzterer steht in diesem Jahr auch hinter dem Erfolg von Keytothehill, wenngleich bei beiden großen Jahrgangsrennen bisher jeweils ein Deutscher im Sulky saß, nämlich Roland Hülskath und Heinz Wewering. „Roland Hülskath hat mir gesagt, er habe noch nie einen so perfekten Dreijährigen gefahren. Er hat das nötige Phlegma, kann rasant beginnen, problemlos das Tempo wechseln, ist sofort da, wenn man Leistung abrufen will", kam Wewering nach seinem Erfolg beim Buddenbrock-Rennen aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. Und er muss es wissen, schließlich hat kaum jemand ein besseres Gespür für die Pferde als der inzwischen 70-jährige Altmeister. Insgesamt achtmal gewann Wewering das Derby auf der Mariendorfer Bahn als Fahrer, ein weiteres Mal als Trainer sowie zehnmal das Stutenderby – so oft wie kein anderer. Über 16.900 Siege hat der Wahl-Berliner in seiner Karriere gefeiert und dabei rund 60 Millionen Euro Preisgeld eingefahren. 29 Jahre in Serie, von 1977 bis 2005, trug er zudem durchgehend den Goldhelm als Zeichen für die meisten Siege in einer Saison.
Amtierender Traber-Champion ist Michael Nimczyk, der nun auch schon seit sieben Jahren ununterbrochen den Goldhelm trägt (insgesamt sogar schon im neunten Jahr). Er ist gewissermaßen der Nachfolger Wewerings auf nationaler Ebene, wenngleich ihm der ganz große Erfolg bislang verwehrt blieb. Denn im Deutschen Traber-Derby zog Nimczyk bislang stets den Kürzeren – darüber kann auch der letztjährige Erfolg im Stuten-Lauf nicht hinwegtäuschen. Auch dieses Mal ist er mit seinem Hengst Straight Flush lediglich Außenseiter.
Eigentlich sollte das Derby bereits im August über die Bühne gehen, doch wegen des Coronavirus musste der Saisonhöhepunkt verschoben werden. Die Qualität soll darunter nicht gelitten haben. Im Gegenteil: Die Veranstalter versprechen sogar eines der besten Derby-Meetings seit Langem. „Die Konzentration auf fünf statt ehemals sieben Veranstaltungstage führt zu einer ungeheuren Intensität – das Meeting platzt vor Highlights geradezu aus allen Nähten", heißt es auf der Webseite der Trabrennbahn Mariendorf.
Nach dem Auftakt mit den Vorläufen am 5. und 6. September folgt zwei Wochen später vom 18. bis 20. September das große Finalwochenende. An allen Tagen sind jeweils 5.000 Besucher auf dem Bahngelände erlaubt, darunter auch jeweils 400 VIP-Gäste auf der Kaiserlich Endell’schen Ehrentribüne. Ein deutliches Minus gegenüber dem Vorjahr, als knapp 60.000 Zuschauer die Wettbewerbe verfolgten, aber immer noch besser als die Geisterrennen, die es zu Beginn der Pandemie auch im Trabrennsport gab. Nachdem die Reisebeschränkungen aufgehoben wurden, werden sicher auch zahlreiche Traber-Fans aus den Niederlanden dabei sein und ihre Landsleute anfeuern. Dabei werden sie bestimmt auch in diesem Jahr wieder einiges zu bejubeln bekommen.