Luft hat ihre Leichtigkeit verloren. Technisch ausgereifte Reiniger für geschlossene Räume eröffnen aber zumindest die Chance, dass auch in Klassenzimmern und Büroräumen wieder unbeschwerter geatmet werden darf.
Technik ist top, wenn es um Maßnahmen geht, Menschen in der Schule und anderen Arbeitsumgebungen vor Sars-CoV-2 und anderen gefährlichen Viren zu schützen. Das bilanziert die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in ihrem Dokument „Infektionsschutzgerechtes Lüften – Hinweise und Maßnahmen in Zeiten der Sars-CoV-2-Epidemie". Ein Austausch unter Experten, begleitet von den einschlägigen Bundesministerien und Kanzleramt, fasste im September viele der aktuellen Studien und Regelungen für Ratsuchende, Zweifler und Zögerer zusammen. Top bedeutet demgemäß: Damit die Menschen vor Ort nicht krank werden, sollen Fenster und Lüftungsanlagen zusammen so genutzt werden, dass auch die Corona auslösende Virenlast in Räumen weitestgehend verdünnt oder neutralisiert wird.
Das geht, denn sogar die schwierige Aerosolkonzentration lässt sich mit neu entwickelten, qualitativ hochwertigen Raumluftreinigern über einen konstanten Volumenstrom weit senken. Zusätzlich werden die in den Mikrotröpfchen enthaltenen und lange Zeit im Raum herumschwebenden Viren in den Geräten nicht nur gefiltert und abgeschieden, sondern teils sogar vernichtet. Die Verfasser mehrerer Studien sind sich nach Vor-Ort-Messungen einig: Das Ansteckungsrisiko via Schwebeteilchen in Innenräumen – gemessen an ihrer Zahl und Infektiosität – sollte mithilfe moderner Technik deutlich abnehmen.
Aerosole tragen Viren weiter
„Die indirekte Infektion über infektiöse Aerosolpartikel, die sich mit der Zeit im Raum anreichern, lässt sich mit Mund-Nasen-Bedeckungen nicht verhindern", schrieben Professor Christian Kähler und seine Mitautoren in der August-Version ihrer Studie zur Frage: „Können mobile Raumluftreiniger eine indirekte Sars-CoV-2 Infektionsgefahr durch Aerosole wirksam reduzieren?". Kähler forscht am Institut für Strömungsmechanik und Aerodynamik der Universität der Bundeswehr München in Neubiberg. Coronaviren haben – in Millionstel Meter ausgedrückt – einen Durchmesser von etwa 0,12 bis 0,16 µm und sollen meist als Bestandteil größerer Partikel (Aerosole und Tröpfchen) auftreten. Aerosole (Durchmesser < 5 µm) und Tröpfchen (Durchmesser > 5 µm) werden im Sprachgebrauch voneinander unterschieden.
Lüften und Technik gegen herumstreunende Aersole: Kähler und Co zufolge gibt es die Möglichkeit, die weit verstreuten Aerosolpartikel im Raum „mittels Filterung abzuscheiden" oder über die Fensterlüftung abzuführen. Zumindest bei den winzigen, lange Zeit und weiträumig umtriebigen Aerosolen könnte Lüften plus Technik eine Alternative zu hochwertigen FFP2-, FFP3- oder besseren Atemschutzmasken sein. Aber Vorsicht: Übertragungen mit den > 5 µm-Tröpfchen bei direktem Anhusten, Sprechen oder Niesen aus der Nähe werden damit nicht verhindert. Hier brauchen die Menschen dann doch mehr als zwei Meter Abstand beziehungsweise Masken und Trennwände, da die größeren, ebenfalls Viren tragenden, sicht- und spürbaren Tröpfchen noch etwa zwei Meter ihr Unwesen treiben, bevor sie zu Boden sinken.
Experten warnen vor billigen Geräten
Worauf es ankommt: Wenn nicht genügend frische Luft über Fenster hereinkommt, muss die Technik helfen. Sagt auch das Umweltbundesamt (UBA). Denn fünf- bis siebenmal pro Stunde sollte die Luft in Innenräumen komplett gegen frische Außenluft ausgetauscht beziehungsweise wirksam gereinigt werden. Das heißt, ein für Prävention effizientes Gerät muss innerhalb von 60 Minuten etwa das sechsfache Luftvolumen des Raumes filtern. Und zwar in der zweiten oder dritten Filterstufe mit einem HEPA-Filter (hochabscheidender Schwebstofffilter, High Efficiency Particulate Air Filter) der Klasse H13, besser noch H14, der nach der DIN-Norm EN 1822-1 geprüft ist. „Nur diese Filter scheiden auch wirklich 99,995 Prozent der Aerosolpartikel ab, die diese Viren tragen", betont Kähler.
Vorhandene Sekundärluftgeräte überprüfen: Beispielsweise Ventilatoren oder Heizluftgebläse könnten mit ihrer luftstromlenkenden Wirkung „Tröpfchen oder Aerosole mit Viren unter Umständen auf andere Personen lenken und so das Infektionsrisiko steigern", lauten die BAuA-Warnungen vor Virenumtriebigkeit durch raumluftdurchmischende Technik ohne Reinigungswirkung.
Keine Experimente mit Billigem und Bedenklichem: Die Weltgesundheitsbehörde WHO, das UBA und diverse andere Institutionen raten, im Umfeld von Menschen auf Raumluftreiniger zu verzichten, die (ergänzend) mit ultravioletter Strahlung, elektrostatischer Wirkungsweise, Ozon, Plasma und Ionisierung wirken. Sie könnten reizen oder die Gesundheit gefährden. Hände weg, das gilt auch bei ungeprüfter und unerprobter Billigware aus zweifelhafter Quelle und mit niedrigen Standards. Aktivkohlefilter, in Durchsatzgeräten häufig gegen Gase und Gerüche eingesetzt, haben alleine keine Wirkung auf Viren.
Worauf besonders zu achten ist: Ideal sind hohe Hochleistungs-Raumluftreiniger, die sich selbst und ihre HEPA-Filter bei 100 Grad Celsius keimfrei machen (automatisch dekontaminierend) und permanent sowie leise arbeiten. Denn sie sollten gerade dann, wenn sich viele Menschen im Zimmer aufhalten, nicht ausgeschaltet werden, nur weil sie viel Lärm machen. Deshalb sollte der Lüfter in einem Hochleistungsgerät mit etwa 150 Zentimeter Höhe und 50 mal 50 Zentimeter Grundfläche für Klassenzimmer, Konferenzsäle, Restaurantbereiche oder Versammlungsräume sehr groß sein und eine niedrige Drehzahl haben. Optimal ist zum Aerosole-Fangen mit Großgeräten ein HEPA-Filter der Klasse H14 DIN EN 1822-1, wie ihn die Arbeitsschutz- und Arbeitsmedizin-Behörde BAuA speziell für Teilchen-Größen von 0,1 bis 0,2 Mikrometer beim Einsatz in Raumlufttechnischen Anlagen (RTLA) empfiehlt.
Kleine Alternativen: Allerdings fanden Atmosphärenforscher der Goethe-Universität Frankfurt beim vergleichenden Messen in Klassenzimmern, die gerade gelüftet worden waren, heraus, dass auch vier kleine Qualitäts-Luftreiniger der HEPA-Filterklasse Hepa H13 (150 bis 260 Euro), verteilt über den Raum, zusammen 90 Prozent der Aerosole in einem Unterrichtsraum aus der Atemluft innerhalb von 37 Minuten verdünnten beziehungsweise beseitigten. Dabei wurde die Luftmenge im Raum etwa 5,5 Mal komplett und gleichmäßig durchgefiltert – inklusive Vorfilterung unter anderem für groben Staub)
Die Preise für solche kleinen Luftreinigungsgeräte steigen, Vergleiche lohnen sich: Der Philips Luftreiniger AC 2887/10 kostete im November zwischen 300 und 500 Euro. Partikel bis zu einer Größe von 0,02 Mikrometer sollen mit ihm neutralisiert werden. Da das Gerät bis zu 79 Quadratmeter in einem leisen Modus alleine bewältigt, außerdem ohne Ionisierung, Ozon und Strahlung arbeitet, ist es auch für private Zimmer und Homeoffices geeignet. Mit acht Kilogramm Gewicht trägt es sich gut von Raum zu Raum. Nutzer loben, dass „der kleine Philips" auch Allergene, Gerüche und lästigen Hausstaub sehr gut beseitigt. Die Filter sollten im Ein- bis Zwei-Jahres-Modus ausgetauscht werden.
UV-Strahlung, Ionisierung oder Ozon helfen nicht
Smarte Funktionen und Anzeigen offeriert der Philips AC 3033 (500 Euro, Wechselfilter 80 Euro). Nach Herstellerangaben filtert er auf HEPA-Basis 99,97 Prozent von luftübertragenen Viren, Aerosolen und Schadstoffen bis 0,003 µm. Den empfohlenen, sechsfachen Luftaustausch innerhalb einer Stunde bewältigt der AC 3033, da er die Luft eines 20 Quadratmeter großen Raums mit 2,4 Metern Deckenhöhe innerhalb von Minuten komplett austauschen soll. Wie alle kleinen Geräte ist er im Geschwindigkeits-Turbobetrieb ein wenig lauter, die anderen Modi laufen dezent.
Auch bei den kleinen Reinigern beachten: Selbst wenn ihre Preis-Leistungs-Beschreibung noch so gut klingt und sie im Großhandel oder Baumarkt parat stehen, sollte auf Geräte, die im Klein- oder Großgedruckten als Wirkungsfaktoren ultraviolette Strahlung, elektrostatische Wirkungsweise, Ozon, Plasma und Ionisierung stehen haben, für einen Einsatz in der Nähe von Menschen verzichtet werden. Auch das besagt die aktuelle Studienlage.