Drahtlose Kopfhörer werden immer beliebter. Doch mancher ist von seinen neuen schicken Ohrstöpseln am Ende enttäuscht und hätte eigentlich etwas anderes gebraucht. Unser Test erklärt die Unterschiede und stellt einige aktuelle Modelle vor.
Mit Kopfhörern begann die Unterhaltungselektronik vor mehr als 100 Jahren bei den ersten Radioempfängern – die geringe Ausgangsleistung der Geräte ließ anfangs noch keinen Lautsprecherbetrieb zu. Danach verschwanden Kopfhörer außer bei Mini-Transistorradios, professioneller Funktechnik und bei High-End-Audioliebhabern für viele Jahrzehnte aus normalen Haushalten und kehrten erst in den 80er-Jahren mit dem Sony Walkman und seinen Nachfolgern zurück. Heute mit dem Smartphone sind Kopfhörer wieder Alltag.
Es gibt prinzipiell drei Bauformen:
Over the ear, der klassische ursprüngliche Kopfhörer, dessen Hörmuschel die Ohren umfasst. Damit am besten akustisch abschirmend, aber für Brillenträger je nach Modell problematisch.
On ear, durch die ersten Walkman-Kopfhörer bekannt geworden: Hier ist die Hörmuschel wesentlich kleiner, liegt zwar auf dem Ohr auf, umschließt es aber nicht. Die akustische Abschirmung ist wesentlich geringer, zu Hause angenehm, unterwegs wird die Umgebung mehr durch die eigene Musik gestört und der Benutzer durch die Umgebung
In ear, wie mit den ersten Taschen-Transistorradios aufgetaucht: Der „Ohrbohrer" wird ins Ohr gesteckt und ist damit am unauffälligsten und auch gut abschirmend, sofern er gut zur Form des Gehörgangs passt. Andernfalls rutscht er leicht aus dem Ohr und die Tieftonwiedergabe ist mangelhaft. Dagegen helfen elastische Silikon-Materialien, wie sie beispielsweise Bose verwendet, oder eine anatomische Anpassung des Ohrstücks durch einen Hörgeräteakustiker.
Klarer Vorteil ist Rauschfreiheit
Neben der bauartbedingten unterschiedlichen „Abschottung" des Ohrs nach außen kann diese auch zusätzlich mechanisch und elektronisch verstärkt werden: Passive, offene Kopfhörer lassen die Umgebungsgeräusche stärker durch als geschlossene Systeme. Aktive Geräuschunterdrückung verstärkt die Abschirmung noch. Für die Nutzung unterwegs und im Büro ist eine gute Abschirmung wichtig, um die Lautstärke gering halten zu können und den Ohren nicht zu schaden – im Sessel zu Hause ist ein offenes System angenehmer.
Die Bedeckung der Ohren wird – außer bei In-ear-Modellen – oft als lästig empfunden, kann im Winter aber auch ein Vorteil sein. Unangenehmer sind oft die Anschlusskabel – zu Hause ist man an den Sessel gefesselt und unterwegs verheddern sich die Strippen in Jacke, Corona-Maske und Brille oder gar dem Rucksack eines nicht den Mindestabstand einhaltenden Mitreisenden.
Dafür gibt es Funkkopfhörer. Mittlerweile wird dabei fast ausschließlich Bluetooth-Technologie verwendet, da in den handelsüblichen Smartphones und Tablets bereits ein entsprechender Sender verbaut ist. Auch Smart-TVs haben mittlerweile häufig einen Bluetooth-Sender, Hi-Fi-Anlagen, Multiroom- und Smart-Speaker dagegen üblicherweise nur einen Empfänger, um Musik vom Smartphone einzuspeisen. Hier kann der Bluetooth-Kopfhörer leider nicht angekoppelt werden. Zudem ist zu beachten, ob die Bluetooth-Quelle bequem im Pegel eingestellt werden kann – dies ist bei Smart-TVs mitunter nur etwas kompliziert über Untermenüs möglich. In diesem Fall sollte man einen Kopfhörer verwenden, der ein eigenes Bedienelement für die Lautstärke aufweist. Bei In-ear-Modellen ist dies schon aus Platzgründen normalerweise nicht der Fall.
Der Vorteil der digitalen Bluetooth-Systeme gegenüber den früheren analogen Funksystemen ist ihre Rauschfreiheit. Von Nachteil sind dagegen Verzögerungen, die bei Telefonaten, Computerspielen und Videos stören, während sie bei reiner Musikwiedergabe keine Rolle spielen, sowie mitunter eingeschränkte Tonqualität. Der Grund: Die Bluetooth-Audio-Schnittstelle wurde ursprünglich für Telefonate entwickelt, nicht für Musikwiedergabe. Für guten Klang sind zusätzliche sogenannte Codecs erforderlich wie AAC oder aptX. AAC spielt allerdings über Bluetooth nur mit Apple-Produkten zusammen, weshalb die drahtlosen Bose-Kopfhörer und natürlich auch die Apple Air-Pods an Android-Geräten nicht so gut klingen: Hier wäre aptX nötig.
Will man mit den Kopfhörern nicht nur Musik hören, sondern auch telefonieren, ist ein integriertes Mikrofon wichtig. Dies ist mittlerweile meist gegeben, doch bei einigen Kopfhörern für den Hi-Fi-Liebhaber nicht vorgesehen.
Am gefragtesten sind aktuell drahtlose In-ear-Kopfhörer. Am bekanntesten sind hier die Apple Air-Pods. Hier kann das Fehlen von Kabeln jedoch auch ein Nachteil sein: Die teuren Ohrstöpsel gehen leicht verloren. Zudem sind die Akkus sehr klein, und die Wiedergabezeit mit einer Ladung ist bei günstigeren Modellen für längere Zugfahrten zu knapp bemessen.
Im Test wurden die folgenden Geräte verglichen:
Bose QC20: Seit vielen Jahren die Lösung, um im Zug entspannt Musik zu hören. Angenehmer Sitz im Ohr, gute Tonqualität, gute Umgebungsgeräuschausblendung, allerdings mit Kabel. Preis: um die 210 Euro.
Bose Quiet Comfort Earbuds: Wäre mit guter Umgebungsgeräuschunterdrückung die Lösung, auch noch die Kabel loszuwerden, wenn Bose auch Bluetooth-Hires-Codecs für Android-Geräte anbieten würde. So leider nur für Apple-Benutzer zu gebrauchen. Preis: um die 280 Euro.
Yamaha YH-E700A: Over the ear, der mit und ohne Kabel (stolze 35 Stunden Laufzeit mit einer Akkuladung) genutzt werden kann. Mit aptX für Android-Nutzer und aktiver Geräuschunterdrückung. Preis: um die 400 Euro.
Yamaha TW-E3A: In-ear-Variante von Yamaha, androidtauglich mit aptX, sechs Stunden mit einer Akkuladung, aber leider ohne aktive Geräuschunterdrückung. Trotzdem brauchbare Abschirmung und akzeptabler Klang. Dafür mit 140 Euro das günstigste Modell.
Neben der Kompatibilität zum Betriebssystem der Musikquelle (Android oder iOS) und dem geplanten Einsatzort (Wohnzimmer, Büro, Bahn) sollte bei der Auswahl des richtigen Kopfhörers dann aber auch das Bauch- beziehungsweise in diesem Fall Kopf-/Ohrgefühl eine Rolle spielen. Es sollte deshalb, was jedoch in Corona-Zeiten und speziell bei In-ear-Kopfhörern zugegeben schwierig ist, der Wunsch-Kopfhörer vor dem Kauf möglichst einmal ausprobiert werden können.