Was nicht gebraucht wird, kommt auch nicht in die Tüte: Einkaufen in einer Welt des Überflusses und der Nachhaltigkeitsgebote wird für einen Studenten genau dann schwierig, wenn er sich gesund und gleichzeitig umweltbewusst ernähren will. Für FORUM-Autorin und Studentin Celine Koch ein allmonatliches Problem.
Sie punkten beide mit einem matten Hellbraun, haben beide eine ebenmäßig runde Oberfläche und sehen beide knackig frisch aus. Die eine Sorte wiegt 500 Gramm und kostet 1,19 Euro. Die andere wiegt 300 Gramm und kostet 1,49 Euro. Der Unterschied ist, letztere ist Bio, die andere nicht. Für welche Sorte Champignons würden Sie sich entscheiden?
Als Student einkaufen zu gehen, ist kein Zuckerschlecken, denn das erfordert Konzentration und Präzision, will man gesund, nachhaltig aber gleichzeitig auch günstig einkaufen. Drei Kriterien, die oftmals nicht alle gleichzeitig erfüllbar sind. Geht das trotzdem?
Regel Nummer eins beim Einkaufen lautet: niemals ohne Einkaufszettel einkaufen. Der Gedanke dahinter ist, dass der Zettel dabei hilft, sich ausschließlich auf die Regale zu konzentrieren, die wichtig sind. Eine Art Scheuklappen-Effekt, der verhindert, dass man von allerlei Produkten in anderen Regalen abgelenkt wird – die sind zwar sicher lecker, man braucht sie aber gerade nicht. Das führt auch schon zu Regel Nummer zwei: Kaufe nur Dinge, die du auch wirklich brauchst. Mit dem Budget eines Studenten – in Deutschland verfügen die meisten Studenten laut Statistik pro Monat über weniger als 1.000 Euro – nimmt die Frage danach, was man wirklich braucht, eine völlig neue Dimension an.
Ganz oben stehen natürlich Grundnahrungsmittel. Seinen Fleischkonsum zugunsten der Umwelt zu reduzieren, begünstigt das Studenten-Portemonnaie, denn man kann sich sowieso nur ein bis maximal zweimal die Woche Fleisch leisten. Damit ist natürlich frisches Fleisch aus der Metzgerei gemeint, am besten bio, regional, denn da kann man sich wenigstens einreden, dass es nicht nur aus Ibuprofen besteht.
Schokolade nicht in jedem Monat
Befindet man sich gerade in der Klausuren- oder Hausarbeiten-Phase der Semesterferien, steigt Nervennahrung, etwa Chips oder Schokolade, ebenfalls zum Grundnahrungsmittel auf. An diesem Punkt kommt man zur Regel Nummer drei: Prioritäten setzen. Lieblings-Schokolade und Lieblings-Chips sind preislich nicht drin. Daher muss ein um den anderen Monat entschieden werden, ob und welche gekauft werden.
Aber bleiben wir bei den wirklich wichtigen Nahrungsmitteln: Obst und Gemüse. Als Student der Philosophischen Fakultät fühlt man sich dazu verpflichtet, nachhaltig zu sein, da man praktisch das halbe Semester über kaum etwas anderes redet. Irgendein Kurs beschäftigt sich immer mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wie also schafft man es, mit einem kleinen Geldbeutel möglichst nachhaltig zu sein?
Da steht man also vor dem Regal mit den drei verschiedenen Paprikasorten, von denen eine lose und bio, eine lose und nicht bio und eine dritte nicht bio und in Plastik verpackt ist. Die in Plastik verpackte scheidet sofort aus. Warum muss Gemüse in Zeiten, in denen überall Gemüsenetze ausliegen, noch zusätzlich in Plastik verpackt werden? Jetzt hat man nur noch die Qual der Wahl zwischen zwei Sorten. Bio ist wie häufig ein paar Cent teurer, also entscheidet man sich für die lose verpackte Nicht-Bio-Sorte – und redet sich gut zu, dass man ja immerhin auf Plastik verzichtet hat.
Die nächste schwere Entscheidung bei den Stationen Eier und Milch. Aus sämtlichen Tierschutzdokumentationen weiß man, dass hier besondere Vorsicht geboten ist. Man möchte Milch von glücklichen Kühen und Eier von glücklichen Hühnern, aber beides bio zu kaufen, ist in einem Monat etwas zu viel des Guten. Also heißt es wieder Prioritäten setzen. Wenn die normale Discounter-Milch gerade im Angebot ist, nimmt man eben die und gönnt sich dafür sechs frische Bio-Eier.
An dieser Stelle folgen Regel Nummer vier – immer die Angebote studieren – und Regel Nummer fünf: nur solche Mengen kaufen, die man schnell genug verzehren kann. Es gibt als Student kaum etwas Ärgerlicheres, wie wenn einem die Lebensmittel wegschimmeln. War man mal wieder nicht schnell genug mit dem Verzehr, hört man förmlich die Münzen klingeln, die in Form verdorbener Lebensmittel in die Biotonne fallen. Daher ist präzises Vorausplanen angesagt. Dazu gehört auch, nicht jeden Tag aufs Neue einkaufen zu gehen, sondern den Großteil des Kühlschrankes mit zwei Großeinkäufen im Monat aufzustocken. Das spart nicht nur Geld, sondern auch Sprit, und das ist ja ebenfalls gut für die Umwelt.
Zurück zum Bio-Problem: Hier muss jeder Student auch ehrlich zu sich selbst sein. Es wäre wahrscheinlich möglich, mehr bio zu kaufen. Wenn man allerdings vor dem Regal direkt mit zwei unterschiedlichen Preisen für bio und nicht bio konfrontiert wird, fällt es schwer, immer zum teureren Bio-Produkt zu greifen. Aber ist Bio wirklich immer teurer? Achtet man genau darauf, stellt man fest: nein. Es stimmt, viele Bio-Sorten, vor allem Milch, Eier, Käse und Fleisch, sind teurer. Allerdings gibt es auch Bio-Produkte, die günstiger sind: Pesto zum Beispiel. Und Nudeln mit Pesto ist bei Studenten immer ein sehr willkommenes, günstiges Gericht.
Zwei Großeinkäufe pro Monat
Allerdings ist hier ja nur die Rede von Discountern. Die Vorstellung, frische Zutaten auf einem Bauernhof zu kaufen und die glücklichen Kühe und Hühner womöglich noch mit eigenen Augen zu sehen, hat zwar etwas Beruhigendes. Wenn allerdings kein Biohof in unmittelbarer Nähe ist, fragt man sich, ob man Aufwand und Sprit investieren will, um zum nächstgelegenen Hof zu kommen. Warum kauft man eigentlich bio? Macht man es für sich selbst? Um der Tiere Willen? Wegen der Umwelt? Und tut man der Umwelt und sich selbst einen Gefallen, wenn man Sprit verfährt, um zum nächsten Bio-Bauernhof zu fahren anstatt einfach in den Discounter um die Ecke zu gehen? Wahrscheinlich nicht. Ohnehin hat nicht jeder Student das Geld, ein Auto zu unterhalten.
Alles gar nicht mal so einfach. Was also tun als Student, um sich am Ende trotzdem gut mit seinen Einkäufen zu fühlen? Die Antwort lautet: den Mittelweg wählen, was auch als Regel Nummer sechs gelten kann. Es wäre sicher vorbildlich, nur bio zu kaufen oder komplett auf Fleisch zu verzichten. Damit hätte man immerhin ein Problem weniger. Aber nicht jeder will als Vegetarier leben. Wenn dies bedeutet, ein Stück Lebensqualität zu verlieren, macht es keinen Sinn. Aber beim Fleisch reicht es schon, zur Metzgerei zu gehen und frisches Fleisch zu kaufen, anstatt abgepacktes aus der Kühltheke. Bei Gemüse muss es ebenfalls nicht immer bio sein, aber wenn man die Augen offenhält und es gerade im Angebot ist, warum nicht?
Prioritäten setzen muss man überall, auch beim Einkauf – und damit auch im Geldbeutel. Am Ende ist das Leben als Student eine gute Übung. Man lernt, nur das zu kaufen, was man wirklich braucht, Prioritäten zu setzen und am allerwichtigsten: Man lernt auch, mal auf das ein oder andere zu verzichten. Gelegentlicher Verzicht führt dazu, die Dinge mehr zu schätzen. Und das erklärt vielleicht auch das glückliche Gesicht einer Studentin, die mit 500 Gramm Bio-Rindergulasch die Metzgerei verlässt. Denn so etwas gibt es nicht jeden Tag.