Die Thalia Lichtspiele in Bous erhielten den erstmalig vergebenen Landesprogrammpreis Kino für das beste Kinoprogramm im Saarland. Die Betreiber Marion und Peter Martin sehen darin eine Ermutigung in einer schwierigen Zeit.
Zückblickend war 2019 ein ganz normales Kinojahr. In Deutschland führten „Die Eiskönigin II", „Der König der Löwen", „Das perfekte Geheimnis" und „Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers" die Liste der Filme mit den meisten Besucherzahlen an. Ein Superlativ auf Platz fünf: „Avengers: Endgame", der weltweit die größte Anzahl an Zuschauern zählte, gilt bis heute als erfolgreichster Film aller Zeiten.
Diese Titel waren auch auf dem Spielplan der Thalia Lichtspiele Bous zu finden. Dort füllen aber nicht nur Blockbuster die Säle. Marion und Peter Martin, die Betreiber des Kinos, das nach der Muse der Unterhaltung benannt ist, setzen auf Vielfalt. „Wir wollen das breite Spektrum des Films zeigen", lautet ihr Credo.
Der Erfolg gibt ihnen Recht: Bei dem vor Kurzem erstmals vergebenen Landesprogrammpreis Kino von der saarländischen Gesellschaft zur Medienförderung Saarland – Saarland Medien mbH erhielten die Thalia Lichtspiele Bous den mit 6.000 Euro dotierten Hauptpreis für das beste Jahresprogramm 2019.
Das Kino eröffne seinem Publikum ein besonders vielschichtiges Programm, das eine große Bandbreite von Arthouse bis Popcorn-Kino abbildet, begründet Ruth Meyer, Geschäftsführerin der Saarland Medien, die Entscheidung. Die Thalia Lichtspiele stünden damit exemplarisch für die enorme Programmvielfalt, die Kino bieten kann.
Auszeichnung als große Freude in schweren Zeiten
Weitere Preise über jeweils 1.250 Euro gingen an die Gloria Filmbühne in Schmelz, das UT-Kino in Saarbrücken, das Central-Filmtheater in Nonnweiler, das Eden Cinehouse in Homburg, das Union-Theater in Illingen und an das City-Filmstudio in Lebach. In Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie wurden zudem die drei Kinos Schmelzer Lichtspiele, Neues Regina in St. Ingbert und Neues Theater in St. Wendel mit jeweils 2.500 Euro für ihr hervorragendes Familienprogramm ausgezeichnet. Eine weitere Kategorie honorierte innovative Marketingideen der Kinos. Im Zuge dessen ging der mit 4.000 Euro dotierte Preis an das Saarbrücker Kino Camera Zwo. Für viele der Betreiber bedeutet die Auszeichnung große Freude in schweren Zeiten. Aufgrund der Corona-Maßnahmen waren die Thalia Lichtspiele Bous im vergangenen Jahr statt an 362 Tagen nur an 210 Tagen geöffnet. „Der Preis gibt uns Mut, weiterzumachen", sagt Marion Martin, die genauso wie ihr Mann die Wiedereröffnung herbeisehnt. Das gilt offenbar auch für die Besucher, die das Kino mit Gutscheinkäufen unterstützen. Die Popcorn- und Nachos-Aktionen am Samstag – für „Kinofeeling für zu Hause" – kommen ebenso gut an.
Seit 2005 führt das Paar das Familienunternehmen, das 1924 von Peter Martins Großvater gegründet wurde. Dieser betrieb viele Jahre lang das Union-Theater in der Bouser Kirchstraße. Sein Sohn Herbert eröffnete im Jahr 1957 das Thalia-Kino am heutigen Standort in der Saarbrücker Straße in der Nähe des Bahnhofs. „Damals hatte das Kino über 450 Sitzplätze. Heute sind es 141 bequeme Sessel mit großzügigem Abstand zwischen den einzeln abgetrennten Reihen mit entsprechend viel Beinfreiheit für die Besucher", berichtet Peter Martin. Von klein auf war er von der Filmwelt fasziniert: „Die ganz große Leinwand und den Film mit vielen Besuchern in einem Raum gemeinsam zu erleben, kann nur das Kino bieten."
Saarland-Medien-Chefin Ruth Meyer bezeichnet dies als „Zauber des Kinos". Hier könne man generationenübergreifend die Faszination für einen Film teilen und darüber unsere Wertvorstellungen und Perspektiven auf die Gesellschaft immer wieder neu reflektieren. „Angesichts der zunehmenden Streaming-Angebote werden Kinos genau diese Rolle zukünftig noch stärker hervorheben müssen, auch im Saarland", betont sie und versichert, dass die Saarland Medien dies nach Kräften unterstütze. Erst vor wenigen Wochen wurden in Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei 200.000 Euro für pandemiebedingte Umsatzausfälle an 18 Filmtheater der Region gezahlt.
„Auch wir haben von dem ‚Stabilisierungspaket Kino‘ profitiert", berichtet Marion Martin, die nach eigenen Angaben erst die Liebe zum Mann und dann die Liebe zum Kino entdeckt hat. Beides halte bereits viele Jahre an. Gemeinsam gestalten sie nicht nur das Programm, sondern treffen viele andere Entscheidungen, die ein Kinobetrieb mit sich bringt. Zum Beispiel Renovierungen, wie 2007, zum 50-jährigen Bestehen. Damals wurden der Eingangsbereich sowie das Foyer neu gestaltet, im großen Saal wurden Bodenbeläge, die Wandbespannnung sowie die Beleuchtung modernisiert. Der bisher größte Schritt war die Erweiterung im Jahr 2014. Eine mutige Entscheidung. „Wo andere Kinos in saarländischen Mittelstädten geschlossen wurden, haben wir 2013 und 2014 zwei neue Säle gebaut und dies nie bereut", sagt Peter Martin. Heute verfügt das Kino über insgesamt 319 Plätze.
Die drei Säle brachten mehr Möglichkeiten für die Programmgestaltung. Endlich konnten auch Arthouse-Filme und Dokumentationen gezeigt
werden. Livemusik, Fotoschauen, Themenabende, Podiumsdiskussionen, Sonntagsmatineen, Spielstätte des Filmfestivals Max Ophüls Preis, Zusammenarbeit mit der Kreisvolkshochschule Saarlouis und der Katholischen Erwachsenenbildung: Die Thalia Lichtspiele Bous sind mehr als nur eine Spielstätte, sie sind ein modernes Programmkino mit Anspruch.
Deshalb kam die Auszeichnung mit dem saarländischen Landesprogrammpreis für viele Kinofans hierzulande nicht überraschend.
Programm von Arthouse bis Blockbuster
Auch Populäres kommt auf die Leinwand. Im Dezember 2014 startete in den Thalia Lichtspielen „Honig im Kopf" von Til Schweiger. Die Tragikomödie, in der Dieter Hallervorden einen an Alzheimer erkrankten Großvater spielt, stand 16 Wochen lang auf dem Spielplan und verzeichnete bis heute die meisten Besucher. Einen Rekord stellte 2014 auch „Monsieur Claude und seine Töchter" auf: Er lief 23 Wochen lang in Bous. Beliebte Klassiker wie „Das Dschungelbuch", „Titanic" und „Ben Hur" fanden ebenso großen Anklang. „Ob ein Film erfolgreich wird, kann heute keiner mehr sicher voraussagen. Das Thema muss eine breite Masse interessieren. Oft entwickeln sich Filme auch erst, wenn sich ihre Qualität herumgesprochen hat. Es bleibt immer spannend", sagt Peter Martin. James Bond bleibe aber ein Garant. Deshalb fiebert der Kinochef dem Start von „Keine Zeit zum Sterben" entgegen, in dem Daniel Craig zum letzten Mal als Agent 007 zu sehen sein wird. Die für November 2019 angekündigte Premiere wurde bereits mehrfach verschoben und soll nun im Herbst 2021 stattfinden.
Nicht nur bei spektakulären Actionthrillern spielt die Technik eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund wird ein Teil der 6.000 Euro darin investiert, berichtet Marion Martin. Es sei wichtig, auf der Höhe der Zeit zu sein. Bereits 2011 wurde in den Thalia Lichtspielen Bous auf digitale Projektion umgestellt, mit der Möglichkeit, Filme in 3D zu zeigen. Das garantiere „Weltpremierenqualität" für jeden Gast, erklärt Peter Martin. „So kommt er in den Genuss, ein identisches Abbild der ‚Nullkopie‘ erleben zu dürfen, also quasi die allererste Version des Films, so, wie die Filmemacher sie auch bei der Produktion sehen und hören – und das in jeder Vorstellung, an jedem Tag, denn digitale Daten können im Gegenteil zu analogen Filmbändern nicht verkratzen oder verstauben." Ebenso wichtig ist der perfekte Ton. Deshalb verfügen alle drei Säle über eine „Dolby Digital 7.1"-Soundanlage. Sie sind zudem barrierefrei und für Rollstuhlfahrer zugänglich.
Seit 2017 betreibt das Ehepaar Martin zudem das Bistro im Haus selbst. Es verfügt über 80 Sitzplätze auf zwei Etagen, und ist nicht nur vor und nach dem Kinobesuch ein beliebter Treffpunkt. Hier wie auch im Kino ist es den beiden wichtig, dass sich Gäste jedes Alters wohlfühlen. Ans Aufhören denken sie noch lange nicht. Ob ihre 15- und 18-jährigen Söhne die Familientradition weiterführen werden, ist noch ungewiss. Im Fokus ist das Team. „Wir haben 20 Mitarbeiter, darunter vier Festangestellte. Keine leichte Zeit für uns alle, aber wir halten zusammen und schauen mit Zuversicht in die Zukunft", und daran, dass 2024 „100 Jahre Kino in Bous" gefeiert wird, gebe es keine Zweifel.